Stromnetzbetreiber dürfen ab dem 1.1.2024 den Strombezug von neuen steuerbaren Wärmepumpen oder Wandladestationen (sog. Wallboxen) – zeitweise einschränken, wenn eine Überlastung des Stromnetzes droht, hat die Bundesnetzagentur am 27.11.2023 auf ihrer Internetseite mitgeteilt. Was bedeutet das für Unternehmen und Verbraucher?
Hintergrund
Der Bundestag hat eine umfangreiche Reform des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) beschlossen. Teil dieses Paketes sind neue Aufgaben der Bundesnetzagentur im Bereich der Energieregulierung. Hierzu wird die Behörde in den kommenden Monaten zahlreiche Festlegungen treffen müssen. Am 27.11.2023 hat die Bundesnetzagentur nun Regelungen auf Basis von § 14 a EnWG festgelegt, wie steuerbare Verbrauchseinrichtungen (z.B. Wärmepumpen und Ladeeinrichtungen für E-Autos) sicher und zügig ins Stromnetz integriert werden können.
Was ist genau Inhalt der Neuregelung?
Steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und private Ladeeinrichtungen für E-Autos haben höhere Leistungen als die meisten Haushaltsgeräte. Auch beziehen steuerbare Verbrauchseinrichtungen häufiger gleichzeitig Strom. Das Niederspannungsnetz ist in der Lage, einzelne neue Anwendungen aufzunehmen. Auf einen schnellen Hochlauf ist der größte Teil der Niederspannungsnetze aktuell allerdings noch nicht ausgelegt.
Was ist konkret geplant?
Da ein Netzbetreiber den Anschluss von neuen Wärmepumpen oder privaten Ladeeinrichtungen für E-Autos zukünftig nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern kann, darf er im Gegenzug – wenn im Ausnahmefall eine akute Beschädigung oder Überlastung des Netzes droht – die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär einschränkt, gewissermaßen „dimmt“; vollständige Abschaltungen sind aber unzulässig.
Allerdings muss immer eine Mindestleistung zur Verfügung stehen, so dass Wärmepumpen betrieben und Elektroautos weiter geladen werden können. Die Netzbetreiber dürfen dabei den Bezug für die Dauer der konkreten Überlastung auf bis zu 4,2 kW senken, so die Bundesnetzagentur. Damit können nach Ansicht der Bundesnetzagentur Wärmepumpen weiter betrieben und E-Autos in aller Regel in zwei Stunden für 50 Kilometer Strecke nachgeladen werden – nicht gerade üppig. Der reguläre Haushaltsstrom ist von der Festlegung nicht betroffen. Die besonderen Anforderungen von Großwärmepumpen sollen berücksichtigt werden.
Welche Kompensation gibt es?
Im Gegenzug für die netzorientierte Steuerung sollen die Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen ein reduziertes Netzentgelt zahlen. Die Reduzierung besteht entweder aus einem netzbetreiberindividuellen pauschalen Betrag (Modul 1) oder einer prozentualen Reduzierung des Arbeitspreises (Modul 2), der Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung hat hierbei ein Wahlrecht.
Ab wann und für wen gelten die neuen Festlegungen?
Die Regelungen gelten ab 1.1.2024. Für Bestandsanlagen, für die eine Vereinbarung zur Steuerung durch den Netzbetreiber besteht, sieht die Bundesnetzagentur Übergangsregelungen vor. Bestandsanlagen ohne eine solche Vereinbarung bleiben dauerhaft ausgenommen. Nachtspeicherheizungen sollen dauerhaft nicht unter die neuen Regelungen fallen. Auch für den Netzbetreiber gibt es Übergangsregelungen. Solange der Netzbetreiber noch nicht die notwendigen Vorbereitungen für die netzorientierte Steuerung getroffen hat, kann er maximal 24 Monate unter Beachtung einiger Rahmenbedingungen vorsorglich steuern.
Wie ist das zu bewerten?
Die Festlegungen der Bundesnetzagentur, die zeitnah noch näher konkretisiert werden sollen, sind eine reine Vorsichtsmaßnahme, wenn konkret eine Netzüberlastung droht. Der Schritt zeigt aber eines deutlich: Die Hoch- und Niederspannungsnetze müssen schnellstens mit hohem Tempo optimiert, digitalisiert und ausgebaut werden. Die mangelhafte Infrastruktur ist ein wesentliches Hemmnis bei der Umsetzung der politisch forcierten Energiewende. Wenn Wärmepumpen nicht ausreichend flächendeckend mit Strom versorgt und E-Autos nicht flächendeckend an Schnellladestationen mit Starkstrom versorgt werden können, wird die Zielsetzung des Gebäudeenergiegesetzes ebenso zur Farce wie das Ziel, bis 2030 10 Mio. Elektroautos in den Verkehr zu bringen.
Weitere Informationen:
Pressemitteilung der Bundesnetzagentur vom 27.11.2023
Weitere Informationen der Bundesnetzagentur zu steuerbaren Verbrauchseinrichtungen:
https://www.bundesnetzagentur.de/14aenwg
https://www.bundesnetzagentur.de/steuerbare-ve