BFH beendet den Traum vom steuerfreien Paradies für Kryptowährungen (Bitcoin, Ether und Monero)

Auf das am 28.02.2023 veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. IX R 3/22/Vorinstanz FG Köln v. 25.11.2021 – 14 K 1178/20) dürften sicherlich viele Anhänger der Kryptowährungen lange gewartet haben; siehe auch mein Blog-Beitrag hierzu: FG Köln bestätigt Steuerpflicht beim Handel mit Kryptowährungen.  Mithin bestand oftmals die Hoffnung, der BFH würde Kryptowährungen (im Urteilsfall: Bitcoin, Ether und Monero) eine Wirtschaftsgutqualität absprechen und sonach daraus erzielte Gewinne steuerfrei stellen.

Jedoch hat der BFH mit seinem Urteil vom 28.02.2023 eine andere Richtung eingeschlagen, die bei realistischer sowie pro-fiskalischer Betrachtung zu erwarten war: Kryptowährungen (currency token gem. Leitsatz 1) zählen zu den anderen Wirtschaftsgütern i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, die Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts i.S.v. § 23 EStG sein können. Die damit im Zusammenhang stehenden Einkünfte sind grundsätzlich steuerlich relevant. Der steuerlichen Relevanz kann auch nicht entgegengehalten werden, dass bei der Erfassung und Besteuerung der entsprechenden Veräußerungsgeschäfte ein normatives Vollzugsdefizit vorläge (Leitsatz 2). Weiterlesen

Gruppenversicherung für Arbeitnehmer: Einhaltung der 50-Euro-Grenze trotz Beitragsvorauszahlung?

Beiträge zu einer Gruppenkrankenversicherung für Arbeitnehmer gelten als Sachlohn, wenn der jeweilige Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht auch eine Geldzahlung verlangen kann (BFH 14.4.2011, VI R 24/10). Wenn die – monatliche – Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG von 50 Euro bzw. früher 44 Euro nicht überschritten wird, bleiben die Beiträge zu einer entsprechenden (Zusatz-)Krankenversicherung steuerfrei.

Die Einhaltung der Freigrenze setzt allerdings voraus, dass der jeweilige Vorteil tatsächlich monatlich bis zu dieser Höhe gewährt wird. Anders ausgedrückt: Wird dem Arbeitnehmer zum Beispiel gleich im Januar ein Vorteil im Wert von 600 Euro gewährt, so darf dieser nicht rechnerisch auf zwölf Monate verteilt werden, sondern muss – weil er 50 Euro übersteigt – im Januar voll versteuert werden. Diese bittere Erfahrung mussten schon zahlreiche Arbeitnehmer und Arbeitgeber machen.

Etwas Schützenhilfe brachte der BFH mit seinem „berühmten“ Urteil zu Firmenfitness-Programmen: Weiterlesen

Vorsteuerabzug für bürgerliche Kleidung?

Der BFH musste vor kurzem Stellung dazu beziehen, ob bürgerliche Kleidung unter Umständen einen Vorsteuerabzug rechtfertigt.

Sachverhalt:

Die beiden Kläger (ein Ehepaar) waren als Trauerredner und Trauerbegleiter tätig. Die Die Klägerin übte ihre Tätigkeit bis September 2008 unternehmerisch aus. Danach war sie im Unternehmen des Klägers als Angestellte nichtselbständig tätig. Die Klägerin zog in ihren Anmeldungen für 2008 und der Kläger in seinen Anmeldungen für alle Streitjahre die Vorsteuer ab, die in Rechnungen für die Anschaffung, Änderung, Reparatur und Reinigung von Kleidung (u.a. Anzüge, Hemden, Röcke, Kleider, Mäntel, Blusen, Pullover, Hosen, Jacken, Krawatten, Schals, Schuhe) ausgewiesen war.

Vom FA wurde der Abzug nicht genehmigt.  Im anschließenden Klageverfahren machten die Kläger die streitigen Vorsteuerbeträge jeweils nur noch zur Hälfte geltend. Die ‑‑ auch wegen Einkommensteuer erhobene‑‑ Klage wies das Finanzgericht Berlin-Brandenburg ab, weil es sich um Kosten der privaten Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 EStG handele. Hiergegen legten die Kläger jeweils Revision ein. Weiterlesen

Fahrtenbuchmethode: Es bleibt dabei – Schätzung von Benzinkosten unzulässig!

