Vonovia legt den Halbjahresbericht vor: Geht es wieder aufwärts?

Der Halbjahresbericht 2024 von Vonovia ist da. Mein erster Blick? Der richtet sich natürlich auf die Bewertung der Immobilien. Um es positiv zu sagen: Es sieht besser aus als im ersten Halbjahr 2023. Ist der Preisverfall der Immobilien gestoppt? Mitnichten.

Warum hat Vonovia im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum ersten Quartal 2024 wieder einen Verlust gemacht? Schauen wir uns die Details genauer an.

Das Wesentliche: Wertentwicklung der Immobilien

Der Wert des Immobilienbestandes ist weiter gesunken. Allerdings nicht mehr so stark wie im ersten Halbjahr 2023. Während hier eine Wertberichtigung von 6,4 Mrd. € vorgenommen werden musste, waren es im ersten Halbjahr 2024 „nur“ noch 1,4 Mrd. €. Dies reicht aber immer noch nicht aus, um im ersten Halbjahr 2024 einen Gewinn auszuweisen. Der Verlust beträgt dann allerdings „nur“ noch 530 Mio. €. Wie im Vorjahr: Die Abschreibungen auf Immobilien sind der Grund für den Verlust. Weiterlesen

Wetten, dass…? BGH legt Sportwettenstreit dem EuGH zur Vorabentscheidung vor

Der BGH hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Dienstleistungsfreiheit eines Anbieters von Sportwetten einer Erstattung der im Rahmen unerlaubter Online-Sportwetten erlittenen Verluste von Spielern entgegensteht (BGH v. 25.7.2024 – I ZR 90/23).

Die Entscheidung könnte weitreichende finanzielle Folgen für Sportwettenanbieter und deren Kunden haben

Hintergrund

Glücksspiel kann süchtig machen. Deshalb sind auch in Deutschland Sportwetten grundsätzlich verboten; wer Sportwetten anbieten will, bedarf deshalb nach dem Glückspielvertrag der Länder einer vorherigen Erlaubnis des jeweiligen Landes. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung öffentlicher Sportwetten in § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1, § 10a Abs. 2 und 3 GlüStV 2012 stellt ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB dar. Der Zweck des gesetzlichen Verbots, die Bevölkerung vor von öffentlichen Glücksspielen ausgehenden Gefahren zu schützen, erfordert grundsätzlich die Nichtigkeit der auf Grundlage eines Internetangebots unter einseitigem Verstoß gegen die Erlaubnispflicht geschlossenen Glücksspielverträge. Weiterlesen

Was tun, wenn das Eigenheim wegen einer Schadstoffbelastung saniert werden muss?

Keine Sorge, ich schwinge mich im Rahmen dieses Blogs nicht zum Bausachverständigen auf. Nein, es geht hier – natürlich – nur ums Steuerrecht. Und da möchte ich auf eine interessante Entscheidung des FG Baden-Württemberg aufmerksam machen. Dieses hat sich mit der Frage befasst, welche Nachweise ein Immobilienbesitzer vorbringen muss, wenn er hohe Sanierungsaufwendungen zur Beseitigung einer Schadstoffbelastung seines Eigenheims getragen hat, die er nun als außergewöhnliche Belastung geltend machen möchte (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.2.2024, 1 K 1855/21). Weiterlesen

Aufstiegs-BAföG: Mehr Geld für berufliche Fortbildung ab Januar 2025

Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts vom 24.7.2024 soll das Aufstiegs-BAföG ab Januar 2025 mit verbesserten Förderleistungen optimiert werden: Wer sich nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung weiterbildet, erhält künftig mehr Geld. Worum geht es und wer profitiert?

Hintergrund

Seit 1996 gibt es das sogenannte Aufstiegs-BAföG. Es richtet sich an Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Aufstiegsfortbildung. Typische Aufstiegsfortbildungen sind etwa Meister- und Fachwirtkurse oder Erzieher- und Technikerschulen. Anspruchsberechtigt sind altersunabhängig alle, die sich mit einem Lehrgang oder an einer Fachschule auf eine anspruchsvolle berufliche Fortbildungsprüfung in Voll- oder Teilzeit vorbereiten. Das Aufstiegs-BAföG“ (früher „Meister-BAföG“ genannt) unterstützt die Vorbereitung auf inzwischen mehr als 700 Fortbildungsabschlüsse. Die Förderung wird teilweise als Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss, teilweise als zinsgünstiges Darlehen gewährt. Die Kosten des Aufstiegs-BAföG tragen zu 78 Prozent der Bund und zu 22 Prozent die Länder.

