Corona und Steuern: Verbesserte Verlustverrechnung bald möglich?

Die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen sollen sich laut aktuellen Berichten für eine erneute Verbesserung der steuerlichen Verlustverrechnung einsetzten. Wird es damit zeitnah zu einer Ausweitung der steuerlichen Verlustanerkennung kommen?

Hintergrund

Bereits mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurde die steuerliche Verlustverrechnung verbessert. Zum einen wurde ein neuer Abschnitt XIV in das Einkommensteuergesetz eingeführt. Hier kodifizierte der Gesetzgeber unter der Überschrift „Sondervorschriften zur Bewältigung der Corona-Pandemie“ neue Vorschriften, welche das BMF-Schreiben v. 24.04.2020 (IV C 8 – S 2225/20/10003 :010, BStBl 2020 S. 496, dazu bereits ausführlich Wengerofsky, StuB 2020, S. 450 ff.) ersetzten.

Durch dessen Anweisungen konnte eine Erstattung bereits geleisteter Vorauszahlungen für das Jahr 2019 mithilfe eines pauschalierten Verlustrücktrags (i.H.v. 15 Prozent) erwirkt werden. Weiterlesen

Plädoyer für eine Erweiterung der steuerlichen Verlustverrechnung

Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz vom Juni 2020 (BGBl 2020 I S.1512) wurden die Möglichkeiten der Verlustverrechnung mit Rücksicht auf die Auswirkungen der Corona-Krise verbessert. Inzwischen mehren sich aber die Stimmen, die einen weiteren Ausbau fordern.

Warum eine Verbesserung der Verlustverrechnung Sinn macht!

Hintergrund

 Am 29.6.2020 haben Bundestag und Bundesrat das Zweite Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen (sog. Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) verabschiedet. Das Gesetz enthält u.a. gesetzliche Neuregelungen zum steuerlichen (pauschalierten) Verlustrücktrag, die an die Stelle des pauschalierten Verlustrücktrags nach dem BMF-Schreiben vom 24.4.2020 (BStBl 2020 I S.496) getreten sind.

Die Möglichkeiten für den Verlustrücktrag wurden deutlich verbessert: Durch eine Verfünffachung der Höchstbeträge kann dieser für die Einkommen- und Körperschaftsteuer in den Jahren 2020 und 2021 in wesentlich größerem Umfang genutzt werden als zuvor.  §§ 110, 111 EStG gewährleisten, dass die Nutzung mithilfe eines vorläufigen voraussichtlichen – und ggf. pauschalierten – Verlustrücktrags deutlich schneller als bisweilen vollzogen werden kann. Unverändert geblieben ist hingegen der Verlustvortrag.

FDP fordert weitergehende Verlustverrechnung

Die FDP-Fraktion fordert nun in einem Antrag (BT Drs. 19/23696) jetzt eine Ausweitung der Verlustverrechnung für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 im Sinne einer „negativen Gewinnsteuer“ vor. Dabei soll der Verlustrücktrag auf die drei (bisher einer) vorangegangene Veranlagungszeiträume und auf Höchstbetragsgrenzen von 30 Mio. € statt bisher 5 Mio. €; bei Einzelveranlagung und von 60 Mio. € statt 10 Mio. € bei Zusammenveranlagung erweitert werden.

Mit dieser Maßnahme soll nach der Zielsetzung der Fraktion eine coronabedingte Insolvenzwelle verhindert werden. Immerhin könnte sich nämlich nach Berechnungen der Deutschen Bundesbank die Zahl der Unternehmensinsolvenzen bis zum ersten Quartal 2021 um 35 % erhöhen, wenn nach den ab 2.11.2020 von Bund und Ländern angeordneten Beschränkungen in etlichen Wirtschaftsbranchen die Unternehmen zunehmend in finanzieller Bedrängnis oder gar in Insolvenzgefahr bringen.

Was bringt eine Erweiterung der steuerlichen Verlustverrechnung?