Wer sich der Mühe unterzieht und für seinen Dienstwagen ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt, muss dennoch alle Kosten einzeln und belegmäßig nachweisen – so der eiserne Grundsatz. Anders als bei der Nutzung eines privaten Kfz für Dienstreisen ist auch eine Schätzung von Treibstoffkosten nicht erlaubt. Das FG München hatte im Jahre 2018 entschieden, dass eine Schätzung von Aufwendungen selbst dann nicht in Betracht kommt, wenn der Arbeitgeber die Kosten seiner Dienstwagen nicht im Einzelnen erfasst hat und es dem Arbeitnehmer daher nahezu unmöglich ist, die Aufwendungen zu belegen (Urteil vom 29.1.2018, 7 K 3118/16).

Interessanterweise war es ebenjenes FG München, das von dem Grundsatz des Einzelnachweises ein Stück weit abgerückt ist (Urteil vom 16.10.2020, 8 K 611/19). Doch der BFH hat das Urteil wieder kassiert: Eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen – im Urteilsfall der Treibstoffkosten – schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode ohne „Wenn und Aber“ aus (BFH-Urteil vom 15.12.2022, VI R 44/20). Weiterlesen

Instandhaltungsrücklage: Grunderwerbsteuer versus Einkommensteuer

Jahrelang galt der Grundsatz, dass beim Kauf einer Eigentumswohnung das „miterworbene“ Guthaben aus einer Instandhaltungsrücklage, auch als Instandhaltungsrückstellung oder Erhaltungsrücklage bezeichnet, nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt. Maßgebend war unter anderem das BFH-Urteil vom 9.10.1991 – II R 20/89 (BStBl 1992 II S. 152). Im Jahre 2020 hat der BFH allerdings mit diesem Grundsatz gebrochen. Danach ist die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Erwerb von Teileigentum nicht um ein übernommenes Guthaben aus einer Instandhaltungsrücklage zu mindern (BFH 16.9.2020, II R 49/17).

Auch wenn die Vertragsparteien vereinbart haben, dass ein Teil des Kaufpreises „für die Übernahme des in der Instandhaltungsrückstellung angesammelten Guthabens“ geleistet wird, und der Instandhaltungsrücklage im Kaufvertrag folglich ein eigenständiger Wert zugemessen wurde, bleibt es dabei, dass der vereinbarte Kaufpreis der Grunderwerbsteuer unterliegt. Denn ein rechtsgeschäftlicher Erwerb der Position „Instandhaltungsrücklage“ ist bereits zivilrechtlich nicht möglich.Aufgrund dieser (Neu-)Regelung bei der Grunderwerbsteuer stellte sich die Frage, ob auch bei der Einkommensteuer Änderungen zu berücksichtigen sind. Weiterlesen

Sofortabzug für Abfindungen an weichende Mieter

In Zeiten der Wohnraumknappheit lässt eine Überschrift, in denen die Worte „weichende Mieter“ vorkommen, wohl bei vielen Leser schlechte Erinnerungen wach werden.

Aber in diesem Blog geht es nicht ums Mietrecht, sondern ums Steuerrecht, und hier speziell um die Frage, ob Abfindungen an weichende Mieter zu sofort abziehbaren Werbungskosten oder zu – anschaffungsnahem – Herstellungsaufwand führen, wenn sie geleistet werden, um eine Wohnung zu sanieren und im Anschluss – wieder bzw. weiter – vermieten zu können.

