Wird bei einem Warenverkauf eine so genannte Null-Prozent-Finanzierung angeboten und stellen sich die Warenlieferung und die Finanzierung als einheitliche Leistung dar, so ist die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage aus Warenverkäufen nicht um Finanzierungsentgelte zu mindern, die an das finanzierende Kreditinstitut entrichtet werden (Hessisches FG, Urteil vom 12.2.2019, 1 K 384/17, Rev. XI R 15/19).
Sachverhalt
Dem Urteil des Hessischen FG lag folgender – etwas vereinfacht dargestellter – Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin bietet ihren Kunden im Rahmen von Verkäufen eine sog. Null-Prozent-Finanzierung an, bei der diese trotz Ratenzahlung letztlich nur den Preis für die erworbenen Waren zahlen, den sie auch im Falle der sofortigen Barzahlung zu entrichten hätten.
Zu diesem Zweck schloss die Klägerin mit einer Bank einen „Rahmenvertrag Kreditvermittlung”. Ein Darlehensvertrag kommt danach nur direkt zwischen den Kunden der Klägerin und der Bank zustande. Die Klägerin ist zur Zahlung einer Subvention an die Bank verpflichtet, soweit sie Sonderzinsdarlehen vermittelt. Im Zusammenhang mit den Null-Prozent-Finanzierungen ist in den Kaufverträgen der Kaufpreis als Gesamtbetrag ausgewiesen. Über diesen Gesamtbetrag erteilte die Klägerin den Kunden eine Rechnung. Die jeweiligen Rechnungen enthalten zudem den Hinweis auf die Zahlungsart: „Finanzkauf – 0 %”, wobei der Finanzierungsbetrag dem Gesamtbetrag entspricht. Zudem enthalten die Rechnungen folgenden Hinweis: „Als Nachlass gewähren wir die seitens der finanzierenden Bank erhobenen Zinsen. Diese belaufen sich auf einen Betrag von EUR …. . Vereinbarungsgemäß zahlen wir den als Nachlass gewährten Betrag direkt an die finanzierende Bank. Einen Anspruch auf Barauszahlung des Nachlasses besteht nicht.”
Die von der Klägerin vermittelten Darlehensverträge sind ausschließlich zwischen den Kunden und der Bank zustande gekommen. In ihren Umsatzsteuererklärungen hatte die Klägerin ihre steuerpflichtigen Umsätze um die Finanzierungsentgelte, d.h. die Zahlungen, die sie für die Null-Prozent-Finanzierungen an die Bank geleistet hatte, gemindert. Das Finanzamt war hingegen der Ansicht, dass die Klägerin zu Unrecht in ihren Steuererklärungen eine Minderung der Entgelte in Höhe der Finanzierungsaufwendungen berücksichtigt habe. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.
Begründung
Sind der Verkauf der Waren und deren Finanzierung sowie die Übernahme der Finanzierungskosten durch den Verkäufer aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers als einheitliche Leistung anzusehen, stellt der volle von den Käufern entrichtete Kaufpreis abzüglich der Umsatzsteuer das Entgelt i.S. des § 10 Abs. 1 UStG dar. Dies gilt auch in den Fällen der sog. Null-Prozent-Finanzierungen.
Die Finanzierung und deren Übernahme stellen lediglich Nebenleistungen zur steuerpflichtigen Lieferung der gekauften Waren als Hauptleistung dar und teilen somit deren steuerliches Schicksal, wenn sie für die Kunden keinen eigenen Zweck erfüllen, sondern nur dazu dienen, die Lieferungen unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können. Dies gilt insbesondere, wenn für die Kunden kein Recht auf Auszahlung des „Nachlasses” besteht, sondern eine Zahlung vom Verkäufer ausschließlich an das finanzierende Kreditinstitut erfolgt.
Der BFH hat bereits mit Urteil vom 28.01.1993 (V R 43/89, BStBl II 1993, 360) entschieden, dass beim Verkauf von Waren im Versandhandel auch dann eine einheitliche Warenlieferung und nicht zum Teil eine steuerfreie Kreditgewährung vorliegt, wenn der Käufer von der ihm eingeräumten Möglichkeit der Ratenzahlung Gebrauch macht und dadurch einen Barzahlungsrabatt einbüßt.
Es ist unerheblich, wenn die Zahlung der Waren nicht unmittelbar an den Verkäufer, sondern aufgrund von Darlehensverträgen – zunächst – an die Bank erfolgt und der Verkäufer den Warenpreis erst anschließend abzüglich der vereinbarten Vergütungen ausgezahlt bekommt. Hieraus wird zwar die Entgeltlichkeit der weiteren Dienstleistung ersichtlich, die Gegenleistung ist aber nicht das, was der Forderungskäufer an den leistenden Unternehmer zahlt, sondern auch insoweit bleibt § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG maßgebend, wonach alles das Entgelt ist, was der Leistungsempfänger aufwendet. Die Einschaltung eines Dritten zur Finanzierung kann daher nur dann die Bemessungsgrundlage mindern, wenn zuvor die weitere Dienstleistung zwischen dem Verkäufer und den Kunden das Entgelt erhöht hat.
Ein Vergleich des den Kunden gewährten „Nachlasses” mit Preisnachlässen in Form von Barzahlungsrabatten oder Skonti führt ins Leere. Aus der Sicht Verkäufers führen die Fälle zwar zu einem wirtschaftlich ähnlichen Ergebnis. Allerdings handelt es sich es bei der Zahlung des Finanzierungsentgelts bei der (hier streitgegenständlichen) Null-Prozent-Finanzierung durch den Verkäufer an die Bank nicht um einen Preisnachlass im klassischen Sinne. Denn die Kunden erhalten die Waren nicht zum einem verminderten Warenpreis; vielmehr ist für sie lediglich die zusätzliche Dienstleistung der Finanzierung kostenfrei.
Hinweise
Das Hessische FG hat eine streng formale Betrachtungsweise eingenommen, also nur auf die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Verkäufer und seinen Kunden abgestellt. Dies ist durchaus nachvollziehbar. Im Übrigen stellen „Null-Prozent-Finanzierungen“ im Geschäftsleben üblicherweise ein Marketinginstrument dar, so dass die Kosten des Verkäufers eher diesen Aufwendungen zuzuordnen wären. Allerdings kann zugegebenermaßen auch die Auffassung vertreten werden, dass die an Bank gezahlte Finanzierungsgebühr – wirtschaftlich betrachtet – eine Entgeltminderung i.S. des § 17 UStG darstellt. Insofern wird spannend sein, wie der BFH im Revisionsverfahren entscheiden wird.
Der BFH hatte mit Urteil vom 15.05.2001 (Rs. C-34/99) in ähnlicher Weise wie das Hessische FG entschieden. Der Unterschied zwischen den beiden Sachverhalten liegt allerdings darin, dass im Besprechungsfall den Kunden der „Nachlass“ durchaus mitgeteilt wird. Im EuGH-Fall waren die Abmachungen, die Verkäufer und Bank getroffen haben, den Käufern nicht bekannt.
Weitere Informationen:
- Hessisches Finanzgericht v. 12.02.2019 – 1 K 384/17, Rev. BFH: XI R 15/19
- BFH v. 28.01.1993 – V R 43/89
- EuGH v. 15.05.2001 – C-34/99