Sowohl nach deutschem Handelsbilanzrecht als auch nach den IFRS unterscheiden sich die bilanziellen Folgen in den Fällen des Erwerbs eines Geschäftsbetriebs (IFRS ) bzw. Unternehmens (HGB) auf der einen Seite und dem Erwerb einer Gruppe von Vermögenswerten bzw. Vermögensgegenständen auf der anderen Seite. Auch steuerlich ist die Abgrenzung relevant. Weil die Abgrenzung der beiden Fälle nicht immer ganz leicht fällt, hat der IASB nun eine Konkretisierung der diesbezüglichen Regelungen des IFRS 3 vorgelegt. Wie ist danach der Erwerb eines Geschäftsbetriebs vom Erwerb von Vermögenswerten zu unterscheiden und was gilt nach deutschem Handelsbilanzrecht?
Im Falle des Erwerbs einer Gruppe von Vermögenswerten werden diese sowohl nach IFRS als auch nach HGB zu Anschaffungskosten bilanziert, wobei die Aufteilung des Gesamtkaufpreises grundsätzlich nach dem beizulegenden Zeitwert erfolgt. Nur beim Erwerb eines Unternehmens/Geschäftsbetriebs kann ein Geschäfts- oder Firmenwert zum Ansatz kommen, sofern für die organische Gesamtheit ein Mehrkaufpreis über den beizulegenden Zeitwert des übernommenen Reinvermögens hinaus bezahlt wurde. Im Falle eines Minderpreises beim Kauf eines Unternehmens/Geschäftsbetriebs kommt im Konzernabschluss nach HGB der Ansatz eines passiven Unterschiedsbetrages zum Tragen, während nach IFRS eine gewinnerhöhende Erfassung erfolgt. Im handelsrechtlichen Jahresabschluss sieht die h.M. bei einem Minderkaufpreis die Abstockungslösung im Vordergrund. Weitere Unterschiede zwischen dem Erwerb eines Unternehmens/Geschäftsbetriebs oder einer Gruppe von Vermögensposten können sich etwa im Bereich latenter Steuern oder bei der Erfassung bedingter (variabler) Kaufpreisbestandteile sowie der Transaktionskosten ergeben.
Im deutschen Handelsbilanzrecht liegt keine Legaldefinition des unbestimmten Rechtsbegriffs „Unternehmen“ vor, wie er etwa in § 246 Abs. 1 HGB verwendet wird oder auch für das Vorliegen eines Tochterunternehmens im Konzernabschluss nach § 290 HGB relevant ist. In der Kommentarliteratur findet man zum Jahresabschluss etwa folgende Begriffsbestimmung: „Entsprechend dem Sinn der Vorschrift ist davon auszugehen, daß es sich um ein am Wirtschaftsverkehr teilnehmendes, selbständiges Gebilde handelt, das für sich einen Geschäfts- oder Firmenwert haben kann…“ (ADS, 6. Aufl., § 255 HGB Tz. 266 HGB). Auch ein Teil eines Rechtsträgers kommt als Unternehmen i.d.S. in Betracht, wenn er „für sich allein als Unternehmen geführt werden und selbständig am Wirtschaftsleben teilnehmen könnte“ (ebd.).
Für den HGB-Konzernabschluss sind Unternehmen als Wirtschaftseinheiten zu verstehen, „die als selbständige Träger unternehmerischer Planungs- und Entscheidungsgewalt in abgrenzbarer Weise eigenständige erwerbswirtschaftliche Ziele im Rahmen einer nach außen hin auftretenden Organisation verfolgen“ (ADS, 6. Aufl., § 271 HGB Tz. 12). Ähnlich definiert auch das DRSC ein Unternehmen als „Wirtschaftseinheiten mit Sitz im In- oder Ausland, die Interessen kaufmännischer oder wirtschaftlicher Art unabhängig von der Rechtsform mittels einer nach außen in Erscheinung tretenden Organisation verfolgen. (DRS 19.6)“.
