Wann können Säumniszuschläge erlassen werden?

Das FG Hamburg hat kürzlich dazu Stellung bezogen, wann ein vollständiger Erlass von Säumniszuschlägen in Betracht kommt (4 K 11/20). Dies soll vor allem dann möglich sein, wenn nur geringer oder kein Verwaltungsaufwand entstanden ist. Was hat es mit der Entscheidung auf sich?

Hintergrund

Sie dienen als Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steueransprüche und haben gleichzeitig Abgeltungswirkung für zusätzlichen Verwaltungsaufwand: Die Rede ist von Säumniszuschlägen! Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet, so entstehen diese. Ihre Besonderheit ist, dass sie nicht – wie alle anderen Ansprüche aus einem Steuerschuldverhältnis – durch einen besonderen Bescheid festgesetzt werden. Vielmehr werden sie sogleich durch Zahlungsaufforderung erhoben. Ihre Erhebung hat dabei zweigeteilten Charakter. Zum einen sollen sie als Druckmittel dienen. Zum anderen haben sie zinsähnlichen Charakter und sollen den Verwaltungsaufwand, welcher dadurch entstanden ist/entstehen wird, dass die Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet wurde, abgelten.

FG Hamburg entscheidet zugunsten des (sonst) pünktlichen Zahlers

Das FG Hamburg hat zu diesem Themenkomplex nunmehr eine spannende Entscheidung getroffen und festgestellt, dass ein Erlassen von Säumniszuschlägen dann möglich ist, wenn nur geringer oder kein Verwaltungsaufwand entstanden ist. Das beklagte Hauptzollamt hatte den Erlass der Säumniszuschläge auf Energiesteuer abgelehnt, da das klagende Unternehmen in der Vergangenheit in insgesamt 19 Fällen verspätet, allerdings innerhalb der Schonfrist gezahlt hatte. Es war nach Ansicht des Hauptzollamts kein pünktlicher Steuerzahler.

Das Finanzgericht bekräftigte diese Entscheidung allerdings nicht. Damit verpflichtete es das Hauptzollamt, den Billigkeitsantrag auf Erlass der Zuschläge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu prüfen.

„Pünktlichkeit“ – aber in Bezug auf alle Steuerarten!

Das Gericht teilte die pauschale Aussage, dass das Unternehmen bereits deshalb als „nicht pünktlicher Zahler“ eingeordnet wurde, weil die Energiesteueranmeldungen verspätet abgegeben wurden, nicht. Denn außen vor gelassen waren bei der Beurteilung die anderen Steuerarten, welche laut Gericht aber in die Beurteilung einzubeziehen sind. Auch machte das Gericht darauf aufmerksam, dass die Energiesteuerzahlungen lediglich geringfügig verspätet erfolgt waren. So war bei 17 Anmeldungen nur ein Tag Verzug, bei zwei weiteren Anmeldungen zwei Tage Verzug festgestellt worden. Auch hatte das Hauptzollamt laut Gericht nicht berücksichtigt, dass es in dem Unternehmen laut deren Angabe erhebliche Umstrukturieren und kurzfristige Personalausfälle gegeben hatte und die versäumte Steuerzahlung sofort nachgeholt wurde, als diese bemerkt war.

Verwaltungsaufwand – ja oder nein?

Interessant ist die Tatsache, dass das Gericht bei seiner Entscheidung darauf abstellt, inwieweit die Säumnis bereits zu Verwaltungsaufwand führt, der ja gerade mit Verwirkung von Säumniszuschlägen abgegolten werden soll. Das Gericht kommt dabei zu dem Schluss: Ist der Betroffene ein an sich pünktlicher Steuerzahler, so verlieren Säumniszuschläge ihren Zweck als Druckmittel, den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung seiner steuerrechtlichen Verbindlichkeiten anzuhalten. Dies rechtfertige bereits für sich genommen einen hälftigen Erlass der verwirkten Säumniszuschläge. Kommt hinzu, dass die Säumnis im konkreten Fall keinen oder nur sehr geringen Verwaltungsaufwand verursacht, so kommt sogar ein vollständiger Erlass der Säumniszuschläge in Betracht.

Würdigung im Einzelfall – aber wie?

Nach den Maßgaben des Gerichts soll die Behörde die geforderten Säumniszuschläge insgesamt nochmals überprüfen. Es kommt daher wieder einmal auf die Würdigung des Einzelfalls an. Dazu darf insbesondere nicht auf die betroffene Steuerart allein geschaut werden. Vielmehr muss laut Aussagen des Gerichts ein Einbezug aller zu zahlenden Steuerarten stattfinden. Ob diese Prüfung dann wiederum gerade doch zu Verwaltungsaufwand führt, der bis dato ggf. ja nicht entstanden ist, sei zumindest in den Raum gestellt.  Das Urteil darf zumindest als Türöffner für sonst pünktliche Steuerzahler gesehen werden, bei der Erhebung von Säumniszuschlägen – aufgrund eines einmaligen Ausrutschers – hiergegen entsprechende Argumente gegenüber der Steuerbehörde vorzutragen.

Da die Finanzverwaltung den BFH angerufen hat, wird sich zeigen, wie es hier weitergehen wird.

Weitere Informationen:
NWB Online-Nachricht: Verfahrensrecht | Erlass von Säumniszuschlägen


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