Als erste der Bewerber um das Amt des US-Präsidenten hat Hillary Clinton im laufenden Wahlkampf ihre Steuererklärungen veröffentlicht. Während man in Deutschland immer wieder staunt, dürfte diese Praxis den Einwohnern anderer Staaten nur ein müdes Lächeln abringen. Dort werden gar die Steuerdaten aller Bürger veröffentlicht. Wäre das eine Idee für Deutschland? Wohl leider nicht.
Bill und Hillary Clinton haben im vergangenen Jahr knapp 10 Mio. US-Dollar an Bundessteuern gezahlt. Das kann seit der vergangenen Woche jeder im Internet einsehen. Denn im Präsidentschaftswahlkampf ist es in Übersee längst üblich seine Steuererklärungen zu veröffentlichen.
Von soviel Transparenz sind deutsche Politiker Lichtjahre entfernt. Besonders deutlich macht das die aktuelle Debatte um die Nebeneinkünfte im Bundestag. Mehr als großzügig angelegte Einkommensstufen sind da nicht denkbar. Vor der großen Diskussion um die (im US-Vergleich überraschend deutlich geringeren) Vortragshonorare von Peer Steinbrück vor einigen Jahren waren die Einkommensstufen sogar noch weniger aussagekräftig. Man fragt sich bei diesen Gelegenheiten immer, woher die Abgeordneten eigentlich die Zeit für ihre ganzen Nebenbetätigungen nehmen.
In anderen Staaten herrschen derweil in Sachen Veröffentlichung von Steuerdaten noch ganz andere Sitten. Dort werden sogar die Bezüge und Vermögenswerte aller Bürger transparent gemacht. Vorreiter sind dabei vor allem die Schweiz und die skandinavischen Ländern. In Zeiten zunehmender Digitalisierung werden zwar selbst dort die Anforderungen an den Datenabruf höher. Grundsätzlich bleibt es aber bei der Einsehbarkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse. Auch der EuGH bewertete 2008 in einem Verfahren aus Finnland die Veröffentlichung von steuerlichen Informationen durch die Presse als zulässig.
Steuergeheimnis und Datenschutz machen ein solches Szenario in Deutschland natürlich undenkbar. Man erinnere sich nur an den medialen Aufschrei, als die Schweiz vor kurzem die Namen potentieller Steuersünde im Internet veröffentlichte. Vielleicht wird den Persönlichkeitsrechten des Einzelnen in Deutschland ja nur deshalb ein so hoher Stellenwert beigemessen, weil sie nur in eine Richtung gelten – siehe den Ankauf von Steuer-CDs. Datenschützer führen etwa ins Feld, dass die mit den Steuerdaten veröffentlichte Religionszugehörigkeit – Kirchensteuer – von Extremisten missbraucht werden können. Eigentlich merkwürdig, dass in anderen Regionen mit einem Kirchensteuersystem und veröffentlichten Steuerdaten (z.B. Schweiz, Skandinavien) noch kein Chaos ausgebrochen ist.