In den USA machte gerade der Umzug eines Hedgefonds-Managers Schlagzeilen. Dabei interessiert man sich allerdings weniger für das Privatleben des Mannes. Vielmehr sorgt das aus dem Umzug resultierende 100-Mio-Haushaltsloch für eher verhaltene Reaktionen vor Ort. Kann so etwas auch hierzulande passieren?
Gern wird in Deutschland ja über die Abzugsfähigkeit von Umzugskosten diskutiert. Eine ganz andere Dimension erhält die steuerliche Betrachtung von Umzügen, wenn zwischen den Orten ein Steuersatzgefälle besteht. In den USA etwa ist das üblich, da jeder Bundesstaat eine eigene Einkommensteuer erhebt. Naja, nicht jeder Bundesstaat. Wer etwa – wie der Hedgefonds-Mann in unserem Fall – von New Jersey (8,9 % ESt) nach Florida (0 % ESt) zieht, kann richtig viel Geld sparen. Vor allem, wenn man bis zu 4 Mrd. Dollar im Jahr verdient. Dann führt die „Steuerflucht“ des Einzelnen zum Wegfall eines neunstelligen Habenpostens im Haushalt. Kein Wunder also, dass die Finanzverwaltung dort abwanderungswilligen Milliardären mittlerweile Besuche abstattet, um sie zu überreden, wenigstens einen Teil des Geschäfts zurückzulassen.
Die Abhängigkeit von einzelnen Steuerzahlern ist bei der Erhebung lokaler Steuern hausgemacht. Durch die zunehmende Öffnung der Arm-Reich-Schere dürften solche Fällen noch öfter auftreten. Ein ähnliches Szenario ergab sich im vergangenen Jahr bei unseren eidgenössischen Nachbarn. Nach dem sich der CEO des Rohstoff-Riesens Glencore im Jahr 2014 quasi selbst noch eine Dividende von etwa 200 Mio. Schweizer Franken zahlte, entwickelten sich die Geschäfte in der Folge alles andere als rosig. Mit der Aussetzung von Dividendenausschüttungen musste Rüschlikon, die kleine Heimatgemeinde des CEO, gleich einmal 10 Mio. Franken weniger im Haushalt einplanen.
Und auch hierzulande ist der Einfluss einzelner Steuerzahler bedenklich. Ein solches Problem hat aktuell etwa das Städtchen Lützen in Sachsen-Anhalt. In einem früheren Nachbarort hatte sich vor Jahren eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank angesiedelt. Bei der Standortwahl dürfte für die 200-Seelen-Gemeinde mitten im Nirgendwo die Anwendung des Gewerbesteuermindesthebesatzes wohl den Ausschlag gegeben haben. Inzwischen ist das Dorf ein Ortsteil von Lützen; der Mindesthebesatz gilt übergangsweise weiter. Nun hat das zuständige Finanzamt eine Nachzahlung errechnet, die im Umfang über 100 Mio. € als Gewerbesteuer der Stadt zufließen soll. Das Problem: in Lützen möchte man das Geld gar nicht. Denn die Deutsche Bank will prozessieren. Geht der Rechtsstreit für die Verwaltung verloren, muss die Steuer mit 6 % Zinsen erstattet werden. Und bis dahin ist ein Großteil der Steuereinnahmen längst durch verschiedene Umlagen an andere Gebietskörperschaften abgeflossen. Der Fall offenbart so viele Probleme, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Das denkt sich auch der Gesetzgeber und unternimmt erstmal gar nichts. In diesem Sinne – schönes Wochenende!
Sehr interessanter Beitrag, danke!