Das Vorhaben des BMF, die Finanzanlagenvermittler künftig durch die Bankenaufsicht BaFin prüfen zu lassen, ist auf massive Kritik gestoßen: Der Bundesrat hat am 15.5.2020 nun beschlossen, das entsprechende Gesetzesvorhaben zunächst „auf Eis“ zu legen und die bisherigen Strukturen zu evaluieren.
Hintergrund
Deutschlandweit gibt es rund 38.000 Finanzanlagenvermittler. Als Gewerbetreibende benötigen sie neben der Gewerbeanzeige (§ 14 GewO) auch eine besondere Erlaubnis nach § 34f GewO. Nach Schätzungen der Länder haben rund 80 Prozent der Finanzanlagenvermittler zusätzlich eine Erlaubnis als Versicherungsvermittler nach § 34d GewO (BT-Drs. 19/18217 v. 16.3.2020). Für den Vollzug des § 34f GewO und damit die Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler sind die Länder zuständig. Während bei den Versicherungsvermittlern (§ 34d GewO) bundesweit die IHKs zuständig sind, haben die Länder bei den Finanzanlagenvermittlern die Aufgabe in sieben Ländern den Gewerbeämtern, in neuen Ländern hingegen auf die IHKs übertragen (BR-Drs. 163/20 v. 15.5.2020). Nach dem Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)“ soll eine Angleichung an die Aufsicht über Wertpapierdienstleistungsunternehmen erfolgen; dies soll in einem wettbewerbsintensiven Markt eine einheitliche Aufsicht ermöglichen (BR-Drs. 163/20 v. 3.4.2020).
Bundesrat fordert weitere Evaluierung
Der Bundesrat hat sich am 15.5.2020 mit dem Thema befasst (BR-Drs.163/20; 163/1/20). Der Wirtschaftsausschuss lehnt die Übertragung auf die BaFin vollständig ab: Es lägen keine Missstände vor, die eine Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erforderlich machen würden. Die bisherige Regelung habe sich bewährt. Eine Übertragung auf die BaFin wäre mittelstandsfeindlich und würde auch aus Sicht des Verbraucherschutzes keine Verbesserung bringen.
Im Finanzausschuss war ein gespaltenes Meinungsbild das Ergebnis. Dem Vorschlag des Finanzausschusses folgend (BR-Drs. 163/1/20 Nr.2) soll jetzt zunächst eine Evaluierung der bisherigen Arbeit der IHKs beim Thema Finanzanlagenvermittler abgewartet werden: Es sei unklar, wie die Vereinheitlichung der Aufsicht bei der BaFin finanziell und organisatorisch tatsächlich umgesetzt werden soll. Daher bittet der Bundesrat die Bundesregierung, den tatsächlichen Personalbedarf und die jährlichen Kosten, die durch die BaFin-Aufsicht für die Wirtschaft tatsächlich entstehen werden, erneut zu prüfen. Eine besondere Eilbedürftigkeit, eine beschleunigte Behandlung des Gesetzentwurfs rechtfertigen, ist nach Ansicht des Bundesrates nicht ersichtlich. Gerade unter den Bedingungen der Corona-Krise seien auch Finanzwirtschaft und Aufsichtsbehörden damit beschäftigt, die finanziellen Auswirkungen der Krise zu bewältigen. Die Übertragung der Aufsicht auf die BaFin erfordere eine bessere Vorbereitung. Eine angemessene parlamentarische Beratung sei in dem als eilbedürftig eingebrachten Gesetzentwurf aktuell nicht gewährleistet. Von der weiteren Beratung des Gesetzentwurfes soll aus Sicht des Bundesrates deshalb zunächst abgesehen werden.
Bewertung
Mit der Entscheidung des Bundesrates ist erfreulicherweise ein schlecht vorbereiteter „Schnellschuss“ zunächst verhindert worden, die Dinge bleiben wie sie sind. Schon der Normenkontrollrat hatte bemängelt, dass es keine hinreichenden Gründe für eine Notwendigkeit der Zuständigkeitsübertragung auf die BaFin gebe. Das Interesse an einer wirksamen Aufsicht über Finanzanlagenvermittler ist angesichts eines wirksamen Anlegerschutzes zwar zu begrüßen.
Allerdings können die IHKs und örtlichen Gewerbeämter aufgrund ihrer Ortsnähe die Aufsicht viel effektiver gewährleisten als die BaFin. Hinzu kommt, dass eine Übertragung der Aufsicht auf die BaFin eine erhebliche Kostenmehrbelastung mit sich brächte: Die Bundesregierung geht selbst davon aus, dass die von Finanzanlagenvermittlern zu tragenden Aufsichtskosten rund 36,4 Mio. Euro betragen werden, hinzu käme ein wiederkehrender Erfüllungsaufwand von 971.000 Euro im Jahr (BT-Drs. 19/18217 v.16.3.2020). Inakzeptabel!
Quellen