„Wohnen für Hilfe“ ist nicht regelungsbedürftig

Bei dem bundesweiten Projekt „Wohnen für Hilfe“ bieten in der Regel ältere Menschen jungen Menschen günstigen Wohnraum an. Die Studierenden und Auszubildenden verpflichten sich regelmäßig, als Gegenleistung den Wohnraumanbieter im Alltag zu unterstützen. Ziel solcher Wohnformen ist die gegenseitige respektvolle Unterstützung von Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen mit Sozialbindung, die zum Vorteil beider Seiten zusammenleben. In diesen Wohnformen profitieren alle Beteiligten vom gegenseitigen Geben und Nehmen im Sinne zivilgesellschaftlicher Hilfe. Bundesweit gibt es eine Vielzahl entsprechender Konzepte.

Folgende Wohnmodelle sind zu unterscheiden:  

Modell 1:
Verrichtung praktischer Alltagshilfen durch den Wohnraumnehmer an den Wohnraumgeber (z.B. Einkaufen, Kochen, Begleitdienste).

Modell 2:
Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten durch den Studenten im unmittelbaren Wohnumfeld des Wohnraumanbieters.

Modell 3:
Verrichtung einer gemeinnützigen/ehrenamtlichen Tätigkeit durch den Studenten im Stadtgebiet (ohne Zahlung einer Aufwandsentschädigungspauschale).

Wie alles im Leben hat auch dieses gut gemeinte soziale Projekt eine steuerliche Seite. Nichts bleibt dem Fiskus verborgen und bei allem will der Fiskus mitspielen – gleichgültig, ob es sich um alte oder junge Leute handelt. Steuerlich will er die beiderseitigen Aktivitäten von jungen und älteren Menschen, von Leistung und Gegenleistung wie folgt behandeln (FinBeh. Hamburg vom 8.12.2016, S 2253-2016/004-52):

Steuerliche Behandlung des Wohnungsnutzers:
Die vom Wohnraumnutzer vertraglich geschuldeten Dienstleistungen beim Modell 1 (Regelfall – z.B. Einkaufen, Kochen, Begleitdienste) sind als im Rahmen eines Dienstverhältnisses zwischen dem Wohnungsanbieter und Wohnungsnutzer erbrachte Leistungen anzusehen. Es liegen regelmäßig „Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit“ vor. Bei den Modellen 2 und 3 ist im Einzelfall zu prüfen, welche Einkunftsart vorliegt. Es bestehen keine Bedenken, von „Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit“ auszugehen.

Steuerliche Behandlung des Wohnungsanbieters:
In der Modellvariante 1 erzielt der Wohnungsanbieter regelmäßig „Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung“. Bei den Modellvarianten 2 und 3 ist im Einzelfall zu entscheiden, ob überhaupt eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt.

Ab dem 1.1.2020 sollten Sachleistungen im Rahmen alternativer Wohnformen steuerfrei sein. Dies sollte sowohl für den Wohnungsnutzer (Unterkunft und Verpflegung) als auch für den Wohnungsanbieter (Vorteile aus den Leistungen) gelten (§ 3 Nr. 49 EStG – Entwurf des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“).

Doch nachdem man sich durch 150 Seiten Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses nebst 61 Seiten Bericht des Finanzausschusses durchgearbeitet hat, stellt man fest, dass § 3 Nr. 49 EStG in der aktuellen Fassung des Gesetzesentwurfs fehlt. Die Begründung des Finanzausschusses lapidar: „Für die Regelung wird kein Bedarf gesehen. Sie wird daher aus dem Gesetzentwurf gestrichen.“ Kein weiteres Wort, keine weitere Begründung. Es bleibt nun abzuwarten, was dies bedeutet. Wird dem BMF möglicherweise die Handhabe gegeben, eine Regelung auf dem Erlasswege durchzusetzen? Oder wird kein Bedarf gesehen, weil man „Wohnen für Hilfe“ generell als nicht wichtig erachtet? Ich jedenfalls bin ratlos.

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