Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, eröffnet dies grundsätzlich die Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 AO.
Konkret lautet die Vorschrift: Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgen gezogen werden.
Strittig ist nun dabei, was ein solcher bestimmter Sachverhalt denn überhaupt ist. Im Urteilsfall vor dem FG Köln (Az: 10 K 1074/17) ging es um folgenden Sachverhalt: Im Rahmen einer Betriebsprüfung änderte das Finanzamt die erklärungsgemäß erlassenen Steuerbescheide dahingehend, dass die zunächst als umsatzsteuerfrei behandelten Umsätze umsatzsteuerpflichtig eingestuft wurden. Mit Blick auf die Umsatzsteuerbescheide wurde also Umsatzsteuer nach erhoben. Hinsichtlich der Ertragssteuerbescheide wurde der Gewinn aufgrund des Herausrechnens der Umsatzsteuer gemindert.
Gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide hat der Steuerpflichtige Rechtsbehelf erhoben und schließlich obsiegt, sodass die Umsätze wieder als steuerfrei angesetzt wurden. Gleichzeitig änderte das Finanzamt mit Verweis auf § 174 Abs. 4 AO auch die Ertragssteuerbescheide zu Ungunsten des Steuerpflichtigen, da die Gewinne wieder erhöht wurden. Hiergegen klagte der Steuerpflichtige, weil er die Voraussetzung des § 174 Abs. 4 AO als nicht gegeben ansah.
Mit Urteil vom 21.2.2019 vertrat das FG Köln jedoch eine andere Meinung: Die entgeltliche Weitergabe von Blanko-Versicherungsbestätigungen des Steuerpflichtigen als Versicherungsmakler ist ein „einheitlicher Sachverhalt“, der bei der Umsatzsteuer dazu führt, dass diese nicht erhoben wird, die aber gleichzeitig dazu führt, dass ertragsteuerlich die zu erfassenden Einnahmen als Nettoeinnahmen zu behandeln sind. Es ist insoweit unerheblich, dass die Folgeänderungen nicht auf die gleiche Rechtsfolge gerichtet ist bzw. dass unterschiedliche Steuerarten betroffen sind.
Das letzte Wort wird jedoch der BFH (Az: XI R 5/19) haben.
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