WEG: Anspruch auf Jahresabrechnung nur noch gegen WEG-Gemeinschaft

Nach dem seit 1.12.2020 geänderten Wohnungseigentumsrecht richtet sich der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Erstellung der Jahresabrechnung nicht mehr gegen den Verwalter, sondern gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – so der BGH in einem aktuellen Urteil (BGH, Urteil v. 19.4.2024 – V ZR 167/23).

Hintergrund

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) regelt das WEG die Rechtsbeziehungen der einzelnen Eigentümer untereinander, zur Gemeinschaft aller Eigentümer und zum Verwalter. Das WEG wurde durch Modernisierungsgesetz vom 22.10.2020 (BGBl 2020 I S. 2187) mit weitreichenden Änderungen für Verwalter und Eigentümergemeinschaft geändert. Weiterlesen

Grundsteuerreform: Bundesländer lenken ein – Nachweis niedrigerer Verkehrswerte nun möglich

Mein Blogger-Kollege Professor Ralf Jahn hat in dem Beitrag „Update: Neuigkeiten von der Grundsteuer vor den Finanzgerichten“ bereits die BFH-Beschlüsse vom 27.5.2024, II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV), vorgestellt. Im Rahmen zweier Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat der BFH entschieden, dass Steuerpflichtige im Einzelfall und unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen. Mit verfassungsrechtlichen Zweifeln bezüglich der zugrundeliegenden Bewertungsregeln hat sich der BFH allerdings nicht befasst.

Immerhin haben sich die betroffenen Bundesländer nun darauf verständigt, den Nachweis eines niedrigeren Grundsteuerwerts zu akzeptieren (Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass vom 24.6.2024, S 3017). Um Missverständnisse auszuschließen: Es ging in den BFH-Verfahren nur um die Fälle des so genannten Bundesmodells. Weiterlesen

Fahrten von Leiharbeitern zur Tätigkeitsstätte – neues Verfahren beim BFH

Viele Zeit- bzw. Leiharbeitnehmer sind der Auffassung, dass sie ihre Fahrtkosten zum jeweiligen Tätigkeitsort nach Dienstreisegrundsätzen geltend machen und gegebenenfalls sogar Mehraufwendungen für Verpflegung abziehen können. Naturgemäß hat die Finanzverwaltung dazu eine ganz eigene Meinung und lässt zumeist lediglich die Entfernungspauschale und schon gar keine Verpflegungsmehraufwendungen zum Abzug zu. Allerdings ist die Rechtslage auch schwierig.

Es gilt: Der Betrieb des Entleihers ist die erste Tätigkeitsstätte, wenn Leiharbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber einer betrieblichen Einrichtung des Kunden dauerhaft zugeordnet sind. Von einer dauerhaften Zuordnung zum Entleiher ist dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder von vornherein über einen Zeitraum von 48 Monaten an einer Tätigkeitsstätte tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG). Bei Leiharbeitnehmern, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Verleiher stehen, hat der BFH entschieden, dass bei nur befristeten Einsätzen im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses keine dauerhafte Zuordnung zur Entleihfirma und damit dort keine erste Tätigkeitsstätte besteht (BFH-Urteil vom 12.5.2022, VI R 32/20). Weiterlesen

Corona-Wirtschaftshilfen korrekt abrechnen – sonst droht vollständige Rückzahlung!

Ein aktuelles Urteil des VG Würzburg (v. 8.7.2024 – W 8 K 24.111) ist nochmal ein deutlicher „Wink mit de Zaunpfahl“, dass Empfänger von Corona- Wirtschaftshilfen unbedingt eine ordnungsgemäße End- bzw. Schlussabrechnung vornehmen sollten – ansonsten droht die vollständige Rückforderung ggf. zuzüglich Zinsen.

Hintergrund

Im Zusammenhang mit den seit Anfang 2020 von Bund (und Ländern) zur Verfügung gestellten finanziellen Unterstützungsleistungen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie (Soforthilfen; Überbrückungshilfen I bis IV einschließlich November und Dezemberhilfen, Neustarthilfen) ist zuletzt nach Ablauf der Beantragungsfristen das Schlussabrechnungsverfahren in den Mittelpunkt des Interesses gerückt.

Die Soforthilfen sollten nur einen kurzfristigen Liquiditätsengpass, die Überbrückungshilfen wurden häufig auf Basis von Umsatzprognosen und prognostizierten Kosten bewilligt. Auf Grundlage der tatsächlichen Umsatzzahlen und Fixkosten erfolgt eine Schlussabrechnung durch eine prüfende Dritte oder einen prüfenden Dritten. Nach Prüfung durch die Bewilligungsstelle wird im Schlussbescheid eine endgültige Förderhöhe mitgeteilt. Das kann je nach gewählten Programmen zu einer Bestätigung der erhaltenen Mittel oder zu einer Nach- oder Rückzahlung führen. Für die Einreichung der Schlussabrechnung hatte das BMWK einen Leitfaden und FAQ zur Verfügung gestellt. Die letzte Frist für die Schlussabrechnung von Corona-Überbrückungshilfen durch prüfende Dritte läuft endgültig am 30.9.2024 ab. Weiterlesen