Kabinett beschließt deutliche Verbesserungen

Mit der jetzt vom Kabinett am 24.7.2024 beschlossenen Reform plant die Bundesregierung insbesondere folgende Verbesserungen: Weiterlesen

Doppelbesteuerung Leibrenten bei Steuerausländern

Das FG Mecklenburg-Vorpommern (FG MV) lag eine neuartige Fallkonstellation vor: Ein deutscher Arzt war 1995 nach Argentinien ausgewandert und erzielte keine inländischen Einkünfte mehr. Seine argentinischen Einkünfte als Arzt versteuerte er nach dortigem Landesrecht. Von diesen Einkünften zahlte er freiwillige Beiträge an ein deutsches Ärzteversorgungswerk.

Ab 2017 bezog er von dem Versorgungswerk eine Leibrente. Das Besteuerungsrecht für diese inländischen Einkünfte liegt bei Deutschland. Dementsprechend unterwarf das Finanzamt die Renteneinkünfte 2017, 2018 und 2019 dem gesetzlichen Besteuerungsanteil des § 22 Nr. 1 S. 3 a) aa) EStG. Hiergegen wandte sich der (beschränkt) Steuerpflichtige mit Einspruch und Klage.

Wie ist eine mögliche Doppelbesteuerung zu berechnen?

Das BVerfG hat mit dem „Rentenurteil“ vom 06.03.2002 (2 BvL 17/99) entschieden, dass die Ertragsanteilsversteuerung von Rentnern im Vergleich zur Vollversteuerung von Versorgungsempfängern gegen den Gleichheitssatz verstößt und dem Gesetzgeber aufgegeben, die notwendige Reform so auszugestalten, dass Doppelbesteuerungen vermieden werden. Weiterlesen

Entfernungspauschale: Werden Fernpendler verfassungswidrig bevorzugt?

Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte werden mit der Entfernungspauschale steuerlich berücksichtigt. Diese beträgt unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel für die ersten 20 Entfernungskilometer je 30 Cent. Zum 1.1.2021 wurde die Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer auf 35 Cent und zum 1.1.2022 auf 38 Cent angehoben. Dieser Betrag soll vorerst gelten bis einschließlich 2026. Ziel der Erhöhung ist die Entlastung der Fernpendler.

Aber ist es verfassungsmäßig eigentlich zulässig, Fernpendler anders zu behandeln als Steuerpflichtige, die „nur“ 20 Kilometer oder weniger zur Arbeit fahren? Ein Steuerzahler aus dem Raum Berlin-Brandenburg wollte es genau wissen, ist mit seinem Anliegen aber beim FG gescheitert. Dieses hat entschieden, dass die Neuregelung mit der Erhöhung ab dem 21. Entfernungskilometer nicht verfassungswidrig ist. Für die ersten 20 Entfernungskilometer bestehe daher im Streitjahr 2022 auch kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf eine Entfernungspauschale von 38 Cent je Entfernungskilometer (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.3.2024, 16 K 16092/23).

Der Sachverhalt:

Der Kläger beantragte in seiner Einkommensteuererklärung für 2022, dass ihm für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte die volle Entfernungspauschale von 38 Cent je Kilometer gewährt werde, also auch für ersten 20 Kilometer. Dies lehnte das Finanzamt ab. Später trug der Kläger vor, dass die Versagung der vollen Pendlerpauschale gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Ein sachlich rechtfertigender Grund dafür, dass die volle Pendlerpauschale erst ab dem 21. Kilometer gewährt werde, sei nicht ersichtlich. Einspruch und Klage blieb aber der Erfolg verwehrt.

