Wie ein BMF-Schreiben (sprachlich) in die Irre führen kann

Kürzlich habe ich einen kleinen Blog-Beitrag zum Thema „Abfindungen mit Auslandsbezug“ geschrieben und bereits darauf hingewiesen, dass das Schreiben des BMF vom 3.5.2018 (BStBl 2018 I S. 643) zwar lobenswert, aber an der einen oder anderen Stelle dennoch mit Vorsicht zu genießen ist. Rechtlich mag es einwandfrei sein, sprachlich ist es aber doch ­– wie soll ich sagen – nicht ganz bürgerfreundlich. Bei dem Punkt „Vorsorgeaufwendungen“ musste ich doch genauer hinschauen, um nicht in die Falle zu tappen.

In Rz. 76 des BMF-Schreibens heißt es: „Vorsorgeaufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, sind nach § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich nicht als Sonderausgaben abziehbar … Sie mindern außerdem nicht die Höhe der im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigenden Einkünfte.“

Fast etwas unscheinbar kommt dann die Rz. 77 daher: „Auf das BMF-Schreiben vom 11. Dezember 2017, BStBl 2017 I S. 1624 zur Anwendung des EuGH-Urteils vom 22. Juni 2017 – C-20/16 „Bechtel” wird in diesem Zusammenhang hingewiesen.“

Da erscheint die Rz. 77 fast wie ein Anhängsel, das die Aussage in Rz. 76 lediglich bestätigen will. Aber aufgepasst: Entgegen des Wortlauts in Rz. 76 lässt die Finanzverwaltung bereits ab dem 11.12.2017 für alle noch offenen Fälle den Sonderausgabenabzug für im Ausland gezahlte Sozialabgaben unter bestimmten Bedingungen zu.

Also, liebe Verfasser solcher BMF-Schreiben: Aus redaktioneller Sicht wäre es schön, wenn Ihr das Wesentliche im ersten Absatz und das Unwesentliche im zweiten Absatz bringen würdet. Als Sportreporter würdet Ihr ja auch nicht zunächst die hervorragende Leistung einer Fußballmannschaft würdigen, um ganz am Ende darauf hinzuweisen, dass diese 0:5 verloren hat.

Übrigens: Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes gegen Unionsrecht soll § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG geändert werden. Zu Einzelheiten vgl. Hörster, Kabinett beschließt „Jahressteuergesetz 2018“ unter neuem Namen, NWB 33/2018 S. 2393.

Weitere Informationen:
BMF v. 03.05.2018 – IV B 2 – S 1300/08/10027
Hörster, Kabinett beschließt „Jahressteuergesetz 2018“ unter neuem Namen, NWB 33/2018 S. 2393 (für Abonnenten kostenfrei)

 

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?

    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

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