Watchmaster – Millionenraub als Grund für Insolvenz?

Einblick in die veröffentlichten Bilanzen offenbaren „Gewinndiebstahl“

Sie haben die Meldung vielleicht auch gelesen: Der Onlinehändler Watchmaster, der mit gebrauchten Uhren handelt, hat Insolvenz angemeldet. Der Grund? Es wurden Uhren im Wert von mehreren Millionen Euro gestohlen. Doch bereits in der Vergangenheit sahen die Bilanzen alles andere als rosig aus.

Ein Blick in den Bundesanzeiger verrät: Die letzte veröffentlichte Bilanz stammt aus dem Jahr 2020. Nicht verwunderlich, denn für die Veröffentlichung der Zahlen von 2021 hat das Start-up bis Ende dieses Jahres Zeit. Als Onlinehändler war Watchmaster jedenfalls nicht vom Lockdown während der Pandemie betroffen. Ich würde eher annehmen, dass Watchmaster davon profitiert hat wie auch viele andere Onlinehändler während dieser Zeit.

Einblicke in den Lagebericht

Zu den Marktgegebenheiten ein kleiner Auszug aus dem Lagebericht 2020:

„Auf der Endkundenseite entsteht derzeit ein Trend bei immer mehr jungen Menschen, zertifizierte Luxus-Gebrauchtwaren anstatt Neuware zu kaufen. Nach den Prognosen der Boston Consulting Group wird bis zum Jahr 2025 die Hälfte der weltweiten Ausgaben für Luxusgüter von der sogenannten Generation Y stammen. Nach dem gemeinsamen Bericht von BCG und Altagamma handeln 54 % der Generation Z mit gebrauchten Luxusgütern. Demnach wird sich der Trend nach gebrauchten Luxusuhren wahrscheinlich fortsetzen.

Watchmaster hat jetzt schon eine führende Marktstellung im Bereich des Online-Handels von zertifizierten gebrauchten Luxusuhren. Ende Mai 2021 ist Watchmaster mit mehr als 2.000 sofort lieferbaren Luxus-Gebrauchtuhren mit Abstand der größte Händler vor Chronext mit ca. 1.200 und Cresus mit ca. 512 verfügbaren Gebrauchtuhren. Zusätzlich investiert Watchmaster zum Beispiel in den weiteren Ausbau von professionellen Uhrmacherwerkstätten und in mobile Anwendungen, über die der Verbraucher direkt seine Uhr bewerten lassen kann.“

Das Geldverbrennen – also einen negativen operativen Cashflow – für die letzten zwei Geschäftsjahre war nach den Aussagen im Lagerbericht geplant:

„Die Gesellschaft plante für das abgelaufene Geschäftsjahr 2020 und für 2021 einen negativen Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit.“

Das der operative Cashflow langfristig positiv sein muss, kann sich auch jeder vorstellen: Schließlich kann nicht ständig mehr Geld aus dem Unternehmen wegfließen als hineinfließt.

Das Risiko eines Diebstahls wurde im Risikobericht nicht explizit genannt. Was zeigt uns das? Auch nicht aufgezeigte Risiken können offensichtlich die Fortführung eines Unternehmens gefährden. Der Versicherungsschutz war offenbar nicht ausreichend, wie in der Presse zu lesen ist. Inwieweit die Insolvenz tatsächlich hauptsächlich aufgrund des Millionenraubs zurückgeführt werden kann, sollen andere diskutieren. Doch zeigt auch der Blick in die nackten Zahlen, eine eher bescheidene wirtschaftliche Lage – auch schon lange Zeit vor dem Diebstahl der Luxusuhren.

Blick in die Zahlen

Kurz ein paar Fakten zum Geschäftsjahr 2020: Die Umsatzerlöse lagen bei 6,3 Mio. €. Allein die Personalaufwendungen (3,5 Mio. €) sowie die sonstigen betrieblichen Aufwendungen (6,3 Mio. €) sind deutlich höher als die erwirtschafteten Umsatzerlöse. Wesentlicher Bestandteil der sonstigen betrieblichen Aufwendungen sind die Kosten der Warenabgabe (3,8 Mio. €). Darunter fallen beispielsweise die Kosten für Verpackungsmaterial. Im Ergebnis hat Watchmaster einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 3,7 Mio. € erwirtschaftet.

Es braucht keine tieferen Bilanzierungserkenntnisse, um zu sehen: Das passt irgendwie nicht. Langfristig müssen die Umsatzerlöse deutlich steigen, die Kosten eher unterproportional steigen. Ach stimmt, es ist ein Start-up, doch wurde Watchmaster bereits 2015 gegründet. Da müsste doch irgendwann einmal Gewinn erwirtschaftet werden.

Die Verluste der Vergangenheit summieren sich auf mehr als 25 Mio. €. Erschreckend, denn im Jahresabschluss bezeichnet sich Watchmaster selbst als „führendes eCommerce-Unternehmen im europäischen Markt für zertifizierte Luxusuhren aus Vorbesitz“.

Fazit

Auch wenn die Buchhaltung bei Start-ups leider oftmals zu den unbeliebteren Themen gehört, ist sie existenziell wichtig. Denn sie offenbart, wie es wirtschaftlich ums Unternehmen bestellt ist.

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