Corona-Rückholaktion: Finanzämter versagen Abzug als außergewöhnliche Belastung – zurecht?

Im Frühjahr 2020 mussten unzählige Bürger ihren Urlaub abbrechen und wurden durch Flugzeuge, die vom Auswärtigen Amt gechartert wurden, nach Deutschland zurückgeholt. Seit Juni des vergangenen Jahres haben die zurückgeholten Reisenden Rechnungen des Auswärtigen Amtes über Kostenbeteiligungen von 200 Euro bis 1.000 Euro erhalten.

Soweit ersichtlich, lehnen die Finanzämter einen Abzug der Kostenbeteiligung als außergewöhnliche Belastung ab. Zwar kommt bei geschäftlichen Reisen ein Abzug der Kosten als Betriebsausgabe oder Werbungskosten in Betracht, doch nachfolgend soll es um private Reisen gehen.

Auf den ersten Blick ist man eigentlich schnell geneigt, einen Abzug der Kosten zu bejahen. Sie sind zwangsläufig entstanden und eine Pandemie ist ein außergewöhnliches Ereignis. Weiterlesen

Haushaltsnahe Dienstleistungen: Keine Ermäßigung in Bezug auf Haushaltsersparnis

Aufwendungen für die Unterbringung in einem Pflegeheim sind als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG absetzbar. Allerdings werden einerseits eine zumutbare Belastung und andererseits eine Haushaltsersparnis gegengerechnet. Für den Teil der Kosten, der sich in Höhe der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastung steuermindernd auswirkt, darf die Steuerermäßigung nach § 35a EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen geltend gemacht werden. Ganz einfach zu verstehen ist das sicherlich nicht und man fragt sich, warum der Gesetzgeber das Thema „Heimkosten“ nicht einmal vernünftig regelt.

Wenn aber schon der nach § 33 EStG nicht berücksichtige Teil „zumutbare Belastung“ nach § 35a EStG begünstigt wird, so liegt der Gedanke nahe, dass auch der zweite Teil, der vom Abzug als außergewöhnliche Belastung nicht erfasst wird, ebenfalls nach § 35a EStG zu begünstigen ist. So dachte jedenfalls eine Heimbewohnerin, die ihre Haushaltsersparnis entsprechend geltend gemacht hat.

Allerdings sieht der BFH die Sache anders: Weiterlesen

Kosten einer Pflege-Wohngemeinschaft als außergewöhnliche Belastungen

Seit jeher ist anerkannt, dass Aufwendungen für die Unterbringung in einem Pflegeheim wegen Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Krankheit als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen sind.

Nun sind in den vergangenen Jahren aber zunehmend so genannte Pflege-Wohngemeinschaften entstanden. Und hier stellt sich die Frage, ob auch die Kosten für diese Wohngemeinschaften als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können. Weiterlesen

Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastungen?

Häufig tragen Hinterbliebene auch Beerdigungskosten, obwohl ein Nachlass nicht vorhanden ist. In diesem Zusammenhang stellt sich daher die Frage der steuerlichen Berücksichtigung. Geht es hier nach dem Volksmund, sollen außergewöhnliche Belastungen vorliegen.

Schon mit Urteil vom 22.2.1996 (Az: III R 7/94) hat der BFH klargestellt, dass Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können. Dies gilt allerdings nur dann, soweit sie nicht aus dem Nachlass oder dich sonst im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossenen Geldleistungen (Lebensversicherung) gedeckt sind. Mit Urteil vom 21.2. 2018 (Az: VI R 11/16) hat der BFH diese Auffassung bestätigt.

Ungeklärt ist bis dato in diesem Zusammenhang noch, ob auch ein Sterbegeld von den als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Beerdigungskosten abgezogen werden muss. Weiterlesen

Einkommensteuererklärung 2020: Der Wirrwarr um Pflegeleistungen

Wer im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2020 Pflegeleistungen steuerlich geltend machen will, stößt in Zeile 5 der „Anlage Haushaltsnahe Aufwendungen“ auf eine kleine, aber feine Unterscheidung gegenüber dem Vordruck des Vorjahres. Ab sofort wird nämlich nur noch nach den Kosten für eine „eigene“ Heimunterbringung gefragt.

Zum Hintergrund: Im Jahre 2019 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Steuermäßigung gemäß § 35a EStG nur für Aufwendungen gewährt wird, die einem Steuerbürger für seine eigene Unterbringung in einem Heim oder für seine eigene Pflege im Haushalt entstehen. Hingegen ist der Steuervorteil ausgeschlossen für Aufwendungen, die er für eine andere Person übernimmt (BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 19/17, BStBl 2019 II S. 445).

Zunächst war fraglich, ob die Finanzverwaltung das Urteil anwenden wird, zumal das BMF seine anders lautende Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 9.11.2016, BStBl. 2016 I S. 1213, Tz. 13) noch nicht explizit aufgegeben hat. Doch mittlerweile ist das Urteil im BStBl veröffentlicht worden, das heißt, die Finanzverwaltung wendet das negative Urteil an ­– BMF-Schreiben hin oder her. Dennoch empfinde ich es als unglücklich, dass das BMF sein Schreiben vom 9.11.2016 immer noch nicht geändert hat. Weiterlesen

Wenn der Biber den Garten des Eigenheims verwüstet …

… hat der Hausbesitzer zwar ein nettes Tier auf seinem Grundstück, muss die Schäden aber in Kauf nehmen. Zumindest stellen die Aufwendungen für die Beseitigung oder zur Vermeidung von Schäden keine außergewöhnliche Belastung dar – so der BFH mit Urteil vom 1.10.2020 (VI R 42/18).