Die Antwort hatte zunächst das FG Münster zuungunsten der Vermieter gegeben: Weiterlesen

Wenn der Arbeitgeber das Handy des Arbeitnehmers ankauft

Nach § 3 Nr. 45 EStG sind die Vorteile eines Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Telekommunikationsgeräten steuerfrei. In LStH H 3.45 findet sich dazu aber das folgende Beispiel, das offenbar als Abschreckung gelten soll:

Der Arbeitgeber „kauft“ vom Arbeitnehmer ein Mobiltelefon zu einem nicht marktüblichen Preis von zum Beispiel 1 Euro und stellt es anschließend dem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung zur Verfügung. Die Verbindungsentgelte des Arbeitnehmers werden nach dem „Kauf“ vom Arbeitgeber übernommen. Eine Steuerbefreiung der Verbindungsentgelte nach § 3 Nr. 45 EStG kommt nicht in Betracht, da der Kaufvertrag einem Fremdvergleich nicht standhält und es sich somit bei der Zurverfügungstellung des Mobiltelefons nicht um ein betriebliches Telekommunikationsgerät des Arbeitgebers handelt.

Interessanterweise hat es genau dieses Modell bis vor den BFH geschafft und dort sein „O.K.“ erhalten. LStH H 3.45 ist also hinfällig. Die Steuergestaltung gilt als zulässig. Der geldwerte Vorteil aus der Überlassung der Handys und der Übernahme der Verbindungsentgelte ist nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei (BFH-Urteile vom 23.11.2022, VI R 49/20, VI R 50/20, VI R 51/20).

Der Sachverhalt soll hier nicht weiter dargestellt werden, da er fast mustergültig dem oben genannten Beispiel entspricht. Bedeutender ist die Begründung des BFH, denn die hat es in sich. Weiterlesen

Wohnungsüberlassung an Ex-Partner kann Miete oder Unterhalt sein

Als Steuerberater müssen wir Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen oftmals steuerlich würdigen. Im Idealfall werden wir frühzeitig hinzugezogen, um unsere steuerliche Einschätzung abzugeben. Wenn es schlecht läuft, werden wir zu spät gefragt und beispielsweise ist der private Veräußerungsgewinn („Spekulationsgewinn“) aus der Übertragung einer Immobilie bereits entstanden. Uns bleibt dann nur noch die unangenehme Aufgabe, den Mandanten die böse Nachricht zu überbringen. Andererseits sollten wir Steuerberater uns aber auch davor hüten, im Familienrecht mitzumischen. Das geht meistens nicht gut. Lange Rede, kurzer Sinn: Optimalerweise arbeiten Mandanten, Steuerberater und Juristen frühzeitig und vertrauensvoll zusammen, wenn es um Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen geht.

Kommen wir nun zu meinem konkreten Thema:

Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten können bekanntermaßen bis zu 13.805 Euro als Sonderausgaben abgesetzt werden, sofern der Empfänger hierzu seine Zustimmung erteilt (Realsplitting nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG).

Als Unterhaltsleistungen gelten auch Sachleistungen, insbesondere der Wert der dem Ex-Ehegatten überlassenen Wohnung. Überlässt ein Steuerpflichtiger dem Ex-Gatten die Wohnung „ohne Miete“ aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung und vermindert sich dadurch seine Barunterhaltsverpflichtung, kann er alle Aufwendungen im Rahmen des Realsplittings als Sonderausgaben abziehen (BFH-Urteil vom 12.4.2000, XI R 127/96).

Doch in welcher Höhe gilt die unentgeltliche Wohnungsgestellung als Unterhaltsleistung? Und kann es sich statt einer Unterhaltsleistung nicht doch um eine „echte“ Vermietung handeln? Mit diesen Fragen hat sich der BFH mit Urteil vom 29.6.2022 (X R 33/20) befasst. Sachverhalt und Urteilsgründe sind leider recht komplex. Daher sollen hier nur einige wenige Punkte herausgegriffen werden.

Zunächst gilt: Bei einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung handelt es sich um Naturalunterhalt, der in Höhe der ortsüblichen Miete beim Realsplitting berücksichtigt werden kann. Die ortsübliche Miete ist auch dann anzusetzen, wenn die Parteien unterhaltsrechtlich einen betragsmäßig geringeren Wohnvorteil vereinbart haben (BFH-Urteil vom 29.6.2022, X R 33/20). Allerdings trifft der BFH dann eine wichtige Einschränkung und dann auch noch eine Differenzierung.

