Zur Anrechnung der Erbschaft- auf die Einkommensteuer

In bestimmten Fällen kann es dazu kommen, dass Vermögensgegenstände im Erbfall der Erbschaftsteuer unterliegen und später Erträge aus diesem Vermögen zusätzlich mit Einkommensteuer belastet sind. Daher kann bei der späteren Einkommensteuer, die der Erbe zu bezahlen hat, die bereits früher gezahlte Erbschaftsteuer – nach einem komplizierten Berechnungsschema – steuermindernd angerechnet werden (§ 35b EStG). Die Vorschrift bzw. das Thema „Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer“ haben eine durchaus wechselvolle Geschichte.

Wenn ich mich recht erinnere, ist § 35b EStG im Jahre 2009 (wieder-)eingeführt worden, nachdem die Anrechnung vom damaligen Bundesfinanzminister Lafontaine abgeschafft worden ist. Dabei konnte sich der Gesetzgeber bei der Abschaffung seinerzeit auf das Bundesverfassungsgericht verlassen. Mit Beschluss vom 7.4.2015 (1 BvR 1432/10) hatte dieses eine Verfassungsbeschwerde gegen die Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer bei der Vererbung von Zinsansprüchen mangels Erfolgsaussichten nicht zur Entscheidung angenommen. Aufgrund der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers sei es mit dem Gebot der steuerlichen Lastengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar, eine später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer in dieser Konstellation unberücksichtigt zu lassen.

Nun haben wir also seit einiger Zeit wieder den § 35b EStG, aber ich gebe zu: Es gehört zu meinen unliebsten Aufgaben, die Steuerermäßigung „per Hand“ zu ermitteln. In einfachen Fällen mag die Berechnung noch gelingen, doch beim Zusammentreffen mehrerer Steuerermäßigungen verlässt mich das mathematische Geschick.

Immerhin stehe ich damit nicht allein dar. Denn auch die Finanzgerichte sind sich offenbar nicht sicher, wie zu rechnen ist. Es ist aber auch „verzwickt“, denn die Vorschrift des § 35b EStG ist sprachlich dermaßen verunglückt, dass sie einfach nicht zu verstehen ist. Es beginnt schon mit der Einleitung: „Sind bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden, die … als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuerunterlegen haben …“: Nun: Nicht Einkünfte, sondern Vermögen (Bereicherungen) unterliegt der Erbschaftsteuer.

Glücklicherweise hat der BFH nun Licht ins Dunkel gebracht, und zwar insbesondere für den Fall, dass Erwerbe von Todes wegen mit Vorerwerben zusammentreffen. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger und sein Vater gründeten im November 2008 eine GmbH. Im Rahmen der Gründung brachte der Vater des Klägers sein Einzelunternehmen in die GmbH ein. Der Kläger war zu 49 % und sein Vater zu 51 % an der GmbH beteiligt. Aufgrund des persönlichen Freibetrags des Klägers fiel für ihn keine Schenkungsteuer an. Im Juli 2009 starb der Vater. Auf den Kläger wurde infolge eines Vermächtnisses ein weiterer GmbH-Anteil in Höhe von 26 % übertragen. Sein Bruder schlug das auf ihn entfallende Vermächtnis aus, so dass der Kläger als Ersatz-Vermächtnisnehmer auch den restlichen Geschäftsanteil von 25 % erhielt. Im Streitjahr veräußerte der Kläger seine Geschäftsanteile an der GmbH und erzielte einen Veräußerungsgewinn i.S. des § 17 EStG in Höhe von 786.167 EUR. Letztlich stritt man sich mit dem Finanzamt um die Höhe der Steuerermäßigung nach § 35b EStG.

Dazu der BFH: Beim Zusammentreffen von Erwerben von Todes wegen und Vorerwerben ermittelt sich der Ermäßigungsprozentsatz des § 35b Satz 2 EStG durch Gegenüberstellung der anteiligen, auf die von Todes wegen erworbenen Vermögensteile entfallenden Erbschaftsteuer und des Betrags, der sich ergibt, wenn dem anteiligen steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) der anteilige Freibetrag nach § 16 ErbStG hinzugerechnet wird.

Betroffenen seien die Lektüre des Urteils sowie das Nachrechnen empfohlen (BFH 13.3.2018, IX R 23/17).

Weitere Informationen:
BFH v. 13.03.2018 – IX R 23/17

 

2 Gedanken zu “Zur Anrechnung der Erbschaft- auf die Einkommensteuer

  1. Danke für den Beitrag über Erbrecht und die Anrechnung der Erbschaft auf die Einkommenssteuer. Meine Cousine hat demnächst einen Notartermin, bei dem es um das Erbe ihrer verstorbenen Mutter geht. Interessant, dass es in bestimmten Fällen dazu kommen kann, dass Vermögensgegenstände im Erbfall der Erbschaftsteuer unterliegen und später Erträge aus diesem Vermögen zusätzlich mit Einkommensteuer belastet werden.

  2. Das ist doch ein ganz normaler Vorgang. Eine Erbschaft gilt in aller Regel nicht Einkommen, da es sich nicht um eine Einkunftsart handelt.

    Macht man in späteren Jahren aus der Erbschaft z.B. Gewinn, da man geerbtes Geld angelegt hat und z.B. Zinsen erhält, die den Freibetrag übersteigen, zahlt man ganz normal Steuern auf diesen Gewinn. Und zwar weil man dann die Einkunft aus Kapitalerträgen hat.

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