Wie lange bleibt die Anrufungsauskunft noch gebührenfrei?

„Nichts im Leben ist umsonst, nur der Tod – und der kostet das Leben.“ So lautet ein altes deutsches Sprichwort. Doch es gibt sie noch, die guten und kostenlosen Dinge, und zwar im Steuerrecht. Speziell meine ich die lohnsteuerliche Anrufungsauskunft nach § 42e EStG.

Mögliche Antragsteller einer Anrufungsauskunft sind der Arbeitgeber, der die Pflichten des Arbeitgebers erfüllende Dritte im Sinne von § 38 Abs. 3a EStG und der Arbeitnehmer. Eine Anrufungsauskunft können auch Personen beantragen, die nach Vorschriften außerhalb des EStG für die Lohnsteuer haften, z.B. gesetzliche Vertreter, Vermögensverwalter und Verfügungsberechtigte i. S. des §§ 34 und 35 AO. Die Anrufungsauskunft ist stets gebührenfrei (vgl. BMF v. 12.12.2017, BStBl 2017 I S.1656).

Doch wie lange bleibt die Gebührenfreiheit noch erhalten? Jedenfalls konnte ich kürzlich ein Gespräch mit zwei hochrangigen Vertretern der Finanzverwaltung führen. Sie beklagten sich darüber, dass in letzter Zeit die Anrufungsauskünfte stark zugenommen hätten, ja nahezu explodierten. Schuld seien die vermehrt auftretenden Nettolohn-Optimierer, also Steuer- und Rechtsanwaltskanzleien – zum Teil im Verbund mit Unternehmensberatern –, die sich auf das Thema „Mehr Netto vom Brutto“ spezialisiert haben. Diese beraten zahlreiche Unternehmen und sichern ihre Empfehlungen anschließend mittels Anrufungsauskünften ab – kostet ja nix.

Ich bin nun der Letzte, der den Nettolohn-Optimierern von ihren Anrufungsauskünften abraten würde. Aber man muss wissen, dass die Vertreter der Finanzverwaltung mir gegenüber auch geäußert haben, dass der Personaleinsatz – und damit die Kosten – für die Bearbeitung der Anrufungsauskünfte sprunghaft gestiegen seien. Das erinnert mich an die seinerzeitige Diskussion über die Einführung von Gebühren für die verbindliche Auskunft. Damals sagte mir ein Mitarbeiter eines Landesfinanzministeriums, dass man es „so satt habe, so genannte Vorratsauskünfte zu erteilen, also Auskünfte zu geplanten Gestaltungen, die anschließend gar nicht realisiert werden“ (O-Ton).

Auch damals ist das Instrument der gebührenfreien Auskunft von einigen wenigen Vertretern unseres Berufsstandes überstrapaziert worden und hat die Finanzverwaltung bzw. den Gesetzgeber zum Handeln bewogen. Ich befürchte – und wage die Prognose –, dass auch Anrufungsauskünfte nicht mehr lange kostenfrei bleiben. Lassen Sie uns in zwei Jahren schauen, ob ich mit meiner Prognose richtig gelegen habe. Ausnahmsweise würde es mich freuen, wenn ich daneben liege.

Wie ist Ihre Auffassung zu dem Thema? Es würde mich freuen, wenn sich Vertreter der Finanzverwaltung an der Diskussion beteiligen.

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