Das bis 2013 geltende Reisekostenrecht beschäftigt nach wie vor die Finanzgerichte und mithin auch Steuerbürger und ihre Berater. Gerade der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte ist Bestandteil diverser Gerichtsentscheidungen der jüngeren Zeit gewesen. Zum Hintergrund: Bis einschließlich 2013 galt statt des Begriffs der „ersten Tätigkeitsstätte“ der Begriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“. Wer über keine solche regelmäßige Arbeitsstätte verfügte, etwa als Lkw-Fahrer, konnte die Fahrten zur Übernahme des Fahrzeugs nach Dienstreisesätzen (also 0,30 EUR je gefahrenen Km) geltend machen und außerdem Verpflegungspauschbeträge beanspruchen. Doch es gab immer wieder Grenzfälle.
Kürzlich hat der BFH erfreulicherweise entschieden, dass ein Lkw-Fahrer auch dann keine regelmäßige Arbeitsstätte hat, wenn er häufiger in der Werkstatt mit Reparaturarbeiten an Fahrzeugen befasst ist, aber überwiegend eine Fahrtätigkeit ausübt (Urteil vom 29.8.2018, VI R 10/16).
Der – verkürzt dargestellte – Sachverhalt: Ein Lkw-Fahrer übernahm jeweils am Firmensitz einen Lkw und lieferte Fracht an Kunden aus. Die reine Fahrtätigkeit bestand an 139 Tagen. An 91 Tagen war er in der Werkstatt, die sich am Firmensitz der Arbeitgeberin befand, mit Reparaturarbeiten an Fahrzeugen beschäftigt. Das Finanzamt versagte dem Lkw-Fahrer teilweise den Abzug seiner Verpflegungspauschalen. Da er am Firmensitz seiner Arbeitgeberin eine regelmäßige Arbeitsstätte innehabe, richte sich die Höhe der Mehraufwendungen für Verpflegung nach der Abwesenheitsdauer vom Betrieb und nicht von der Wohnung. Dadurch wurde die Mindestabwesenheitszeit nicht immer erreicht. Auch seien Fahrtkosten nur mit der Entfernungspauschale abziehbar. Dem ist der BFH entgegengetreten.
Die Begründung des BFH: Eine regelmäßige Arbeitsstätte ist der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen der Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit. Im Urteilsfall war dies die auswärtige Fahrtätigkeit des Klägers. Über einen Tätigkeitsmittelpunkt (am Firmensitz) verfügte er somit nicht. Dem steht der Umstand, dass er neben seiner auswärtigen Fahrtätigkeit auch in minderem Umfang mit Reparaturarbeiten in der Werkstatt und damit im „Innendienst“ in einer betrieblichen Einrichtung seiner Arbeitgeberin beschäftigt war, nicht entgegen.
Die Höhe der Mehraufwendungen für Verpflegung richtet sich mithin nach der Abwesenheitsdauer des Arbeitnehmers von seiner Wohnung (am Ort des Lebensmittelpunkts) und nicht vom Betriebssitz.
Das Urteil sollte in anhängigen Streitfällen (bis einschließlich 2013) angeführt werden.
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