Was haben Steuerberater und Notärzte gemeinsam?

Die Deutsche Bahn würde vermutlich eine Durchsage machen, „Aufgrund von Verzögerungen im Betriebsablauf kommt es zu Verspätungen.“ Immer mehr habe ich den Eindruck, dies gilt auch für uns. Es sind zwar tolle Begriffe wie „Bürokratieentlastungsgesetz“ im Umlauf, aber wenn sich eines seit meinem Examen fortwährend bestätigt hat: Unser Gesetzgeber kann nur Verschlimm-Bessern!

In meinen Händen halte ich gerade ein Informationsblatt mit dem Titel „Hamburg droht der Praxenkollaps“. Seit langem beklagen sich Ärzte über die zunehmende Bürokratie und den Verwaltungsaufwand, bei dem keine Zeit mehr für ihr Kerngeschäft bleibt, die Behandlung von Patienten. Immer mehr empfinde ich wie sie.

Das Drama um das Wachstumschancengesetz ist wohl nicht zu überbieten. Auch die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer ist mal wieder ein Schlag ins Gesicht. Sie reiht fügt sich schön an mein „Lieblingsbeispiel“ der Energiepreispauschale an. Diese 300 Euro haben uns seinerzeit zwei Wochen Mehrarbeit durch Weiterbildung, die technische Umsetzung, die Einzelfallprüfung aller abzurechnenden Mitarbeiter und die Erfassung und Weiterleitung aller geänderten Einkommensteuervorauszahlungsbescheide gekostet. Ein Irrsinn!

Bei meiner Gründung hatte ich den Wunsch, nie eine 100-prozentige Auslastung zu haben, da es immer wieder Besonderheiten gibt, die zum Tagesgeschäft hinzukommen. Inzwischen hat das Maß an neuen Vorschriften, Gesetzten und Veränderungen eine Dimension angenommen, die mich immer mehr fühlen lässt, wie ein Arzt. Das Wartezimmer ist voll und ständig kommt ein neuer Notfall herein. Hinzu kommt die Personalnot. Wer hat bei dem Aufwand noch Zeit für die Ausbildung des Nachwuchses; wenn sich überhaupt noch jemand für Steuerrecht interessiert. Besonders sexy ist Steuerrecht ja erst einmal nicht. Und wer hat heute noch bei TikTok, YouTube und Co. das Durchhaltevermögen, drei Stunden Weiterbildung konzentriert zu konsumieren?

Wir brauchen dringend eine Trendwende. Der Fachkräftemangel ist nun einmal da. Der Kampf dagegen scheint aussichtslos, da auch unser Bildungssystem eine Generalüberholung braucht. Schon reist man hier den nächsten Bereich auf. Schließlich ist Bildung unser Kapital und höchstes Gut.

Oder ist es am Ende gar nicht gewollt? Schließlich bedeutet mehr Wissen, mehr Überblick, mehr Durchblick und mehr Kritiker an der gegenwärtigen Politik.

Hier ein kleiner Auszug aus der Pannenliste aus dem NWB Experten-Blog:

Wenn es so weitergeht, dann brauchen wir wohl wirklich bald einen Notarzt. Die Frage ist, ob er noch rechtzeitig kommt, denn schließlich muss er gerade noch Fahrtenbuch schreiben und sich hierbei erstmal mit neuen Auflagen beschäftigen. Patient? Unwichtig….

Ein Kommentar zu “Was haben Steuerberater und Notärzte gemeinsam?

  1. Sehr geehrter Kollege Homuth,
    Sie sprechen mir aus der Seele. Sehr lange ist es mir immer noch gelungen Kapazitäten für spannende oder wichtige Sonderfälle zu haben. Seit 9 Monaten aber laufe auch ich am Limit. Durchgehend.

    Die Lösung für Unser Problem lautet „offensichtlich“ KI, und diese Lösung wird dann auch gleichzeitig das neue Problem werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in wenigen Jahren kein Problem mehr mit dem Fachkräftemangel haben werden. Und dann werden wir ggf. diesem Problem hinterherweinen…

    Auf die Zukunft!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 2 = 4