Leasing mit Beginn im Dezember – das Ende eines schönen Steuermodells

Eine Leasingsonderzahlung, die Einnahmen-Überschussrechner bei Leasingbeginn für ihren Firmenwagen leisten, führt im Umfang der betrieblichen Kfz-Nutzung grundsätzlich zu sofort abziehbaren Betriebsausgaben. Das Prinzip des Sofortabzugs haben sich viele Einnahmen-Überschussrechner zunutze gemacht. Konkret wurde der Leasingbeginn oftmals auf den Dezember gelegt und wie durch ein Wunder betrug die betriebliche Fahrleistung ausgerechnet in diesem Monat nahezu 100 Prozent. Folge sollte ein fast vollständiger Abzug der Leasingsonderzahlung sein – und zwar auch dann, wenn das Kfz in den Folgejahren erheblich weniger betrieblich genutzt oder aber zur so genannten Ein-Prozent-Regelung übergegangen wird.

Allerdings wurde das Modell offenbar so weit auf die Spitze getrieben, dass es der Finanzverwaltung eines Tages zu bunt wurde. Und so hat sie zum Halali auf das Dezember-Leasing-Modell geblasen. Spätestens jetzt war die Finanzverwaltung erfolgreich: Der BFH hat dem Modell nun (zumindest) für die Fälle den Boden entzogen, in denen das geleaste Fahrzeug nicht dauerhaft, also über die gesamte Leasinglaufzeit, zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird (BFH-Urteil vom 12.3.2024, VIII R 1/21).  Weiterlesen

Sommerferien: Ab in den Urlaub! Oder doch erst noch die Einkommensteuererklärung?

Steuerpflichtige, die eine Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2023 abgeben müssen, sollten die Erklärungsfrist im Blick behalten – sonst droht ein Verspätungszuschlag. Wann aber enden die Fristen für die Einkommensteuererklärung 2023?

Hintergrund

In diesen Tagen beginnen auch in den letzten Bundesländern die Sommerferien – Zeit die Koffer für den langen Sommerurlaub zu packen. Aber was muss vorher noch alles erledigt werden? War da nicht noch was mit der Einkommensteuererklärung für 2023? Wer eine Einkommensteuererklärung verspätet beim Finanzamt abgibt, riskiert einen Verspätungszuschlag (§ 152 AO).

Wer muss für 2023 eine Einkommensteuererklärung abgeben?

Arbeitnehmer, deren Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, müssen nur in den gesetzlich bestimmten Fällen (§§ 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG; § 39e Abs. 5a EStG) eine Einkommensteuererklärung abgeben. Liegt keiner der gesetzlichen Veranlagungsgründe vor, hat ein Arbeitnehmer aber die Möglichkeit, eine Einkommensteuerveranlagung für 2023 zu beantragen (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG); diese freiwillige Einkommensteuerveranlagung ist dann nicht fristgebunden. Weiterlesen

Serie Risiko Bilanz – wo man genauer hinschauen sollte: Wie ein Verlust als Gewinn dargestellt wird

Delivery Heros kreative Kennzahlen

Freitagabend, nach einer anstrengenden Woche, der Magen knurrt. Wer hat da noch Lust auf Kochen? Ein paar Klicks und Essen ist bestellt. Lieferung nach Hause. Und dass in weniger als einer Stunde. Das Essen selbst abholen? Muss nicht sein. Dann lieber bei einem anderen Lieferservice bestellen. Auch ich nutze ab und zu diesen „Luxus“. Was auffällt? Die Lieferung bieten viele nicht an, so zumindest in meiner Umgebung. Da kommt die Frage auf: lohnt sich das Ganze überhaupt?

Das ist eine gute Frage. „Obwohl der Umsatz sich mehr als verdoppelt hat, ist das Unternehmen kaum rentabler geworden. Delivery Hero hat bislang nicht belegt, dass das Geschäftsmodell skalierbar ist.“ So wurde ich im Aktiendossier der Wirtschaftswoche vor zwei Jahren zitiert. Diese Frage stellt sich immer noch, wie ich finde. Denn warum sonst sollten kreative Kennzahlen genutzt werden, um ein defizitäres Geschäft als profitabel darzustellen? Wie Delivery Hero dies macht? Schauen wir uns dazu die Details an. Weiterlesen

NRW veröffentlicht Muster-Hebesätze für die Grundsteuer

Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 die Erhebung der Grundsteuer in ihrer jetzigen Form für verfassungswidrig erklärt hatte, konnten sich Bund und Länder im November des Jahres 2019 auf ein Grundsteuer-Reformgesetz einigen. Dieses regelt das sog. Bundesmodell, von welchem jedoch durch die Vereinbarung einer Länderöffnungsklausel abgewichen werden kann.

