Zweitwohnungssteuer: Wenn sich Erben nicht einigen können, freut sich die Gemeinde

Die Zweitwohnungssteuer dient den Gemeinden offiziell als Lenkungsfunktion, um sogenannte Rolladensiedlungen zu vermeiden. Tatsächlich ist sie für viele Kommunen aber – auch – eine schöne Einnahmequelle, denn gerade in touristisch attraktiven Gebieten kann sie eine enorme Höhe einnehmen.

Manch Wohnungsinhaber wird von der Zweitwohnungssteuer durchaus überrascht, etwa dann, wenn er die Wohnung gar nicht genutzt hat. Doch ohne Weiteres kann er der Steuer nicht entrinnen. Dies zeigt eindrucksvoll ein Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1.4.2022 (2 S 3636/21).

Der Sachverhalt in Kurzform:

Zwei Schwestern waren in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümer eines Einfamilienhauses in Überlingen. Über die Nutzung der Immobilie konnten sie sich nicht einigen. Die Klägerin war mit Hauptwohnsitz in Stuttgart gemeldet. Die Stadt Überlingen verlangte von ihr eine Zweitwohnungssteuer von mehreren tausend Euro. Hiergegen wehrte sich die Steuerpflichtige letztlich erfolglos. Mitglieder einer Erbengemeinschaft können eine zum Nachlass gehörende Wohnung innehaben und zur Zweitwohnungssteuer herangezogen werden, ohne dass es darauf ankommt, ob und inwiefern sie sich über die Nutzung der Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf geeinigt haben – so der VGH Baden-Württemberg.

Die Begründung lautet unter anderem:

Bei der prinzipiell bestehenden Nutzungsmöglichkeit einer Wohnung darf die Gemeinde grundsätzlich die Vermutung hegen, dass die Wohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten wird. Miteigentümer können eine Wohnung innehaben, ohne dass es darauf ankommt, ob und inwiefern sie sich über die Nutzung der Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf geeinigt haben. Für das Innehaben einer Zweitwohnung ist es nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige über die Wohnung jederzeit tatsächlich verfügen kann; auch ist es nicht notwendig, dass er sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wenn auch in größeren Zeitabständen, tatsächlich aufsucht.

Eine tatsächliche Nutzung zu Wohnzwecken ist folglich nicht nötig. Ausreichend für das Innehaben einer Zweitwohnung ist vielmehr grundsätzlich eine objektiv-rechtliche Nutzungsmöglichkeit. Dies gilt, solange der Zweitwohnungsinhaber keine objektiven Umstände vorträgt, die diese Vermutung erschüttern.

Denkanstoß:

Wenn Wohnungsinhaber ihre Zweitwohnung aus objektiven Gründen nicht nutzen können oder sie als reine Kapitalanlage vorhalten, so muss dies nachgewiesen werden. Die bloße Behauptung, die Zweitwohnung nicht selbst zu nutzen und auch künftig nicht zum Wohnen nutzen zu wollen, genügt nicht. Die Gemeinden lassen sich nicht so einfach erweichen. Wer der Zweitwohnungssteuer wegen des Vorhaltens als Kapitalanlage entgehen möchte, sollte das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.10.2014 (9 C 5.13) lesen, das insoweit wohl maßgebend ist.

Übrigens, nur am Rande:

Gerade in Coronazeiten konnten viele Zweitwohnungen nicht genutzt werden. Aber: Verfügt der Inhaber einer Zweitwohnung über eine rechtlich gesicherte Eigennutzungsmöglichkeit von mindestens zwei Monaten, so kann die Regelung einer Zweitwohnungssteuersatzung, nach der er mit dem vollen Jahresbetrag der Steuer veranlagt wird, nicht als unverhältnismäßig beanstandet werden. So hat das Bundesverwaltungsgericht schon vor vielen Jahren entschieden (BVerwG, Urteil vom 26.9.2001, 9 C 1/01, BVerwG, Urteil vom 27.10.2004, 10 C 2.04). Von daher durften die Gemeinden wohl auch in Coronazeiten die Zweitwohnungssteuer in voller Höhe erheben.

Mich würden Ihre Erfahrungen mit der Zweitwohnungssteuer, gerade auch n Coronazeiten, interessieren. Hat „Ihre“ Gemeinde teilweise auf die Erhebung verzichtet? Oder ist sie hart geblieben?


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