 Die zum 1.7.2020 leicht verbesserten Regeln zur Verlustverrechnung (Verlustrücktrag) reichen nach Ansicht etlicher Verbände – zuletzt in der Sachverständigenanhörung im Bundestag am 26.10.2020 – nicht aus, um den deutschen Unternehmen wirksam zu helfen und eine drohende Insolvenzwelle abzuwenden.  Viele Unternehmen stehen bereits jetzt vor der Frage, wie sie die staatlich gewährten Liquiditätskredite oder überzahlte Soforthilfen bzw. Überbrückungshilfen künftig zurückzahlen sollen. Nötig ist daher jetzt eine echte steuerliche Entlastung von coronabedingten Unternehmensverlusten, um Überschuldungssituationen zu verhindern. Im JStG 2020 (BT-Drs.19/22580; BR-Drs.504/20 (B)), das am 6.11.2020 in zweiter und dritter Lesung im Bundestag beraten werden soll, besteht jetzt die Möglichkeit den Verlustrücktrag weiter zu optimieren – diese Chance sollte der Gesetzgeber nutzen „whatever it takes“.

Der bisher in diesem Jahr beschlossene Verlustvortrag soll dem Vernehmen nach bislang rund 4 Mrd. Euro „gekostet“ haben. Nachdem dem Bund mit den Nachtragshaushaltsgesetzen 2020 ein Kreditaufnahmevolumen von rd. 218 Mrd Euro bewilligt worden war, von den bislang nur rd. 150 Mrd Euro in Anspruch genommen worden sind, hat der Bund noch genügend „finanzielle Luft“, um weitere Verbesserungen beim Verlustrücktrag, etwa einen Rücktrag auch nach 2018 und 2017 sowie eine Erhöhung des Rücktragsvolumens zu ermöglichen. Denn das würde – jenseits der richtigen und erforderlichen finanziellen Überbrückungshilfen oder Nothilfen – vielen Unternehmen, im Mittelstand – helfen, Eigenkapitalausstattung und Liquidität nachhaltig und auf breiter Front zu verbessern.

Quellen

 

Wirecard-Verluste steuerlich geltend machen

Der erste Schock um den Wirecard-Skandal ist verdaut, was bleibt sind jedoch die wirtschaftlichen Folgen. Neben institutionellen Investoren haben viele Kleinanleger ihr Investment (vermutlich nahezu vollständig) verloren. Spätestens wenn die Steuererklärungen 2020 anstehen wird man sich daher der Frage stellen müssen, ob man mit dem Scherbenhaufen steuerlich noch etwas anfangen kann. Weiterlesen

Neue Verlustverrechnungsmöglichkeiten des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes – der große Wurf?

Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurden die Möglichkeiten der Verlustverrechnung neu ausgelotet. Den Steuerpflichtigen stehen daher – zumindest zeitlich befristet – fortan weitere Optionen bereit, um zusätzliche Liquidität zu generieren und zu sichern. Ist damit dem Gesetzgeber der „große Wurf“ gelungen?

Steuerliche Verlustverrechnung in Corona-Zeiten

Mit Elan hat der Gesetzgeber das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz (vgl. BGBl 2020 I S. 1512 ff.) verabschiedet und mit ihm zahlreiche steuerliche Vorschriften modifiziert oder gar neu eingeführt. Vor allem die Verlustverrechnung, welche für eine große Anzahl an Steuerpflichtigen derzeit entscheidende Bedeutung hat, ist der Gesetzgeber angegangen. Zum einen wurden die Sockelbeträge für den steuerlichen Verlustrücktrag verfünffacht: Für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 können Verluste damit bis zu einem Betrag von 5 Mio. Euro /bzw. 10 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung in den unmittelbar vorherigen Zeitraum zurückgetragen werden. Steuerpflichtige, die im vorangegangen unmittelbaren Zeitraum entsprechende Einkünfte erzielt haben, dürfen sich daher über diese Sockelbetragsanhebung besonders freuen. Zum anderen wurde ein neuer Abschnitt XIV in das Einkommensteuergesetz eingeführt. Hier kodifizierte der Gesetzgeber unter der Überschrift „Sondervorschriften zur Bewältigung der Corona-Pandemie “ zwei neue Vorschriften.

Neue §§ 110, 111 EStG Weiterlesen

Verluste aus dem entschädigungslosen Entzug von Aktien

Kürzlich habe ich in meinem Blog-Beitrag „Petition zur steuerlichen Benachteiligung privater Anleger“ noch einmal auf die Beschränkung der Verlustverrechnung bei Totalverlusten (“Ausbuchung”) von Wertpapieren aufmerksam gemacht. Letztlich ist die Gesetzesänderung (§ 20 Abs. 6 EStG) rein fiskalisch motiviert und gesetzessystematisch nicht gerechtfertigt.