Die Begriffsbestimmungen zum Handelsbilanzrecht lassen damit Auslegungsspielräume, die sachverständig auszufüllen sind.
Ein ausführlicheres Abgrenzungskonzept hat der IASB mit der Änderung von IFRS 3 vorgelegt. Ein Geschäftsbetrieb umfasst dabei ökonomische Ressourcen und zumindest ein Verfahren („process“), die zusammen wesentlich für die Erzeugung von Leistungen sind.
Für die Frage nach dem Vorliegen eines Geschäftsbetriebs ist dabei zunächst danach zu unterscheiden, ob „Leistungen“ generiert werden. Unter Leistungen werden nach IFRS 3.B7 verstanden: „Das Ergebnis von Ressourceneinsatz und darauf angewendete Verfahren, das Erträge erwirtschaftet oder erwirtschaften kann, die in Form von Dividenden, niedrigeren Kosten oder sonstigem wirtschaftlichen Nutzen direkt den Anteilseignern oder anderen Eigentümern, Gesellschaftern oder Teilnehmern zugehen.“
Werden Leistungen i.d.S. generiert, setzt das Vorliegen eines Geschäftsbetriebs die Erfüllung eines der beiden nachfolgenden (alternativen) Kriterien voraus:
- Das Verfahren ist entscheidend für die Fähigkeit Leistungen zu erstellen und die erworbenen Ressourcen umfassen auch die organisierte Belegschaft, die über für die Durchführung des Verfahrens notwendige Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse verfügt.
- Das Verfahren trägt wesentlich dazu bei Leistungen zu erzielen und es ist einzigartig oder selten und wäre bei seinem Fehlen nur mit erheblichen Kosten und erheblichem Zeitaufwand zu reproduzieren.
Werden keine Leistungen im o.g. Sinne erzeugt, liegt ein Geschäftsbetrieb dann vor, wenn sämtliche nachfolgenden Kriterien (kumulativ) erfüllt werden:
- Das Verfahren ist erforderlich um erworbene Ressourcen in Leistungen umzuwandeln.
- Es wird eine organisierte Belegschaft übernommen, die über für die Durchführung des Verfahrens notwendige Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse verfügt.
- Übernommene sonstige Ressourcen können von der organisierten Belegschaft in Leistungen transferiert werden.
Sind die vorgenannten Kriterien erfüllt, ist von einem erworbenen Geschäftsbetrieb auszugehen und die Regelungen für Unternehmenszusammenschlüsse nach IFRS 3 sind anzuwenden.
Weil die Beurteilung der Erfüllung der Kriterien schon in den dargestellten Grundzügen recht komplex ist, hat der IASB sich eine Vereinfachung ausgedacht, den „concentration test“. Der „concentration test“ ist erfüllt, wenn im Wesentlichen der gesamte beizulegende Zeitwert des erworbenen Bruttovermögens auf einen einzelnen identifizierbaren Vermögenswert oder eine Gruppe ähnlicher identifizierbarer Vermögenswerte konzentriert ist. Kann das bejaht werden, liegt kein Geschäftsbetrieb vor. Beispielhaft kann hier der Erwerb einer Gruppe von Wohnimmobilien durch ein Immobilienunternehmen genannt werden.
Der „concentration test“ ist wahlweise anwendbar und im Falle der Erfüllung erspart er die Prüfung der zuvor genannten allgemeinen Kriterien für das Vorliegen eines Geschäftsbetriebs. Wird der „concentration test“ nicht erfüllt oder angewandt, müssen die allgemeinen Kriterien für das Vorliegen eines erworbenen Geschäftsbetriebs geprüft werden.
Die IFRS-Regelungen zur Qualifikation eines Geschäftsbetriebs sind selbst in der durchaus oberflächlichen Darstellung schwere Kost. Ob man hier zu besseren Ergebnissen als bei der Beurteilung nach HGB kommt, mag jeder für sich beantworten.