Die Begründung in aller Kürze:

Nach wie vor kann der Steuerpflichtige vom ersten Kilometer an seine Kosten geltend machen, es findet lediglich eine Privilegierung für weitere Entfernungen statt. Diese hat auch einen sachlichen Grund. Denn bis zu einer Entfernung von 20 Kilometer sind die anfallenden Kosten natürlich begrenzter als bei weiten darüber hinaus gehenden Entfernungen. In der Regel werden Entfernungen bis zu 20 Kilometer auch noch mit dem öffentlichen Personennahverkehr oder sogar mit dem Fahrrad zu bewältigen sein. Gerade bei höheren Entfernungen wird die Möglichkeit, öffentlichen Nahverkehr zu benutzen, nicht oder nur unter nicht zumutbaren Bedingungen bestehen. Da der Gesetzgeber einen weiten Ermessensspielraum hat bei der Bemessung von Pauschalen und die Pauschale für die ersten 20 Kilometer auch nicht völlig realitätsfern ist, vermag das Gericht einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot oder das Nettolohnprinzip bzw. das Folgerichtigkeitsprinzip nicht zu ersehen.

Denkanstoß:

Da die Entscheidung für eine Vielzahl von Fällen Bedeutung hat, hatte das Gericht die Revision zugelassen. Diese wurde aber nicht eingelegt, so dass das Urteil rechtskräftig geworden ist. Das ist schade, denn so ganz von der Hand zu weisen war die Begründung des Klägers nicht. So hatte sich sogar der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages mit dem „Rechtlichen Rahmen zur Änderung der Entfernungspauschale“ befasst (s. Link).

Und der Bundesrechnungshof hat bereits vor Jahren zum Steuervollzug bei der Entfernungspauschale Stellung bezogen und auf erhebliche Mängel hingewiesen (s. Link).

Bundeskabinett bringt Steuerfortentwicklungsgesetz auf den Weg

Am 24.7.2024 hat das Bundeskabinett ein weiteres Steuerpaket beschlossen, mit dem ab 2025 Bürger/innen und Wirtschaft spürbar entlastet werden sollen. Wie sehen die Eckpunkte aus?

Hintergrund

Im Zuge der Haushaltsberatungen für 2025 hat sich die Bundesregierung darauf verständigt Bürger/innen bei der Steuerbelastung spürbar zu entlasten. Mit der angekündigten Wachstumsinitiativen soll es auch Verbesserungen für Unternehmen und gemeinnützige Organisationen geben. Zuvor hatte die Bundesregierung bereits mit dem Jahressteuergesetz 2024 sowie dem Zweiten Jahressteuergesetz 2024 steuerliche Verbesserungen auf den Weg gebracht.

Eckpunkte des Steuerfortentwicklungsgesetzes

Das geplante Entlastungspaket enthält folgende Eckpunkte:

Für Bürger/innen:

  • Für 2025 und 2026 sollen die Grund- und Kinderfreibeträge deutlich erhöht. Der steuerliche Grundfreibetrag – also das Einkommen, bis zu dem keine Einkommensteuer gezahlt werden muss – soll 2025 auf 12.084 Euro und 2026 auf 12.336 Euro steigen. Dieser Betrag bleibt steuerfrei, weil er das Existenzminimum einer erwachsenen Person sichert. Gleichzeitig soll auch der steuerliche Kinderfreibetrag angehoben werden, und zwar auf 9.600 Euro im Jahr 2025 und auf 9.756 Euro im Jahr 2026.
  • 2025 und 2026 sollen auch die Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag steigen, der Einkommensteuertarif – mit Ausnahme des sogenannten „Reichensteuersatzes“ – erneut an die Inflation angepasst werden. Das bedeutet: Löhne und Gehälter werden nicht höher besteuert, wenn ihr Anstieg lediglich die Inflation ausgleicht. Hiervon sollen aber nicht die zehn Prozent der Steuerzahler profitieren, die schon aktuell unverändert den Soli bezahlen.
  • Kinder, Jugendliche und Familien sollen konkrete Leistungsverbesserungen erhalten: Das Kindergeld soll im kommenden Jahr um fünf Euro auf 255 Euro monatlich, 2026 dann um weitere 4 Euro auf 259 Euro steigen
  • Für Familien, die von Armut betroffen sind oder ein geringes Einkommen haben, soll der Sofortzuschlag ab 2025 um fünf Euro auf 25 Euro im Monat steigen.
  • Außerdem soll ein wichtiges Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden, die Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Lohnsteuerklasse IV ab 2030. Das Splitting-Verfahren soll aber beibehalten werden, das künftige Verfahren hat unter dem Strich keine wirtschaftlichen Auswirkungen, weil die Jahresgesamtsteuerlast der Ehepartner künftig nur anders verteilt wird.