Jüngst hat der BFH diese Auffassung bestätigt. Sie hilft zwar nicht für aktuelle Sachverhalte, aber doch für die vielen noch nicht abgeschlossenen Fälle der Jahre 2019 und früher. So hat der BFH mit Urteil vom 3.12.2019 (VIII R 34/16) wie folgt entschieden: Weiterlesen

Petition zur steuerlichen Benachteiligung privater Anleger

Mit dem „Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ ist nach langem Hin und Her eine Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften sowie bei Totalverlusten („Ausbuchung“) von Wertpapieren eingeführt worden. Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens hagelte es Kritik und die politischen Akteure waren sich alles andere als einig. Dies zeigt sich bereits darin, dass die Änderung des § 20 Abs. 6 EStG in einem vollkommen „artfremden“ Gesetz verabschiedet worden ist (siehe hierzu den Blog: Gesetzgeber will das das Gesetz zur Mitteilung von Steuergestaltungen “missbrauchen”). Die Kritik wird nun lauter und dürfte angesichts der Corona-Krise auch zunehmend Gewicht bekommen.

Unter www.openpetition.de findet sich eine Online-Petition mit dem Titel „Initiative: Rücknahme der steuerlichen Benachteiligungen privater Anleger“. Diese ist eine gemeinschaftliche Initiative verschiedenster Finanzinformationsanbieter, Medienunternehmen, Anlegerportalbetreiber, Finanzsoftwareentwickler & Angehörige der Börsen, Anleger-Communities und anderen. Aus meiner Sicht ist diese gut begründet. Ziel der Petition ist es, die entsprechenden Regelungen, die mit dem genannten Gesetz eingeführt wurden, ersatzlos zu streichen.

Hier ein Auszug aus der Petition: „Was ein Gewinn ist, wird durch das Gesetz zum Nachteil der Anleger neu definiert. Positiv verlaufene Transaktionen werden anders behandelt als negativ verlaufene Transaktionen. Dies führt dazu, dass sogar dann Gewinnsteuern entrichtet werden müssen, wenn nach der bisherigen und einzig richtigen Definition gar keine Gewinne angefallen sind. Diese Asymmetrie folgt nicht nur keinerlei Logik, sondern ist auch geeignet, das Vertrauen der Steuerpflichtigen in den Staat zu unterminieren.“

In der Tat: Die Gesetzesänderung war ganz klar rein fiskalisch motiviert und folgte keinerlei anderen Logik. Der Wille des BFH wurde missachtet bzw. ausgehebelt. Man kann es auch anders sagen: Der Wille des „damaligen“ Gesetzgebers, der die Abgeltungsteuer im Jahre 2009 eingeführt hatte, wurde ausgehebelt. Meines Erachtens verdient die Petition daher durchaus Unterstützung.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich möchte diesen Blog nicht „missbrauchen“, um Steuerpolitik zu betreiben. Mir geht es an dieser Stelle nur darum, einer Verkomplizierung des Steuerrechts entgegenzutreten. Allerdings habe ich nur wenig Hoffnung, dass die Petition bei den politischen Akteuren Gehör finden wird. Der Steuerausfall gerade der Jahre 2020 und 2021 wäre bei einer Rücknahme der Gesetzesänderung zu groß und man muss kein Prophet sei, um die Lage der Staatsfinanzen dieser Jahre beurteilen zu können.

Alle Jahre wieder: Beachten Sie den Stichtag 15. Dezember für Verlustbescheinigungen

Banken nehmen eine Verrechnung von Verlusten und negativen Einnahmen mit positiven Kapitalerträgen bereits während des Jahres vor. Hierzu bilden sie für jeden Anleger einen sog. virtuellen “Verlustverrechnungstopf”. Bis zur Höhe der Verluste wird dann von positiven Kapitalerträgen keine Abgeltungsteuer einbehalten oder früher einbehaltene Steuer wieder erstattet.

