Zuordnung zum Unternehmensvermögen – BFH urteilt zugunsten der Steuerpflichtigen

Bei teilweise privat und teilweise unternehmerisch genutzten Wirtschaftsgütern – wie Gebäuden im Allgemeinen und Photovoltaikanlagen im Besonderen – ist eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen erforderlich, wenn der Vorsteuerabzug begehrt wird. Die Zuordnung zum Unternehmensvermögen kann ganz oder teilweise erfolgen. Die Zuordnungsentscheidung muss grundsätzlich bei Bezug der Leistung getroffen werden. Die Zuordnung zum Unternehmen wird regelmäßig durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung dokumentiert.

Die Zuordnungsentscheidung muss aber spätestens und mit endgültiger Wirkung nach außen hin bis zu dem Zeitpunkt erfolgen bzw. dokumentiert werden, für den nach den gesetzlichen Vorschriften die Abgabe der Steuererklärung für das Jahr des Leistungsbezuges vorzunehmen ist. Das heißt: Eine “zeitnahe” Zuordnungsentscheidung liegt vor, wenn sie bis zur gesetzlichen Abgabefrist der Umsatzsteuererklärung vorliegt – so lauten seit Jahren die Grundsätze für den Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern bzw. Gegenständen.

Diese Grundsätze haben auch weiterhin Gültigkeit, doch aktuell hat der BFH – im Nachgang zu einer EuGH-Entscheidung – präzisiert, wann eine Zuordnungsentscheidung als „nach außen hin dokumentiert“ gilt. Und hier hat er seinen Spielraum, den ihm der EuGH gegeben hat, durchaus zugunsten der Steuerpflichtigen genutzt.

Hier in Kurzform der Sachverhalt eines der beiden BFH-Urteile vom 4.5.2022 (XI R 29/21 (XI R 7/19)

Der Kläger erwarb im Jahr 2014 eine Photovoltaikanlage. Den erzeugten Strom verbrauchte er teilweise selbst, teilweise speiste er ihn in das Stromnetz eines Netzbetreibers ein. Der Einspeisevertrag sieht für den gelieferten Strom eine Vergütung pro kWh zuzüglich Umsatzsteuer vor. Gegenüber dem Finanzamt gab der Kläger zunächst weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch sonstige Erklärungen zu den Ausgangs- und Eingangsumsätzen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage sowie den unentgeltlichen Wertabgaben ab. Am 29.2.2016 reichte er eine Umsatzsteuererklärung für 2014 ein und zog die Vorsteuern ab. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug für die Photovoltaikanlage, weil der Kläger nicht rechtzeitig, das heißt bis zum 31.5.2015, eine Zuordnungsentscheidung getroffen habe. Am 31.5.2015 endete seinerzeit die gesetzliche Abgabefrist für die Steuererklärung 2014.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Es nahm an, der Kläger habe die Photovoltaikanlage nicht rechtzeitig seinem Unternehmen zugeordnet. Die Zuordnung habe der Kläger gegenüber dem Finanzamt als Adressaten dokumentieren müssen.

Der BFH hat das anschließende Revisionsverfahren ausgesetzt und den EuGH um Klärung bezüglich der Frage gebeten, ob die Zuordnung zum Unternehmensvermögen gegenüber dem Finanzamt zwingend bis zum 31. Mai des Folgejahres hätte angezeigt werden müssen. Der EuGH hat darauf sinngemäß geantwortet, dass die Frist grundsätzlich von der deutschen Finanzverwaltung gesetzt werden kann. Doch es kommt nicht unbedingt darauf an, dass dem Finanzamt die Zuordnungsentscheidung explizit angezeigt wird – nämlich dann nicht, wenn es andere Anhaltspunkte gibt, die die Zuordnung erkennen lassen. Jedenfalls legt der BFH die EuGH-Entscheidung in diesem Sinne aus. Er sieht die Revision als begründet an und hat wie folgt geurteilt:

Für die Dokumentation der Zuordnung (grundlegend BFH-Urteil vom 7.7.2011, V R 42/09, BStBl II 2014, 76) ist keine fristgebundene Mitteilung an die Finanzbehörde erforderlich. Liegen innerhalb der Dokumentationsfrist nach außen hin objektiv erkennbare Anhaltspunkte für eine Zuordnung vor, können diese der Finanzbehörde auch noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.

Denkanstoß

Damit ist nun klar, dass die Frist zwar immer noch zu beachten ist, sie ihren Schrecken aber ein Stück weit verloren hat. Als objektive Anhaltspunkte für eine ausdrückliche oder konkludente Zuordnung zum Unternehmen können neben der Geltendmachung oder Nichtgeltendmachung des Vorsteuerabzugs auch andere Beweisanzeichen herangezogen werden. So kann zu berücksichtigen sein, ob der Unternehmer bei An- und Verkauf des gemischt genutzten Gegenstands unter seinem Firmennamen auftritt, ob er den Gegenstand betrieblich oder privat versichert hat oder wie er den Gegenstand bilanziell bzw. ertragsteuerrechtlich behandelt hat. Ein Nachweis durch Zeugenbeweis oder Parteivernehmung ist hingegen abzulehnen – so der BFH.

Bei aller Freude: Die aktuellen BFH-Urteile sind für die Abwehrberatung bestens geeignet, doch in der Gestaltungsberatung muss die Empfehlung weiter lauten, die Zuordnungsentscheidung dem Finanzamt frühzeitig ausdrücklich anzuzeigen.

Übrigens ist mit „gesetzlicher Abgabefrist“ die Frist für nicht beratene Steuerpflichtige gemeint, also der 31. Mai in Altfällen und (eigentlich) der 31. Juli in Fällen jüngeren Datums, wobei der guten Ordnung halber darauf hingewiesen wird, dass die gesetzlichen Abgabefristen in den Coronajahren etwas verlängert worden sind.

Das Aktenzeichen des zweiten BFH-Urteils lautet übrigens XI R 28/21 (XI R 3/19). Hier ging es um den Vorsteuerabzug für ein Arbeitszimmer.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

67 − = 64