Für Unternehmen geplante Änderungen:

  • Für Unternehmen soll es zusätzliche steuerliche Impulse durch verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und die Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung gesetzt. Diese Maßnahmen aus der vereinbarten Wachstumsinitiative sollen Investitionen privater Unternehmen anregen und die Standortattraktivität Deutschlands verbessern.

Wie geht’s weiter?

Gegen steuerliche Entlastungen für Bürger und Unternehmen wird niemand ernsthaft etwas einzuwenden haben, insofern ist das Vorschlagspaket zu begrüßen. Positiv ist auch, dass das Bundeskabinett ebenfalls am 24.7.2024 einen gesonderten Gesetzentwurf zur rückwirkenden Freistellung des steuerlichen Existenzminimums ab 1.1.2024 auf den Weg gebracht hat. Hiernach soll für Alleinstehende der Grundfreibetrag auf 11.784 Euro (bei Ehepartnern doppelter Betrag), der steuerliche Kinderfreibetrag auf 9.540 Euro rückwirkend ab 1.1.2024 angehoben werden. Dies würde ggf. Steuerrückerstattungen für 2024 spürbar erhöhen.

Das Steuerentlastungspaket muss jetzt aber zunächst mal die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat finden. Dem Vorausgehen muss die Sicherstellung der Finanzierung der Entlastungsmaßnahmen ab 2025 durch die Haushaltsgesetze 2025, deren erste Beratung in der ersten Sitzungswoche des Bundestages im September erfolgen wird. Die rückwirkenden Entlastungen für VZ 2024 müssen in jedem Fall noch bis Jahresende 2024 beschlossen und verkündet sein, damit sie noch im laufenden VZ zur Anwendung kommen können. Wir bleiben dran… !

Weitere Informationen:

Immobilienkonzern Accentro unter Druck: Kein Sommerloch in Sicht

Der nächste Immobilienkonzern hat Ärger mit der BaFin. Wen es diesmal trifft? Die Accentro Real Estate AG. Für das Unternehmen kommt das zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Der Immobilienkonzern steckt mitten in der Restrukturierung und verhandelt mit Gläubigern über Zinsstundungen für ausstehende Anleihen. Kein guter Zeitpunkt für Verhandlungen.

Die Veröffentlichung des Geschäftsberichtes 2023 steht auch noch aus. Dazu informierte das Unternehmen in einer Pressemitteilung vom 22. April 2024 wie folgt: „Die Prüfer sehen sich derzeit zeitlich nicht in der Lage die Prüfung abzuschließen.“ Was ist darunter zu verstehen? Gute Frage. Leider gibt Accentro dazu keine näheren Informationen.

Die Bewertung der als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien ist einer der Prüfungsschwerpunkte der BaFin in diesem Jahr, die vor allem in den IFRS-Bilanzen von Immobilienkonzernen einen wesentlichen Anteil des Gesamtvermögens ausmachen. Geht es auch bei Accentro darum? Die Antwort gibt es in diesem Beitrag. Weiterlesen

WEG-Sonderumlage von Prozesskosten – Wer muss zahlen?

Der BGH hat ganz aktuell entschieden, dass auch ein gegen die Eigentümergemeinschaft obsiegender Miteigentümer die Prozesskosten der unterlegenen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anteilig mitfinanzieren muss (BGH, Urteil v. 19.7.2024 – V ZR 139/23).

Hintergrund

Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist zuletzt in 2020 umfangreich reformiert worden, ich habe im Blog berichtet. Nach § 16 Abs. 2 WEG hat jeder Wohnungseigentümer die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, nach dem Verhältnis seines Anteils (§ 16 Abs. 1 S. 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können aber für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen. Weiterlesen

Aufwendungen für eine Adoption: Kein Abzug als außergewöhnliche Belastung – oder?