Der Sachverhalt in Kürze:

In der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung wird ein Barunterhalt in Höhe von 600 Euro pro Monat vereinbart. Zudem wird folgende Vereinbarung getroffen: Solange die Ehefrau noch in der ehemals gemeinsamen Familienwohnung lebt, wird ein Anteil von 400 Euro als Wohnvorteil der Ehefrau bewertet und mithin nur ein Betrag in Höhe von 200 Euro an die Ehefrau vom Ehemann ausgezahlt. Im Rahmen der Steuererklärung legt der Mann jedoch dar, dass die ortsübliche 800 Euro beträgt. Demnach machte er anstatt 7.200 Euro ca. 12.000 Euro als Sonderausgaben geltend. Das FG lehnt diesen höheren Betrag ab, doch der BFH sieht die Sache anders.

Die ortsübliche Miete sei auch dann anzusetzen, wenn die Parteien unterhaltsrechtlich einen betragsmäßig geringeren Wohnvorteil vereinbart haben. Bezieht sich die Nutzungsüberlassung nur auf den Miteigentumsanteil des Unterhaltsverpflichteten, ist der entsprechende Anteil des ortsüblichen Mietzinses anzusetzen.

Nun kommt die Einschränkung: Sofern die gemeinsamen Kinder weiter in der überlassenen Wohnung verbleiben, bleibt der auf sie entfallende Wohnvorteil bei den nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG abziehbaren Unterhaltsleistungen außer Betracht.

Und dann kommt die Differenzierung:

Die Überlassung einer Wohnung an den geschiedenen oder dauerhaft getrennt lebenden Ehegatten kann auch auf einem entgeltlichen Rechtsverhältnis beruhen. Sprich: Es handelt sich bei der Nutzungsüberlassung nicht um Unterhalt, sondern um eine „echte“ Vermietung. Diese unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG. Im Streitfall hat der BFH die Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung so gewertet, dass keine Vermietung im klassischen Sinne gewollt war, sondern eine Naturalunterhaltsleistung. Das kann im Einzelfall aber anders sein, insbesondere wenn explizit von einer „Wohnraumvermietung“ die Rede ist oder sich im Vertragstext die Begriffe „Miete“ oder „Entgelt“ finden.

Das Fazit ergibt sich aus der Einleitung: Ein frühzeitiges Zusammenwirken aller Parteien verhindert Diskussionen mit dem Finanzamt. Aber zugegeben. Bei Trennungen und Scheidungen ist das leichter gesagt als getan.

Nullsteuersatz für PV-Anlagen: Was gilt eigentlich bei Neubauten?

Für die Lieferung einer Photovoltaikanlage gilt seit dem 1. Januar 2023 ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz, wenn die Anlage auf oder in der Nähe eines Wohngebäudes installiert wird. Die Regelung gilt für alle Komponenten einer Photovoltaikanlage, wie zum Beispiel Photovoltaikmodule, Wechselrichter oder auch Batteriespeicher (§ 12 Abs. 3 UStG). Die Lieferung muss an den „Betreiber“ der Photovoltaikanlage erbracht werden.

Das BMF hat auf seinen Internetseiten zwar einen FAQ-Katalog zu diversen Fragen rund um den Nullsteuersatz veröffentlicht. Zudem gibt es den Entwurf eines BMF-Schreibens, in dem weitere Zweifelsfragen geklärt werden (BMF-Schreiben im Entwurf vom 26.1.2023, III C 2 – S 7220/22/10002 :010, NWB GAAAJ-32171).

Ich kann mich allerdings nicht des Eindrucks erwehren, dass Gesetzgeber und Finanzverwaltung nur die „Nachrüstung“ eines Bestandsgebäudes mit einer Photovoltaikanlage im Blick hatten, nicht aber die Installation gleich im Rahmen eines Neubaus. Weiterlesen

Doppelte Haushaltsführung: 1.000 Euro sind nicht immer 1.000 Euro, oder?

Ist eine doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen, sind die Kosten der Zweitwohnung als Werbungskosten absetzbar, allerdings begrenzt auf 1.000 Euro pro Monat (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG).

Doch es gibt einige Urteile, nach denen ein Abzug über den Höchstbetrag hinaus möglich ist. Weiterlesen