Vorweggenommene Betriebsausgaben bei der Gewerbesteuer als Stolperfalle

Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind – so sagt es § 4 Abs. 4 EStG. Da die Aufwendungen nur durch den Betrieb „veranlasst“ sein müssen, führen auch vorweggenommene oder gar vergebliche Betriebsausgaben zu einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Aufwand bzw. Verlust. Aus praktischer Sicht bestehen zwar erhöhte Anforderungen, um die Veranlassung der Aufwendungen durch den Betrieb nachzuweisen. Mit einer ordentlichen Dokumentation (wieso, weshalb, warum) gelingt dies jedoch in der Regel.

Nur zu leicht wird das einkommensteuerrechtliche Ergebnis auch auf die Gewerbesteuer übertragen. Schließlich ergibt sich der Gewerbeertrag aus dem nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnden Gewinn. Hier droht jedoch eine Stolperfalle.


Als entscheidenden Zeitpunkt, ab dem abzugsfähige Gewerbeverlust entstehen, ist auf den Beginn der Gewerbesteuerpflicht abzustellen. Maßgebend ist dabei die sachliche Gewerbesteuerpflicht, die von der Anwendbarkeit des GewStG abhängt. Diese richtet sich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG und besagt, dass der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb unterliegt, soweit er im Inland betrieben wird. Die sachliche Steuerpflicht beginnt demgemäß, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes vorliegen. Erst ab diesem Zeitpunkt sind Gewerbeerträge zu ermitteln; Maßnahmen vor diesem Zeitpunkt unterliegen nicht der Regelung des GewStG.

Aus gewerbesteuerlicher Sicht ist es daher sinnvoll, den Beginn des Gewerbebetriebs (im Sinne des GewStG) möglichst weit nach vorne zu ziehen, um alle anfallenden Aufwendungen auch gewerbesteuerlich geltend machen zu können. Dies gilt nicht nur für Existenzgründungsfälle, sondern für alle Art von Neugründungen (bspw. auch bei Vorbereitungshandlungen im Zusammenhang mit Umwandlungen). Betroffene Aufwendungen können Anwaltskosten, Beratungskosten, Inseratskosten, Telefon- und Reisekosten, Schulungskosten für Angestellte und Arbeiter, Mieten und sonstige Aufwendungen für noch herzurichtende Geschäftsräume etc. sein.

Bei Einzelgewerbetreibenden und bei Personengesellschaften beginnt die Gewerbesteuerpflicht in dem Zeitpunkt, in dem erstmals alle Voraussetzungen erfüllt sind, die zur Annahme eines Gewerbebetriebs erforderlich sind. Bloße Vorbereitungshandlungen, z.B. die Anmietung eines Geschäftslokals oder die Errichtung eines Fabrikgebäudes begründen die Gewerbesteuerpflicht noch nicht. Auch der Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister ist ohne Bedeutung für den Beginn der Gewerbesteuerpflicht. Es kommt daher auf die Aufnahme der werbenden Tätigkeit an, die sehr vielfältig sein kann (bspw. in der Eröffnung eines Geschäftslokals, Werbung, Kundenbesuche etc.).

Das Risikomanagementsystem der Finanzverwaltung hat die gewerbesteuerliche Problematik vorbereitender Betriebsausgaben aufgegriffen. Nach einer Verfügung des LfSt Niedersachen vom 12.08.2019 wird immer dann ein Hinweis ausgegeben, wenn der Verlust im Erstjahr den Betrag von EUR 30.000,- überschreitet. Fallen Vorbereitungshandlungen und Aufnahme der werbenden Tätigkeit in den gleichen Erhebungszeitraum, können die Umsatzsteuer-Voranmeldung zur Abgrenzung herangezogen werden.

Weitere Informationen:

LfSt Niedersachsen, Vfg. v. 12.8.2019 – G 1421-17-St 25/St 251

Ein Beitrag von:

  • Lutz Ritter

    • Steuerberater, LL.M.
    • Zertifizierter Berater für Gemeinnützigkeit (IFU/ISM gGmbH)
    • Mitarbeiter in der Steuerabteilung von BW PARTNER, Stuttgart

    Warum blogge ich hier?
    Steuerrecht lebt von Ideen, Gedanken und Vorstellungen. Man muss es probieren, diskutieren und streiten. Der Blog bietet die einfache Möglichkeit, einzelne Themen gezielt anzusprechen und den ein oder anderen Denkanstoß mitzugeben.

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