Bundesmodell in NRW, aber…..

NRW entschied sich bereits früh, das Bundesmodell zur Anwendung zu bringen. Allerdings konstatierte das Land, dass die Ergebnisse der Grundsteuerwertfeststellungen und der Messbetragsfestsetzungen auf den 01.01.2025 gezeigt hatten, dass in einigen Kommunen private Haushalte zukünftig stärker im Rahmen der Grundsteuer belastet werden als die Eigentümerinnen und Eigentümer von Nichtwohngrundstücken. Hinzu wurde beobachtet, dass dieses Phänomen der Belastungsverschiebung nicht landeseinheitlich, sondern regional verschieden ist.

Um den Kommunen im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung mehr Entscheidungsspielräume zu ermöglichen und bei Bedarf auf lokale Gegebenheiten besser reagieren zu können, verabschiedete die Landesregierung im Juli 2024 ein Gesetz zur Festlegung differenzierter Hebesätze. Dadurch entsteht die Option, die Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke bei der Grundsteuer B zu differenzieren und die räumlich strukturellen Gegebenheiten im jeweiligen Ort zu berücksichtigen. Weiterlesen

Verlängerung der Bekanntgabefiktion bei Verwaltungsakten ab 2025 – Was bedeutet das für Unternehmen und Bürger?

Mit dem vom Bundestag am 13.6.2024 beschlossenen Postrechtsmodernisierungsgesetz (PostModG), dem der Bundesrat am 5.7.2024 zugestimmt hat, wurden insbesondere die Postzustellzeiten und die Bekanntgabefiktion bei Verwaltungsakten verlängert. Was bedeutet das für Unternehmen und Bürger?

Hintergrund

Digitale Kommunikationswege über Mails und Chats statt über klassische Briefe, eine Zunahme des Online-Handels statt klassischem Einkauf in der Innenstadt haben zu einer schrumpfenden Briefmenge und einem drastischen Anstieg der zu befördernden Pakete geführt. Ziel des am 13.6.2024 vom Bundestag beschlossenen Postrechtmodernisierungsgesetzes – PostModG (BT-Drs.20/10283 in der Fassung der Änderungen des 9.Ausschusses, BT-Drs. 20/11817), dem der Bundesrat am 5.7.2024 zugestimmt hat (BR-Drs. 298/24 (B)) ist es, auch in Zukunft flächendeckend angemessene und ausreichende Postdienstleistungen zu gewährleisten, den fairen Wettbewerb zu stärken, angemessene Arbeitsbedingungen zu fördern und Anreize für einen ökologisch nachhaltigen Postsektor zu setzen.

Neuregelungen durch das PostModG

Derzeit müssen 80 Prozent der heute eingeworfenen Briefe am nächsten Werktag beim Empfänger sein und 95 Prozent am übernächsten Tag. Künftig müssen Universaldienstleister nach § 18 Abs.1 PostModG sicherstellen, dass im Jahresdurchschnitt jeweils mindestens 95 Prozent an dem dritten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 99 Prozent an dem vierten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag zugestellt werden.

In weiten Regelungsbereichen des täglichen Lebens wird die Bekanntgabefrist jetzt einheitlich ab 1.1.2025 um einen Tag auf vier Tage verlängert. Weiterlesen

Aufreger des Monats Juli 2024: Grenze für unschädliches Vermögen bei Unterhaltsleistungen bleibt bei 15.500 Euro

Unterhaltsleistungen i.S. des § 33a Abs. 1 EStG sind bis zu einem bestimmten Höchstbetrag abziehbar, der jedes Jahr angepasst wird und sich am Grundfreibetrag orientiert. Der Unterhaltshöchstbetrag wird zum einen um eigene Einkünfte und Bezüge des Unterhaltenen gekürzt wird, soweit diese 624 Euro im Jahr übersteigen. Zum anderen – und das gerät manchmal in Vergessenheit – darf die unterhaltene Person nur ein geringes Vermögen besitzen. Ein angemessenes Hausgrundstück bleibt unberücksichtigt.

Das Vermögen darf maximal einen Wert von 15.500 Euro haben (R 33a.1 Abs. 2 EStR). Die Vermögensgrenze von 15.500 Euro besteht sage und schreibe seit dem Jahre 1975 (damals 30.000 DM). Dennoch hatte das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass die Grenze für das geringfügige Vermögen in Höhe von 15.500 Euro auch im Jahr 2019 noch zu beachten ist (FG Rheinland-Pfalz vom 26.8.2021, 6 K 1098/21). Für mich durchaus überraschend hat der BFH die Entscheidung, soweit es um die Höhe des unschädlichen Vermögens geht, soeben bestätigt. Immerhin hat er aber klargestellt, dass die monatlichen Unterhaltsleistungen nicht in die Vermögensberechnung einzubeziehen sind. Das war im Streitfall bedeutsam, so dass der Klage letztlich doch stattgegeben wurde (BFH-Urteil vom 29.2.2024, VI R 21/21).

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