In den letzten Jahren, wahrscheinlich gar in den letzten Jahrzehnten, sind unzählige Urteile zu der Frage ergangen, ob ein Unternehmer einen oder zwei Gewerbebetriebe sein Eigen nennt. Das liegt wohl daran, dass jeder Fall gesondert zu betrachten ist und es dementsprechend fast immer einer Einzelfallentscheidung bedarf. Jüngst hat das FG Düsseldorf die Rechtsprechung um eine weitere Facette bereichert und entschieden, dass zwei Tankstellen desselben Pächters einen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellen (Urteil vom 23.6.2020, 10 K 197/17 G).
Es ging um folgenden Sachverhalt:
Der Kläger betrieb innerhalb einer Gemeinde auf derselben Straße zwei Tankstellen. Die Entfernung zwischen den beiden Tankstellen betrug ca. 600 Meter. Er stritt mit dem Finanzamt darüber, ob diese beiden Tankstellen als zwei gesonderte Gewerbebetriebe anzusehen waren und ihm folglich für beide Betriebe jeweils ein Gewerbesteuerfreibetrag zu gewähren war. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die beiden Tankstellen einen einheitlichen Gewerbebetrieb bilden würden. Infolgedessen addierte es die erzielten Ergebnisse der beiden Tankstellen und gewährte den Gewerbesteuerfreibetrag nur einmal. Der Kläger war hingegen der Ansicht, dass zwischen den beiden Tankstellen kein finanzieller, organisatorischer und wirtschaftlicher Zusammenhang bestanden habe. Beide Betriebe seien separat geführt worden. Doch Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Die Begründung des FG:
Die beiden Tankstellen seien nicht vollkommen selbstständig geführt worden. Es habe zwar kein finanzieller Zusammenhang bestanden, weil für beide Tankstellen Bankkonten und Buchhaltung getrennt geführt worden seien. Dies reiche aber nicht aus. In organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht habe zwischen den beiden Tankstellen ein nicht unwesentlicher Zusammenhang bestanden. Für beide Tankstellen habe zudem mit dem gleichen Franchisegeber ein Vertrag bestanden, so dass die Waren von den gleichen Lieferanten bezogen worden seien. Zudem habe – jedenfalls in Ausnahmefällen – zwischen den beiden Tankstellen ein Austausch von Waren und Personal stattgefunden. Hinzu komme die räumliche Nähe der beiden Tankstellen sowie die gleichartige Betätigung.
Hinweis:
In Zweifelsfällen ist der Praxis zu empfehlen, das BFH-Urteil vom 22.10.2015 (IV R 17/12) zur Hand zu nehmen und die dort aufgestellten Kriterien zur Einheitlichkeit bzw. zur Trennung von Gewerbebetrieben zu beachten. So sprechen bei einer Gesamtwürdigung zum Beispiel folgende Abgrenzungsmerkmale für die Annahme eines eigenständigen Teilbetriebs: räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, eigener Wirkungskreis, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeit, eigener Kundenstamm und eine die Eigenständigkeit ermöglichende interne Organisation.
Diese Merkmale brauchen zwar nicht sämtlich vorzuliegen, der Teilbetrieb erfordert allerdings eine gewisse Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb. Auch bei Freiberuflern können im Übrigen zwei eigenständige Betriebe vorliegen. Von Interesse wird hier der Ausgang des Revisionsverfahrens VIII R 36/18 im Anschluss an das Urteil des FG München vom 29.11.2017 (1 K 311/16) sein.
Weitere Informationen:
- FG Düsseldorf v. 23.06.2020 – 10 K 197/17 G (justiz.nrwe.de)
- FG München, Urteil v. 29.11.2017 – 1 K 311/16
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