Der Sachverhalt in Kurzform:

Die Kläger bewohnen ein Einfamilienhaus, dessen Garten an ein natürliches Gewässer angrenzt, in dem sich in den letzten Jahren – sehr zur Freude der Naturschützer – der in Deutschland fast ausgestorbene Biber wieder angesiedelt hat. Diese Freude konnten die Kläger nur bedingt teilen, da die Biber auf ihrem Grundstück erhebliche Schäden anrichteten. So senkte sich durch die Anlage des Biberbaus nicht nur ein Teil der Rasenfläche ab, betroffen war auch die Terrasse, die auf ca. 8 m Länge zu einem Drittel absackte. Dem standen die Kläger relativ machtlos gegenüber, da die Biber unter strengem Naturschutz stehen und daher weder bejagt noch vergrämt werden dürfen. Im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde ließen die Kläger schließlich eine „Bibersperre“ errichten. Deren Kosten und die Kosten für die Beseitigung der Biberschäden an Terrasse und Garten von insgesamt rund 4.000 Euro machten die Kläger als außergewöhnliche Belastung geltend. Ebenso wie zuvor bereits das FG lehnte der BFH einen Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ab. Weiterlesen

Nun ist es amtlich: Kinder gehören nicht zur Existenzgrundlage!

Nach der aktuellen Gesetzeslage seit 2013 sind Kosten eines Zivilprozesses nur dann als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd absetzbar, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt und “wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können” (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).

Wie der BFH soeben entschieden hat, sind Zivilprozesskosten auch dann vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen, wenn sie für einen Umgangsrechtsstreit zwecks Rückführung eines entführten Kindes aus dem Ausland zurück nach Deutschland entstanden sind (BFH 13.8.2020, VI R 15/18).

Der Sachverhalt in Kürze: Weiterlesen

Unterhaltsleistungen für studierendes Kind – BFH weist Finanzverwaltung in die Schranken

Unterstützen Eltern ihre studierenden Kinder, erhalten Sie bis zum 25. Lebensjahr des Kindes das  Kindergeld oder es werden ihnen die steuerlichen Freibeträge gewährt. Ist das Kind älter als 25 Jahre,  können die Unterhaltsleistungen prinzipiell als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a EStG abgezogen werden. Voraussetzung ist natürlich, dass das Kind tatsächlich bedürftig ist, sprich über keine eigenen Einkünfte und Bezüge verfügt, die eine gewisse Höhe überschreiten. Auch darf kein nennenswertes Vermögen vorliegen. Nun ist aber der Fall häufig anzutreffen, dass ein Kind mit Freund oder Freundin, also dem Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin, gemeinsam in einem Haushalt lebt, etwa am Studienort. Ist der Unterhöchstbetrag dann aufzuteilen? Die Finanzverwaltung sagt „ja“, der BFH sagt „nein“. Doch der Reihe nach.

Die Kläger machten Unterhaltsaufwendungen für ihre studierende Tochter, die mit ihrem Lebensgefährten in einer gemeinsamen Wohnung lebte, als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a EStG geltend. Das Finanzamt  erkannte die Aufwendungen nur zur Hälfte an, da auch der Lebensgefährte aufgrund der bestehenden Haushaltsgemeinschaft zum Unterhalt der Tochter beigetragen habe. Dies beruhe auf dem Erfahrungssatz, dass Lebensgefährten bei unterschiedlich hohem Einkommen stets aus „einem Topf“ wirtschafteten und daher die Gesamteinnahmen der Haushaltsgemeinschaft jedem gleichermaßen zur Verfügung stünden. Weiterlesen

Interessante FG-Entscheidung zum Sterbegeld

Im vergangenen Jahr hat das FG Berlin-Brandenburg entschieden, dass das Sterbegeld aus der Beamtenversorgung, das an die Hinterbliebenen gezahlt wird, steuerfrei ist. Zwar handele es sich beim ausgezahlten Sterbegeld um Bezüge aus früheren Dienstleistungen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG, dennoch sei die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 11 EStG anzuwenden. Denn es seien Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die stets wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt werden (Urteil vom 16.1.2019, 11 K 11160/18, Revision VI R 8/19).

Nun hat das FG Düsseldorf – entgegen den Kollegen aus Berlin-Brandenburg – entschieden, Weiterlesen

Kosten einer künstlichen Befruchtung: Familienstand ist für steuerlichen Abzug unerheblich

Die Kosten einer Kinderwunschbehandlung erreichen schnell mehrere tausend Euro und werden von den Krankenkassen in vielen Fällen nicht übernommen. Die Finanzämter stellen sich ihrerseits zuweilen auf den Standpunkt, dass dementsprechend auch keine außergewöhnliche Belastung vorliegen kann. Denn wenn die Versicherungen nicht zahlen, habe das „einen guten Grund“ und die Allgemeinheit, sprich der Steuerzahler, müsse sich an den Aufwendungen „nicht beteiligen.“

Doch so einfach dürfen es sich die Finanzbeamten nicht machen. Ähnlich wie sich die Gesellschaft zum Beispiel in ihrer Haltung zum Kinderwunsch gleichgeschlechtlicher Paare weiterentwickelt hat, haben auch die Finanzgerichte ihre Rechtsprechung fortentwickelt. Weiterlesen