Mehrere Male hat der BFH entschieden, dass die Aufwendungen, die einem Paar aufgrund der Adoption eines Kindes entstehen, keine Krankheitskosten darstellen und folglich nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind (z.B. BFH-Urteil vom 20.3.1987, III R 150/86; BFH-Urteil vom 10.3.2015, VI R 60/11). In den Jahren 2013 und 2015 gab es diesbezüglich aber einen seltsamen Vorgang beim BFH: Der VI. Senat wollte unter Aufgabe der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung Aufwendungen für eine Adoption doch als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG anerkennen und rief insoweit den Großen Senat an (BFH-Beschluss vom 18.4.2013, VI R 60/11).

Aus mir nicht näher bekannten bekannten Gründen hat der VI. Senat dann aber einen Rückzieher gemacht und mit dem o.g. Urteil vom 10.3.2015 die bisherige Linie, die zuvor der III. Senat aufgezeigt hatte, bestätigt (vgl. dazu Geserich, NWB Nr. 29 vom 13.07.2015 Seite 2120).

Nun hat zwar auch das Finanzgericht Münster geurteilt, dass die Aufwendungen für eine Adoption keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen, allerdings die Revision zugelassen. Möglicherweise werden die obersten Steuerrichter also doch noch Gelegenheit erhalten, ihre Auffassung zu revidieren (FG Münster, Urteil vom 25.6.2024, 14 K 1085/23 E/NWB Online-Nachricht).

Der Sachverhalt:

Die Kläger waren ungewollt kinderlos. Im Jahr 2022 adoptierten sie zwei im Ausland geborene Mädchen. Die Adoptionen wurden in Deutschland von einer staatlich anerkannten Adoptionsvermittlungsstelle begleitet. In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger die Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 EStG geltend. Sie verwiesen darauf, dass ihnen die Aufwendungen zwangsläufig entstanden seien. So hätten sie vor der Adoption die langwierige und strapaziöse Behandlung einer künstlichen Befruchtung erfolglos auf sich genommen. Da der BFH die Aufwendungen einer künstlichen Befruchtung zur Erfüllung des individuellen Kinderwunsches als zwangsläufig anerkannt habe (z.B. BFH-Urteil vom 5.10.2017, VI R 2/17), müssten auch die Kosten einer Adoption als zwangsläufig gelten und folglich als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Finanzamt und Finanzgericht folgten dieser Argumentation jedoch nicht.

Die Begründung:

Die Aufwendungen, die einem Paar aufgrund der Adoption eines Kindes im Falle organisch bedingter Sterilität eines Partners entstehen, stellen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH keine Krankheitskosten dar. Weder liege eine medizinische Leistung vor noch könne der Vorgang einer Adoption einer solchen gleichgestellt werden. Adoptionen seien keine (medizinischen) Heilbehandlungen. Sie seien nicht medizinisch indiziert und werden nicht in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnung der Ärzte vorgenommen. Etwas anderes gelte auch dann nicht, wenn der Entschluss zur Adoption erst nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung gefasst wurde. Der Entschluss zur Adoption beruhe vielmehr – auch nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung – auf einer vom Willen getragenen (neuen) freien Entscheidung, die ungewollte Kinderlosigkeit nunmehr durch Adoptionen zu beenden.

Denkanstoß:

Ich hoffe, dass die unterlegenen Kläger tatsächlich Revision einlegen. Übrigens weist BFH-Richter Dr. Geserich in der oben erwähnten Kommentierung darauf hin, dass Kosten der Adoption eines Kindes in Österreich abziehbar sind. Ich habe zu dem Thema in einem Erlass des österreichischen BMF vom 16.12.2016 (BMF-010222/0082-VI/7/2016, BMF-AV Nr. 211/2016) folgenden Satz gefunden: „Kosten der Adoption eines Kindes sind in Hinblick auf das öffentliche Interesse der Gesellschaft an Kindern als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig (VwGH 06.06.2011, 2007/13/0150.“ Mir gefällt die Aussage sehr.