Am 26.8.2019 hat das SPD-Präsidium Eckpunkte zur Wiedereinführung der Vermögensteuer in Deutschland beschlossen. Bereits auf dem Parteitag im Dezember 2019 will die SPD einen Gesetzentwurf vorlegen. Was ist von den Plänen zu halten? Ein falsches Signal!
Hintergrund
1995 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BStBl 1995 II S. 655) entschieden, dass eine unterschiedliche vermögensteuerliche Belastung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen verfassungswidrig ist. Seit 1997 wird die Vermögensteuer deshalb nicht mehr erhoben. Damit wurde jedoch nicht die Besteuerung von vorhandenem Kapitalvermögen schlechthin als verfassungswidrig eingestuft, sondern lediglich die Erhebungsform: Die günstigere Besteuerung von Immobilienwerten gegenüber anderem Kapitalvermögen war eine ungerechtfertigte Besserstellung von Immobilienvermögen. Als Kompensation für den Wegfall der Vermögensteuer (im Jahr 1996 ca. 4,6 Mrd. €) wurden die Erbschaft- und Grunderwerbsteuer reformiert, seit 2016 ist zudem eine erneute Erbschaftsteuerreform in Kraft, die auch zu Mehrbelastungen geführt hat. Insgesamt sind die Erbschaftsteuereinnahmen von 4,6 Mrd. € in 2013 auf fast 7 Mrd. € in 2018 gestiegen: das ist ein Zuwachs von immerhin 48 Prozent in nur fünf Jahren! Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer sind von 8,4 Mrd. € in 2013 auf 14,1 Mrd. € in 2018 gestiegen: Ein Zuwachs von 68 Prozent in 5 Jahren.
Wie sehen die SPD-Pläne aus?
Nach dem Beschluss des SPD-Präsidiums vom 26.8.2019 plant die SPD die Wiedereinführung einer Vermögensteuer mit folgenden Eckpunkten:
- Der Vermögensteuer sollen sowohl natürliche als auch juristische Personen (insbesondere Kapitalgesellschaften) unterliegen. Auch Auslandsvermögen soll einbezogen werden, soweit keine Freistellung nach einem DBA erfolgt. Bei Kapitalgesellschaften soll eine Freigrenze für steuerpflichtiges Vermögen gelten.
- Verschonungsregelungen sowie Freibeträge bzw. Freigrenzen sollen vorgesehen werden, das Altersvorsorgevermögen soll weitgehend freigestellt werden. Für natürliche Personen sollen es hohe Freibeträge geben. Eine Doppelbesteuerung soll vermieden werden.
- Der Steuersatz soll 1 Prozent betragen, für „Superreiche“ eventuell auch höher.
- Die Bewertung soll nach den Grundsätzen der Erbschaftsteuer (Verkehrswert) erfolgen.
- Die Einnahmen von geschätzt 10 Mrd. €, die den Ländern zufließen, sollen zur Finanzierung staatlicher Investitionen in Bildung und Infrastruktur dienen.
Bewertung
Bei genauer Hinsicht macht eine Wiedereinführung der Vermögensteuer keinen Sinn. Warum ?
- Sehr gute Finanzlage des Staates:
Das Aufkommen aus Vermögensteuer betrug im letzten Jahr der Erhebung 1996 rund 4,62 Mrd. €, die SPD rechnet inflationsbereinigt mit Einnahmen von rund 9 Mrd. €. Aber: Der Staat ist mehr als auskömmlich finanziert! Bund, Länder und Gemeinden hatten zusammen im Jahr 2018 Steuereinnahmen von 776 Mrd. €. Und die Einnahmen steigen weiter, im ersten Halbjahr 2019 rund 46 Mrd. € über Plan. Bis 2023 klettern sie um rd. 132 Mrd. € (plus 17%!) auf dann 908 Mrd. €. Ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf besteht also nicht. - Immenser Bürokratieaufwand:
Schon die frühere Vermögensteuer hat rund ein Drittel des Aufkommens für den Erhebungsaufwand verschlungen, das Kosten-/Nutzen-Verhältnis wäre also bei einer Wiedereinführung zwangsläufig unausgewogen. Denn im Gegensatz zur Erbschaftsteuer ist bei der Vermögensteuer jedes Jahr eine Bewertung des Vermögens erforderlich. Das wäre ein „Bürokratiemonster erster Klasse“. Und wie schwierig es ist, einen „gerechten“ Bewertungsmaßstab zu finden, zeigt die aktuelle Debatte über die Reform der Grundsteuer. - Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen in Gefahr:
Ein Großteil des Steueraufkommens würde auf Vermögen entfallen, das in den Unternehmen fest gebunden ist. Diesen würde also Geld entzogen, das für Ersatzinvestitionen, Modernisierungen und Erweiterungen benötigt wird. Damit würde die deutsche Wirtschaft insgesamt einen gravierenden Wettbewerbsnachteil erleiden, Arbeits- und Ausbildungsplätze wären in Gefahr. Deutschland erhebt zwar im Unterschied zu anderen Staaten (z. B. Schweiz, Frankreich) keine Vermögensteuer, hat dafür aber vergleichsweise hohe Ertragsteuersätze. Auch ohne Vermögensteuer liegt die Gesamtsteuerbelastung in Deutschland gerade eben nicht unter dem Niveau anderer Industriestaaten.
Fazit:
Eine Wiederbelebung der Vermögensteuer in Deutschland ist weder fiskalisch notwendig noch unter Berücksichtigung der Bürokratielasten und den Schadensfolgen einer Substanzbesteuerung der Unternehmen vertretbar. Finger weg !
Weitere Informationen:
Eckpunktebeschluss des SPD-Präsidiums vom 26.8.2019 zur Wiedereinführung der Vermögensteuer (PDF)
Lesen Sie in der NWB Datenbank hierzu auch:
Schmalbach, Vermögensteuer, infoCenter ZAAAB-14587
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