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Ein Darlehenskonto muss kein Darlehenskonto sein

Ich gebe zu: Die Überschrift ist verwirrend. Für die Frage der Ausgleichsfähigkeit eines Verlustes i. S. d. § 15a EStG kann sie aber durchaus zutreffend sein, wenn man dem aktuellen Urteil des FG Düsseldorf vom 10.4.2018 (10 K 3782/14 F) folgt. Vorweg sei darauf hingewiesen, dass es für § 15a EStG maßgeblich darauf ankommt, ob ein Konto Eigenkapital- oder Fremdkapitalcharakter hat. Letzteres ist etwa dann anzunehmen, wenn auf einem Konto, auf dem Gewinne verbucht werden, keine Verluste verrechnet werden. Auch Söffing schreibt in dem Buch „Die GmbH & Co. KG“ (NWB-Verlag, Herne, Rz. 334): „Dieses Gewinnkonto stellt handelsrechtlich ein Privatkonto mit Forderungscharakter dar, also ein Fremdkapitalkonto.“

Für steuerliche Zwecke des § 15a EStG ist ein Konto mit Fremdkapitalcharakter hinderlich. Das erwähnte Urteil des FG Düsseldorf könnte im Einzelfall aber weiterhelfen, um das Finanzamt doch von dem Eigenkapitalcharakter zu überzeugen.

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Übernahme eines verrechenbaren Verlustes bei unentgeltlicher Übertragung eines Teil-Kommanditanteils

Mit Urteil vom 1. März 2018, Az. IV R 16/15, hat der BFH einen der Graubereiche des § 15a EStG konkretisiert.

Überträgt ein Kommanditist unentgeltlich einen Teil seiner Beteiligung an der KG, geht der verrechenbare Verlust anteilig auf den Übernehmer über, wenn diesem auch das durch die Beteiligung vermittelte Gewinnbezugsrecht übertragen wird.

Nach der unentgeltlichen Übertragung eines Teils eines Kommanditanteils hatte das zuständige Finanzamt den bestehenden verrechenbaren Verlust weiterhin vollumfänglich dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet.

Hiergegen wandte sich die KG und machte geltend, dass der für den übertragenden Gesellschafter festgestellte verrechenbare Verlust mit der Teilanteilsübertragung auf den empfangenden Gesellschafter übergegangen sei.

Diesen interpersonellen Verlustübergang hat der BFH bestätigt. Anders als etwa der Verlustabzug nach § 10d EStG folge die Regelung des § 15a Abs. 2 EStG einer streng beteiligungsbezogenen Betrachtungsweise.

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39 Tage nach der Bundestagswahl: Steuerpolitische Wiedervorlage für Jamaika

Die Tax Agenda des Gesetzgebers

Seit einer guten Woche sondieren CDU, CSU, FDP und Grüne die Aussichten für eine Jamaika-Koalition. Mit dem Abschluss der Verhandlungen ist nicht vor Dezember zur rechnen. Unabhängig von den programmatischen Vorstellungen der Verhandlungspartner wird sich die kommende Bundesregierung mit einer Reihe von bisher unvollendeten Punkten beschäftigen müssen. Zeit für eine Wiedervorlageliste.

Sanierungsgewinnfreistellung: Was macht die EU?

Sehr schnell hatte die große Koalition auf den Beschluss des Großen Senats des BFH zum Sanierungserlass reagiert und eine gesetzliche Freistellung von Sanierungsgewinnen kodifiziert. Seitdem läuft das beihilferechtliche Prüfverfahren der EU-Kommission. Wenn nicht bald die erwartete positive Entscheidung fällt, muss der nächste Finanzminister Druck in Brüssel machen. Hinzu kommen die aktuellen BFH-Entscheidungen (BFH-Urteile vom 23.08.2017, I R 52/14 und X R 38/15), trotz vertrauensschutz-spendendem BMF Schreiben vom 27.04.2017 auch für Altfälle die Anwendung des Sanierungserlasses zu untersagen. Auch hier müsste die kommende Regierung gesetzgeberisch nachbessern.

Verlustverrechnung: Zurück in die Vergangenheit?

Mit einem Paukenschlag kippte das BVerfG am 12.5.2017 die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG. Bis Ende 2018 muss der Gesetzgeber rückwirkend von 2008 bis Ende 2015 den Verlustabzug für Kapitalgesellschaften bei einer Anteilsübertragung von mehr als 25 % und bis zu 50 % neu regeln. Pikant ist, dass inzwischen auch Satz 2 der Vorschrift, nach dem Verlustvorträge bei einem Anteilseignerwechsel von über 50 % vollständig untergehen, vor dem BVerfG gelandet ist. Weiterlesen