Wertlose Aktien und andere Wertpapiere: Gesetzgeber rudert zurück – oder doch nicht?

Seit Jahren gibt es Streit hinsichtlich der Frage, wie mit wertlos geworden Aktien beziehungsweise Wertpapieren allgemein steuerlich umzugehen ist. Die Finanzverwaltung will grundsätzlich Verluste aus wertlosen Aktien bei der reinen Ausbuchung aus dem Depot nicht anerkennen. Und sie hat sich auch jahrelang geweigert, Verluste aus Veräußerungen anzuerkennen, wenn die Veräußerungskosten den Erlös übersteigen.

Nachdem jedoch mehrere Finanzgerichte die harte Haltung der Finanzverwaltung zurückgewiesen haben, hat sie auf den Gesetzgeber einwirken wollen und eine gesetzliche Lösung präferiert. Im Entwurf des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität („Jahressteuergesetz 2019“) war vorgesehen, dass zukünftig bestimmte Verluste aus Kapitalanlagen im Privatvermögen nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden können. Konkret sollten u.a. Verluste durch Verfall von Optionen und Verluste durch Ausfall einer Kapitalforderung oder der Ausbuchung einer wertlosen Aktie nach § 20 Absatz 2 EStG nicht mehr berücksichtigt werden. Es ist auch allgemein davon ausgegangen worden, dass die Änderung des § 20 Abs. 2 EStG verabschiedet werden wird. Doch nun die große Wende – oder doch nicht?

Punkt a: Die genannten Regelungen wurden aus dem Gesetz bzw. dessen Entwurf entfernt. Bei der Frage der steuerlichen Behandlung von ausgefallenen Kapitalforderungen konnten sich die Koalitionsfraktionen nicht einigen. Das Thema sei sehr komplex. Es sei nicht einfach, die künftigen Reaktionen am Markt zu antizipieren. Man habe sich daher vorgenommen, diese noch offene Frage zeitnah zu regeln.

Punkt b: Ganz aktuell berichtet die FAZ, dass die steuerliche Behandlung von Totalverlusten aus Kapitalanlagen nun doch geändert werden soll. Am Montag habe die Regierungskoalition dem Finanzausschuss des Bundestages einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Dieser sehe eine differenziertere Behandlung vor. Verluste aus Wertpapiergeschäften, die nicht im Zuge des Verkaufs eines Wertpapiers entstehen, dürfen danach bis zu einer Höhe von 10.000 Euro abgezogen werden. Verluste aus dem Verfall von Optionen sollen künftig nur mit Gewinnen aus der gleichen Einkommensart verrechnet werden dürfen.

Was soll man davon noch halten?

Zu Einzelheiten siehe:

https://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/steuern-sparen/doch-neue-steuerregelung-fuer-totalverluste-16480126.html?GEPC=s5

Hinweis:  Anleger sollten angesichts der derzeitigen Diskussion prüfen, ob es sinnvoll ist, wertlos gewordene Aktien beziehungsweise Wertpapiere noch in 2019 zu veräußern. Interessierte sollten das Urteil des FG München vom 17.7.2017 zur Hand nehmen. Dieses hat seinerzeit entschieden, dass auch eine gegenseitige Veräußerung wertloser Anteile zwischen fremden Dritten kein Gestaltungsmissbrauch ist. Dementsprechend können die Verluste verrechnet werden (Urteil vom 17.7.2017, 7 K 1888/16). Allerdings liegt hier noch immer die Revision vor (VIII R 9/17).

Weitere Informationen:

FG München v. 17.07.2017 – 7 K 1888/16
Verfahrensverlauf | BFH – VIII R 9/17 – anhängig seit 20.09.2017

Lesen Sie in der NWB Datenbank hierzu auch:

Ronig, Abgeltungsteuer, infoCenter
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