Ob eine offenbare Unrichtigkeit und damit die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO gegeben ist, ist in der Praxis regelmäßig umstritten. So auch in einem aktuell anhängigen Verfahren beim BFH (Az: IX R 23/18).
Im Urteilsfall hatte der Sachbearbeiter des Finanzamtes trotz ordnungsgemäßer Erklärung in der Einkommensteuererklärung ein Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG als steuerfrei behandelt, weil im Rahmen der maschinellen Verarbeitung eine falsche Eingabe gesetzt wurde. Dies allein könnte man gegebenenfalls noch als offenbare Unrichtigkeit erkennen.
Im Fortgang des Verfahrens wurde die Steuererklärung jedoch als Intensivprüfungsfall eingestuft, weshalb es zu einer zusätzlichen Prüfung durch einen Sachbearbeiter der Qualitätssicherungsstelle kam und dann im Anschluss auch noch eine abschließende Sichtung und Zeichnung der Sachgebietsleiter stattgefunden hat. Niemanden ist der Fehler aufgefallen. Dennoch urteilt das FG Köln in erster Instanz am 14.6.2018 (Az: 15 K 271/16), dass der Umstand, dass der Steuerfall von drei Personen geprüft wurde und die dem Veranlagungsbearbeiter nachfolgenden Bearbeiter/Sachgebietsleiter den Fehler nicht entdeckt haben, weder die Offenbarkeit des Fehlers entfallen lässt, noch hierdurch ein mehr als theoretisch denkbare Fehler in der rechtlichen Würdigung anzunehmen ist.
Diese Auffassung des erstinstanzlichen Gerichtes ist jedoch abzulehnen. Man bedenke nur, dass im vorliegenden Fall sowohl die Qualitätssicherung, als auch der Sachgebietsleiter den (wahrscheinlich) mechanischen Fehler des Kollegen nicht berichtigt haben. Dies lässt nur drei Schlüsse zu: Entweder die Arbeit im Finanzamt ist von so schlechter Qualität, dass selbst die Qualitätssicherungsprüfung eines Intensivprüfungsfall und die abschließende Sichtung und Zeichnung der Sachgebietsleiter keine Bedeutung haben, was im Endeffekt jedoch auch dazu führen müsste, dass beim Finanzamt alles infrage zu stellen ist.
Soweit möchte ich jedoch nicht gehen. Selbst wenn jedoch sowohl durch die Qualitätssicherung als auch durch die Sachgebietsleiter tatsächlich keine weitere Prüfung mehr stattgefunden hat, muss diese jedoch aufgrund der Zeichnung unterstellt werden. Andernfalls hätte das Abzeichnen eines Arbeitsvorgangs zu dessen Dokumentation keinerlei Bedeutung mehr. Wird nun aber eine weitergehende Prüfung durch zwei weitere Ebenen unterstellt bzw. hat ja hier angeblich tatsächlich stattgefunden, muss davon ausgegangen werden, dass entweder der Fehler nicht offenbar war oder eine rechtliche Würdigung stattgefunden hat. Damit liegt eine offenbare Unrichtigkeit meines Erachtens nicht vor.
Die Entscheidung des BFH wird mit Spannung zu erwarten sein.
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