Unverändert hat uns „Corona“ im Griff. Entgegen anderer Länder scheint es in der Europäischen Union allgemein und in Deutschland im Besonderen nicht zu gelingen, mit einer schnellen Impfstrategie ein schnelles Ende der Belastungen zu erreichen. Während in zahlreichen Bereichen der Wirtschaft das Geschäft brummt, darben andere Branchen. Daneben gibt es aber auch immer wieder Unternehmen, die auch ohne „Corona“ in Schwierigkeiten wären.
In vielen Fällen wird versucht, Unternehmen mittels Restrukturierungen wieder auf das Gleis zu setzen. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass ein Scheitern insolvenzrechtliche Haftungsrisiken und strafrechtliche Risiken für die gesetzlichen Vertreter nach sich ziehen kann. In diesem Blog werden beispielhaft einige wichtige Risiken adressiert.
Zuerst wird bei den Risiken sicher an Haftungsrisiken aufgrund Verletzung der Insolvenzantragspflicht gedacht, weil bei Vorliegen eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung den Pflichten nach § 15a InsO nicht rechtzeitig nachgekommen wurde. Das betrifft vorrangig Vorstände von Aktiengesellschaften und Geschäftsführer von GmbHs einschließlich Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft einer atypischen Personenhandelsgesellschaft, wie bei der GmbH & Co. KG.
Die vom Gesetzgeber in § 15a InsO eingeräumten Fristen zur Antragstellung, 3 Wochen im Fall der Zahlungsunfähigkeit und 6 Wochen bei Überschuldung, dürfen dabei nicht in jedem Fall in Anspruch genommen werden. Deren Ausschöpfung setzt voraus, dass konkrete und begründete Aussicht auf Abwendung der Insolvenz innerhalb der Frist besteht. Soweit auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch das CovInsAG zurückgegriffen wird, um einen Insolvenzantrag zu vermeiden, muss das Vorliegen der Voraussetzungen hierfür belegt werden können.
Wird der Insolvenzantragspflicht nicht oder verspätet nachgekommen, drohen den antragspflichtigen Personen zivilrechtliche Haftungsrisiken gegenüber der Gesellschaft bzw. deren Insolvenzverwalter und auch gegenüber Gläubigern der insolventen Gesellschaft. Gegenüber der Gesellschaft ist dabei insbesondere an eine Haftung wegen unzulässiger Zahlungen zu denken. Regelungen hierzu sind infolge des SanInsFoG nicht mehr in § 64 GmbHG und § 92 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, sondern in § 15b InsO zu finden.
Danach sind nach Eintritt der Insolvenz (masseschmälernde) Zahlungen verboten, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. Im Gesetz wird dann konkreter abgegrenzt, welche Zahlungen unter das Zahlungsverbot fallen können und welche nicht. So können etwa Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs bei Aussicht auf Beseitigung der Insolvenzreife zulässig sein. Ein Verstoß gegen das Zahlungsverbot zieht eine Ersatzpflicht der Vertreter nach sich, die regelmäßig vom Insolvenzverwalter geltend gemacht wird. Ein Problem kann schon der Einzug von Forderungen der Gesellschaft auf ein debitorisches Geschäftskonto darstellen. Zu Zahlungen im Restrukturierungsverfahren nach StaRUG vgl. § 89 Abs. 3 StaRUG.
Das Zahlungsverbot stellt ein Minenfeld dar, weswegen Im Zweifel externer Sachverstand herangezogen werden sollte. Den gesetzlichen Vertretern wird es kaum gelingen, sich mit Unwissen aus ihrer Haftung herauszureden; Fahrlässigkeit reicht aus. Über die schon bisher strenge Rechtsprechung hinaus obliegen den Geschäftsleitern nach § 1 Abs. 1 StaRUG die Pflichten, fortlaufend über Entwicklungen zu wachen, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden können, ggf. geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen sowie Überwachungsorganen unverzüglich Bericht zu erstatten.
Wird im Rahmen eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens nach StaRUG mittels vorsätzlich oder fahrlässig unrichtiger Angaben eine Stabilisierungsanordnung nach StaRUG erwirkt, ist der Geschäftsleiter nach § 54 StaRUG den davon betroffenen Gläubigern zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese durch die Anordnung erleiden. Dies gilt nicht, wenn den Geschäftsleiter kein Verschulden trifft.
Neben dem Haftungsrisiko gegenüber der Gesellschaft besteht bei unterlassener rechtzeitiger Stellung eines Insolvenzantrags ggf. auch ein Risiko deliktischer Haftung gegenüber Gläubigern der Gesellschaft aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 15a InsO dar. Letzterer stellt ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB dar. Dabei ist zwischen dem Quotenschaden der Altgläubiger und dem vollen Schaden der Neugläubiger zu unterscheiden. Auch strafrechtliche Normen können als Schutzgesetz idS. infrage kommen.
Schließlich bestehen erhebliche strafrechtliche Risiken, insb. nach § 15a Abs. 4, 5 InsO wegen Insolvenzverschleppung aufgrund eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Stellung eines Eröffnungsantrags und aufgrund Bankrottdelikten nach §§ 283 ff. StGB. Weitere Risiken könne sich aus einem Eingehungsbetrug nach 263 StGB oder aus dem Vorenthalten von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung nach § 266a StGB ergeben.
Wie man sieht, Risiken für die gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft in der Krise sind erheblich. Es ist daher dringend zu empfehlen, jegliche Feststellungen und Handlungen zu begründen und dies zu dokumentieren, um im Falle eines Scheiterns ordnungsgemäßes Verhalten belegen zu können.
Zum Thema siehe:
Hacker/Schumann, Insolvenzrechtliche Haftungsrisiken der Geschäftsleitung, WPg 2020, S. 1453 ff.