Im Beitrag „Ermessensfehlerhafte Entscheidung über Stundungsanträge“ ging es darum, dass das Finanzamt den vollständigen Sachverhalt ermitteln muss um die Stundungswürdigkeit zu prüfen. Wann aber liegt sie vor?
Mit Urteil vom 4.6.2019 nimmt das Finanzgericht Baden-Württemberg (Az: 5 K 3830/16) auch dazu Stellung. Danach ist Stundungswürdigkeit gegeben, wenn der Steuerpflichtige bzw. Kindergeldberechtigte seine mangelnde Leistungsfähigkeit weder selbst herbeiführt, noch durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat.
Ein Verstoß gegen die Interessen der Allgemeinheit ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige seine steuerlichen Verpflichtungen vorsätzlich oder grob fahrlässig vernachlässigt hat.
Allerdings stellt das Gericht auch klar, dass nicht jede unterlassene Mitteilung automatisch vorsätzlich oder grob fahrlässig ist. Eine Mitwirkungspflichtverletzung schließt eine Stundung im Allgemeinen zudem nur dann aus, wenn sie wesentliche und vorwerfbare Ursachen für die unpünktliche Zahlung des für die Stundung im Raum stehenden Betrages ist.
So auch die Entscheidung des FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 18.9.2019 (Az: 12 K 234/19), wonach persönliche Stundungsgründe vorliegen können, wenn eine Stundung die wirtschaftliche Existenz des Antragstellers ermöglichen kann. Die Richter führen darin aus: Der Umstand, dass der Antragsteller im Kindergeldverfahren seine Mitwirkungspflichten verletzt hat, reicht für sich genommen nicht aus, um die Stundungswürdigkeit des Antragstellers zu verneinen und auf eine Prüfung der Stundungsbedürftigkeit zu verzichten.
Weitere Informationen:
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 04.06.2019 – 5 K 3830/16
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.09.2019 – 12 K 234/19