WEG-Sonderumlage von Prozesskosten – Wer muss zahlen?

Der BGH hat ganz aktuell entschieden, dass auch ein gegen die Eigentümergemeinschaft obsiegender Miteigentümer die Prozesskosten der unterlegenen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anteilig mitfinanzieren muss (BGH, Urteil v. 19.7.2024 – V ZR 139/23).

Hintergrund

Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist zuletzt in 2020 umfangreich reformiert worden, ich habe im Blog berichtet. Nach § 16 Abs. 2 WEG hat jeder Wohnungseigentümer die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, nach dem Verhältnis seines Anteils (§ 16 Abs. 1 S. 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können aber für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

Sachverhalt im Streitfall

Die Klägerinnen sind Mitglieder der beklagten WEG und Eigentümer jeweils einer der insgesamt acht Wohnungseigentumseinheiten. In der Gemeinschaftsordnung der WEG aus dem Jahr 2019 ist geregelt, dass die Verwaltungskosten zu gleichen Teilen auf die Wohnungseigentumseinheiten umgelegt werden.

Im Jahr 2021 fochten die Klägerinnen beim Amtsgericht einen von den Eigentümern gefassten Beschluss an. Das Amtsgericht gab der Klage statt und verurteilte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer rechtskräftig dazu, die Kosten des Vorprozesses zu tragen. Anschließend beschlossen die Eigentümer im April 2022, diese Kosten durch eine Sonderumlage aller Miteigentümer zu finanzieren. Hierfür sollte je Wohnungseigentumseinheit ein Betrag in Höhe von 799,21 € gezahlt werden, mithin auch von jeder der Klägerinnen, obwohl diese den angestrengten Prozess gewonnen hatten. Hiergegen wehrten sich die Klägerinnen gerichtlich durch Anfechtung des WEG-Umlagebeschlusses.

Entscheidung des BGH

Der BGH hat die gegen die Beschlussfassung der Sonderumlage gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen und festgestellt, dass die Sonderumlage ordnungsgemäßer WEG-Verwaltung entspricht. Dies hat zur Folge, dass nach dem in der Gemeinschaft geltenden Kostenverteilungsschlüssel die Prozesskosten des Vorprozesses auch auf die obsiegenden Anfechtungsklägerinnen umzulegen waren.

Kosten, die der Gemeinschaft in einem Beschlussklageverfahren auferlegt worden sind, sind Verwaltungskosten der Gemeinschaft (§ 16 Abs.2 S.1 WEG), an denen sämtliche Wohnungseigentümer unabhängig von ihrer Parteistellung im Prozess zu beteiligen sind. Eine einschränkende Auslegung des § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG kommt nach BGH-Ansicht nicht in Betracht. Zwar sei nicht von der Hand zu weisen, dass diese Kostenfolge – insbesondere in kleinen Gemeinschaften – potentielle Beschlusskläger von einer Klage abhalten könne. Es fehle aber an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz. Dass der Gesetzgeber übersehen hat, dass § 16 Abs. 2 S. 1 WEG aufgrund der nunmehrigen Parteistellung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei Beschlussklagen auch die Kosten des obsiegenden Beschlussklägers erfasst, kann laut BGH nicht angenommen werden.

Konsequenzen für die Praxis

Eigentümer, die Mitglieder einer WEG sind, müssen beachten, dass Klagen gegen WEG-Beschlüsse seit dem 1.12.2020 nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten sind (§ 44 Abs. 2 S. 1 WEG).

Zwar ist es nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG zulässig, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von dem vereinbarten bzw. gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Verteilung durch die Eigentümergemeinschaft zu beschließen. Eine derartige Entscheidung bedarf aber einer gesonderten Beschlussfassung vor Erhebung der Sonderumlage.

Solange eine solche Beschlussfassung zur Änderung der Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG nicht erfolgt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt worden ist, entspricht es folglich ordnungsmäßiger Verwaltung, bei der Beschlussfassung über eine Sonderumlage den geltenden und von der WEG beschlossenen  Kostenverteilungsschlüssel anzuwenden. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn den Eigentümern gar nicht bewusst war, dass sie vorab einen anderen Kostenverteilungsschlüssel hätten beschließen können.

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