Die letzten Jahre waren geprägt von einigen Neuregelungen in der Rechnungslegung gerade nach IFRS. Dabei sind etwa die inzwischen anwendungspflichtigen Standards IFRS 9 zu Finanzinstrumenten, IFRS 15 zur Erlöserfassung und IFRS 16 zum Leasing zu nennen. Die Neuregelungen haben einen erheblichen Anpassungsdruck und selbstverständlich auch erhöhte Fehlerrisiken aus der Umstellung erzeugt. Gerade zu IFRS 15 und IFRS 16 hatte ich einige Grundsatz- und Detailfragen im Rahmen des Blogs versucht zu klären. Was sind die neuen Themen nach IFRS und HGB für das auf uns zukommende Jahr 2020?
Für das kommende Jahr 2020 liegt zwar keine Erstanwendungspflicht für große Standards oder Gesetzesänderungen vor. Jedoch ergeben sich einige Detailänderungen. So sind im Dezember 2019 die Verweisanpassungen an das neue Rahmenkonzept (Framework) der IFRS von der EU übernommen worden, wobei das IASB zunächst IFRS 3, Unternehmenszusammenschlüsse, ausgespart hat. Auf einen Aspekt des neuen Rahmenkonzeptes, das wieder aufgenommene „prudence principle“, hatte ich im Blog bereits hingewiesen. Das Rahmenkonzept stellt zwar keinen direkt anzuwendenden Standard dar, bildet jedoch die theoretische Basis im Standardisierungsprozess und dient den Anwendern als Auslegungshilfe bei Vorliegen von Regelungslücken. Mithin ergeben sich durch das neue Rahmenkonzept zunächst einmal keine direkten Änderungen in der Anwendung eingeführter IFRS-Regelungen.
Ebenfalls im Jahr 2020 erstmals anzuwenden sind die Änderungen bei der Definition des Geschäftsbetriebs, wozu ebenfalls bereits ein Blog vorliegt. Ein Geschäftsbetrieb umfasst dabei ökonomische Ressourcen und zumindest ein Verfahren („process“), die zusammen wesentlich für die Erzeugung von Leistungen sind. Das Vorliegen eines Geschäftsbetriebs ist in einem mehrstufigen, nicht ganz banalen Verfahren zu prüfen, wobei neuerdings ein „concentration test“ eine gewisse Vereinfachung bringen soll. Kein Geschäftsbetrieb und damit kein Unternehmenserwerb liegt nach dem „concentration test“ vor, wenn im Wesentlichen der gesamte beizulegende Zeitwert des erworbenen Bruttovermögens auf einen einzelnen identifizierbaren Vermögenswert oder eine Gruppe ähnlicher identifizierbarer Vermögenswerte konzentriert ist.
Zur Wesentlichkeit nach IFRS hatte ich im Blog ebenfalls berichtet. Der IASB hat hier eine Vereinheitlichung des Wesentlichkeitsbegriffs unternommen und verweist hierfür in IAS 8 jetzt auf die Definition in IAS 1. In der Begriffsbestimmung wurde das Kriterium „Verschleierung“ ergänzt: Informationen sind wesentlich, wenn deren Auslassung, Falschdarstellung, Verdeckung oder Verschleierung erwarten lässt, dass die Entscheidungen der primären Adressaten beeinflusst werden, die diese auf der Grundlage des Abschlusses eines Unternehmens treffen. Verschleierung kann dabei bspw. durch vage und unklare Berichterstattung, Verteilung relevanter Informationen über die Berichterstattung, getrennte Darstellung gleicher Sachverhalte oder Vermischung wesentlicher mit unwesentlichen Sachverhalten erfolgen.
Weiterhin droht für künftige Jahre nach 2020 die Erstanwendungspflicht von IFRS 17 zu Versicherungsverträgen. Dass hier nicht nur Versicherungsunternehmen betroffen sein können, wurde bereits in einem Blog adressiert. Weitere Projekte des IASB könnten künftig Bedeutung erlangen, so bspw. zu Kosten der Vertragserfüllung bei belastenden Verträgen (Drohverlustrückstellungen) (ED/2018/2), zur Folgebewertung des Geschäfts- oder Firmenwertes, zu Unternehmenszusammenschlüssen „under common control“, zur Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital und aus dem endlosen „Disclosure Project“ insbesondere zur Anhangsberichterstattung.
Nicht aus dem Auge verlieren dürfen die IFRS-Bilanzierer, dass die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) gerade auch die Anwendung der neuen Regelungen von IFRS 9, 15 und 16 weiterhin im Blick hat.
Zur handelsrechtlichen Rechnungslegung sind im kommenden Jahr 2020 ebenfalls keine umwälzenden neuen Vorschriften zu erfassen. Aus dem kürzlich vom Bundestag verabschiedeten ARUG II (BT-Drs. 19/15153) ergeben sich bspw. Auswirkungen auf den aktienrechtlichen Vergütungsbericht, wobei dessen Prüfung im Rahmen der Abschlussprüfung durch den Gesetzgeber auf die formelle Ebene, also sein Vorliegen reduziert wird. Eine inhaltliche Prüfung erfolgt dann nicht mehr zwingend. Zudem ergeben sich Änderungen bei Transaktionen mit nahstehenden Personen und eine Erweiterung der Befreiung von der Erstellungspflicht von Konzernabschlüssen nach § 291 HGB und § 292 HGB auf befreiende Abschlüsse in englischer Sprache.
Auch das DRSC hat einige Änderungen vorgenommen, so etwa in Folge zum ARUG II zur Vergütungsberichterstattung (E-DRÄS 9) und zur Währungsumrechnung im handelsrechtlichen Konzernabschluss (E-DRÄS 10).
Es wird also nicht langweilig. Im Gegenteil: Neben der permanenten Änderung von Rechnungslegungsnormen schwebt auch das Thema der voranschreitenden Digitalisierung über uns.
Allen Lesern meiner Blogs wünsche ich einen guten Start in das neue Jahr und freue mich über Ihr künftiges Interesse.
Lesen Sie meine weiteren Blogs zum Thema:
- Prudence Principle – Jetzt auch ein Vorsichtsprinzip in den IFRS?
- Wann kauft man ein Unternehmen und wann nur Vermögenswerte?
- Die Wesentlichkeit in IFRS-Abschlüssen
- IFRS 17 betrifft uns nicht – Schnell geirrt!
Weitere Informationen:
- EU IFRS-Übernahme (auf efrag.org)
- Projekte des IASB (auf ifrs.org)
- Prüfungsschwerpunkte der DPR (auf frep.info)
- Vorabfassung ARUG II (auf dip21.bundestag.de)
- Verlautbarungen des DRSC (auf drsc.de)