Was wird aus dem „Soli“? FDP legt im Bundestag Entwurf für ein Solidaritätszuschlagsbefreiungsgesetz vor

Mit dem Entwurf des Solidaritätszuschlagsbefreiungsgesetzes unternimmt die FDP abermals den Versuch, den Solidaritätszuschlag vollständig abzuschaffen, diesmal in zwei Schritten. Wie ist das zu bewerten?

Hintergrund

Seit 2021 müssen den Soli nur noch Besserverdienende, Unternehmen und Kapitalanleger zahlen: für 90 Prozent der Steuerpflichtigen wurde er im Rahmen des „Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlag 1995“ abgeschafft, für weitere 6,5 Prozent zumindest zum Teil. Dem Institut der Deutschen Wirtschaft zufolge zahlten zuletzt noch rund sechs Millionen Menschen den Soli sowie etwa 600.000 Kapitalgesellschaften. Seitdem wird darum gestritten ob diese Ungleichbehandlung der Steuerzahler noch hinnehmbar, der Soli also noch verfassungsmäßig ist.

Am 12.11.2024 hat das BVerfG mündlich über die Verfassungsbeschwerde gegen den Solidaritätszuschlag verhandelt (BVerfG 2 BvR 1550/20). Das ausstehende Urteil hat gewaltige Auswirkungen für die Haushaltsplanung des Bundes für 2025 ff., aber auch für die Gesamtsteuerbelastung von Unternehmen und Steuerbürgern. Bisherige Verfahren gegen den Soli und seine Verfassungsmäßigkeit blieben bislang erfolglos, allerdings hat der BFH zuletzt 2023 festgestellt (BFH 30.1.2023 – IX R 15/20), dass der Soli in 2020 und 2021 zwar noch verfassungsgemäß war, der Gesetzgeber nach 30 Jahren aber eine Überprüfungspflicht hat; das wäre jetzt in 2025 der Fall. Verschiedene Vorstöße der Opposition im Bundestag mit dem Ziel einer vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags sind erfolglos geblieben – über diese Entwicklung habe ich im Blog mehrfach berichtet

Neuer FDP-Vorstoß zur Abschaffung des Soli

Am 19.12.2024 hat die FDP-Fraktion – nach ihrem Ausscheiden aus der Bunderegierung am 6.11.2024 – mit dem Gesetzentwurf für ein Solidaritätszuschlagbefreiungsgesetz (SolZBFreiG , BT-Drs. 20/14254) abermals den Vorstoß zur Abschaffung des Soli im Bundestag unternommen; der Bundestag hat den Entwurf nach erster Lesung zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Das „Solidaritätszuschlagbefreiungsgesetz“ sieht eine Abschaffung des Zuschlags in zwei Stufen vor:

  • Bereits (rückwirkend) zum 1.1.2025 soll der Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent auf 3,0 Prozent der Bemessungsgrundlage reduziert werden. Um Belastungssprünge zu mildern, die bei Überschreiten der Freigrenze auftreten, soll zugleich auch die Grenzbelastung reduziert werden.
  • Zum 1.1.2027 soll der Solidaritätszuschlag dann vollständig für alle abgeschafft werden. Durch die frühzeitige gesetzliche Regelung der vollständigen Abschaffung entstehe zusätzliche Planungs- und Investitionssicherheit, heißt es im Gesetzentwurf.

Zur Begründung heißt es, spätestens mit dem Auslaufen des zur Vollendung der deutschen Einheit aufgelegten Solidarpakts II im Jahr 2019 sei jegliche Begründung für die Erhebung des Solidaritätszuschlags entfallen. Die weitere Erhebung dieser Sondersteuer sorge für eine ungerechtfertigte Mehrbelastung von Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Kapitalanlegern und Leistungsträgern im Angestelltenverhältnis. Damit sei der Solidaritätszuschlag de facto eine Sondersteuer, eine unzulässige Ergänzungsabgabe.

Einordnung und Bewertung

Es ist bezeichnend, dass gerade die FDP, die in Regierungsverantwortung im BMF das Solidaritätszuschlagsgesetz verteidigen musste, mit Ablaufen des Solidarpaktes II kein Freund des „Soli“ war und schon vor Übernahme von Regierungsverantwortung im Jahr 2021 mit einem eigenen Gesetzentwurf den Soli abschaffen wollte – ohne Erfolg wie heute wissen. Unmittelbar nach dem Bruch der Ampelkoalition hat die FDP nun abermals den Mut für eine Gesetzesinitiative aufgebracht, diesmal aber – mit Rücksicht auf die Haushaltslage des Bundes – in zwei Schritten.

Ein solches Vorgehen könnte möglicherweise auch dem BVerfG gefallen, das demnächst seine Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Soli (BVerfG 2 BvR 1550/20) verkünden wird und möglicherweise dem Gesetzgeber ein Handlungsauftrag erteilt, wie ihn schon der BFH ab 2025 für erforderlich erachtet hat (BFH 30.1.2023 – IX R 15/20).

Es wäre nach der Rechtsprechungstradition des BVerfG nicht ungewöhnlich, wenn das Gericht ein Gesetz mit dem Grundgesetz (GG) für unvereinbar erklärt, dem Gesetzgeber aus fiskalischen Gründen aber eine Übergangsfrist zur Neuregelung gewährt. So betrachtet könnte der FDP-Vorstoß realistische Umsetzungschancen haben. Die weitere Beratung im federführenden Finanzausschuss wird aber vermutlich nicht mehr in der laufenden Legislatur erfolgen können, nachdem inzwischen schon für den 23.2.2025 Bundestagsneuwahlen terminiert sind.

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs würde die Absenkung des Solidaritätszuschlags im ersten Schritt um 2,5 Prozentpunkte ab 1.1.2025 voraussichtlich zu einem Rückgang der Einnahmen des Bundes um 4,5 Mrd. Euro auf 8,6 Milliarden Euro im Jahr 2025 und um fünf Milliarden Euro auf 8,1 Mrd. Euro im Jahr 2026 führen. Nach vollständiger Abschaffung des Solidaritätszuschlags im zweiten Schritt werde es ab dem Jahr 2027 keine Einnahmen aus dem Soli mehr geben.

Weitere Informationen:
FDP-Gesetzentwurf für ein Solidaritätszuschlagsbefreiungsgesetz, BT-Drs. 20/14254

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

82 − 74 =