Mit Urteil vom 26.11.2020 (5 K 2414/19) hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass die Umsätze eines selbständigen Zauberers in Form von Darbietungen auf dem Gebiet der Zauberei und der Ballonmontage dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.
Hintergrund
In 2017 und 2018 war der Kläger als selbständiger Zauberer tätig. Er stellte seine Dienste auf betrieblichen und privaten Feiern zur Verfügung. Sowohl die klassische Bühnenzauberei als auch die sogenannte „Close-up“-Zauberei, die klassische „Manipulation“ sowie das Fertigen von Ballonskulpturen zählten zu seinen Angeboten. Daneben trat er jährlich als Nikolaus auf und veröffentlichte mehrere Bücher. In seiner Umsatzsteuererklärung der Jahre 2017 und 2018 erklärte der Mann für seine Auftritte als Nikolaus und Zauberer ermäßigt besteuerte Umsätze. Für die übrigen Tätigkeitsbereiche erklärte er regelbesteuerte Umsätze. Das Finanzamt war der Auffassung, dass seine gesamten Umsätze dem Regelsteuersatz unterliegen, da die Auftritte als Zauberer oder Nikolaus nicht „theaterähnliche Darbietungen“ darstellten. Das Finanzamt erließ entsprechende Bescheide mit dem Regelsteuersatz in Höhe von 19 Prozent. Das Einspruchsverfahren führte nicht zum Erfolg.
Zauberdarbietung ist der Theateraufführung vergleichbare Darbietung
Das Finanzgericht Münster entschied, dass die Darbietungen auf dem Gebiet der Zauberei und der Ballonmodellage dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent unterliegen (§ 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG). Denn ein ermäßigter Steuersatz greife nach der Vorschrift für Theater, Konzerte, Museen und eben auch für solche Darbietungen, die mit Theatervorführungen und Konzerten vergleichbar seien. Bei der Auslegung der Begriffe „Theater“ und „den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbare Darbietungen“ seien gem. dem Gericht speziell diejenigen Leistungen einheitlich zu behandeln, die aufgrund ihrer Gleichartigkeit in einem Wettbewerb stünden. Bei dem Kläger handele es sich um einen ausübenden Künstler, der mit seiner Tätigkeit als Zauberer und auf dem Gebiet der Ballonmodellage eine einer Theatervorführung vergleichbare Darbietung erbringe, denn er habe eigenschöpferische Leistungen in einem theaterähnlichen Rahmen erbracht. Für die Vorführungen des Klägers als Nikolaus bleibe es, so der 5. Senat des Finanzgerichtes, demgegenüber bei der Anwendung des umsatzsteuerlichen Regelsteuersatzes.
Auswirkungen auf andere künstlerisch ausgeübte Tätigkeiten?
Mit der getroffenen Entscheidung schließt sich das Gericht der bereits in der Literatur vorzufindenden weiten Auslegung des Begriffs der theaterähnlichen Leistungen an, nach welcher die Leistungen eines Zauberkünstlers mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert werden können, soweit die Aufführungen den begünstigten Vorführungen einer Kleinkunstbühne oder eines Varieté-Theaters vergleichbar sind. Von Bedeutung dürfte das Urteil ebenso für andere künstlerisch ausgeübte Tätigkeiten, wie etwa Bauredner und Jongleure sein, soweit ihre Tätigkeiten und Darbietungen eigenschöpferisch geprägt sind und in einen theaterähnlichen Kontext erbracht werden.
Weitere Informationen:
- Finanzgericht Münster vom 26.11.2020 – 5 K 2414/19 (justiz.nrw.de)
- Details zu diesem Urteil in der NWB Online – Nachricht: Umsatzsteuer | Umsätze eines Zauberkünstlers (FG)
Ein wichtiges und wegweisendes Urteil! Lange Zeit gab es große Unsicherheit für uns hauptberuflichen Zauberkünstler in Bezug auf die Umsatzsteuer. Die künstlerische Schaffenshöhe ist bei den meisten meiner Zauberkollegen überaus ausgeprägt; meistens wird sogar jede Darbietung nahezu komplett neu erschaffen. Mit diesem Urteil wird endlich auch die lange Geschichte der ZauberKUNST gewürdigt. Herzlichen Dank für diese Darstellung auf eurer Homepage. Viele Grüße aus der Nähe von Köln.