Gut achtzehn Monate und über 400 Blogbeiträge sind vergangen, seit ich mich hier nach der Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten nach 2012 gefragt habe. Eine Antwort gibt es immer noch nicht.
Das ist wirklich frustrierend: Allein im ersten Halbjahr 2016 hat sich der Bundesfinanzhof in zehn Entscheidungen zur Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten geäußert. In z-e-h-n Verfahren! Und nicht ein einziges Mal ging er dabei auf die Frage ein, ob eine Scheidung ein außergewöhnliches Ereignis darstellt.
Nun muss man sich darüber nicht unbedingt wundern. Soweit die Rechtsprechung erkennbar zurückreicht, hat der BFH sich noch nie groß mit dieser Frage beschäftigt. Schon 1955 genügte ihm ein einzelner Satz, um die Außergewöhnlichkeit festzustellen. Allem gesellschaftlichen Wandel und jeglicher Kritik aus der Literatur zum Trotz hat sich das in 60 Jahren nicht geändert. Naja, streng genommen doch: Inzwischen schreibt das Gericht nämlich gar nichts mehr zur Außergewöhnlichkeit, sondern beschäftigt sich nur noch mit der Zwangsläufigkeit.
Ich bin sehr gespannt, wie das ausgeht. Zuletzt hatte der BFH die Kläger in allen Fällen unterliegen lassen können, da stets nur Scheidungsfolgekosten geltend gemacht wurden, für die es bekanntlich an der Zwangsläufigkeit fehlt. Erst nachdem die Finanzverwaltung seit 2013 dazu übergangen war, sämtliche Scheidungskosten vom Steuerabzug auszuschließen, liegen nun umfangreichere Klagen vor. Deren Beurteilung durch das Gericht steht allerdings noch aus.
Wie sieht nun eine Entscheidungsprognose aus? Schwierig. Der BFH hält sich auch hinsichtlich der Zwangsläufigkeit sehr bedeckt dahingehend, ob er unter den geänderten gesetzlichen Voraussetzungen an seiner Rechtsprechung festhält. Letztlich dürfte mehr dafür sprechen, da der Gesetzgeber wohl nur die vom BFH zwischenzeitlich wieder einkassierte Rechtsprechungsänderung aushebeln wollte. Im Übrigen wäre das extrem ärgerlich, wenn es am Ende heißt: „Außergewöhnlichkeit kann dahinstehen, da es jedenfalls an der Zwangsläufigkeit fehlt.“ Man kann also nur darauf hoffen, in absehbarer Zeit zu erfahren, wie die obersten Finanzrichter bestimmen, ob und wie man Außergewöhnlichkeit berechnen kann. Ich meine weiterhin, dass ein Scheidung ja vieles sein kann (teuer zum Beispiel), aber nicht außergewöhnlich.
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