Gestern habe ich über die neue Praxis der Deutschen Bahn berichtet, auf Fahrscheinen nicht längen den Regelsatz von 19% Mehrwertsteuer auszuweisen. Was steckt dahinter?
Die Deutsche Bahn begründet den generellen Ausweis von 7% damit, diesen Vorsteuerabzug der Kunden sichern zu wollen, Das erscheint hanebüchen. Ich weiß nicht, ob diese geniale Idee aus der Marketingabteilung kam. Fachlich ist sie jedenfalls ausgemachter Unfug. Denn der „kleine“ Vorsteuerabzug von 7% steht dem Kunden natürlich stets zu. Das gilt unabhängig davon, ob auf dem Fahrschein ein Satz von 7%, 19 % oder gar kein Steuersatz vermerkt ist. Ursächlich für die neue Praxis war wohl eher das Risiko der Deutschen Bahn sein, für den ungerechtfertigten Steuerausweis von 19 % auf der Kurzstrecke sonst haften zu müssen.
Vorbild für die neue Vorgehensweise der Deutschen Bahn dürfte die Handhabung bei vielen regionalen Verkehrsunternehmen sein. Dort wird oftmals generell auf allen Fahrscheinen keine steuerliche Kennzeichnung vorgenommen. Im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg etwa kümmert man sich in den Tarifbestimmungen auch gleich um die „aufmüpfigen“ Kunden, die eine steuerlich korrekte Rechnung beantragen wollen:
„Der Anspruch auf Ausstellung [einer Rechnung] erlischt mit dem 31. Januar des dem Gültigkeitszeitraum [des Fahrscheins] folgenden Jahres.“
Wenn das mal kein Kundenservice ist.
P.S.: Der Verkehrsverbund Brandenburg ließ eine Anfrage nach seinem Verständnis der selbst proklamierten Kundenorientierung übrigens unbeantwortet.
Mir ist bislang nicht bekannt, dass die Finanzverwaltung ein besonderes Augenmerk auf den Vorsteuerabzug aus Fahrscheinen gelegt hätte. Womöglich ändert sich das aber, nachdem nun auch die Deutsche Bahn korrekte Belege im Zweifel nur noch auf Anfrage erstellt. Gerade Vielfahrer sollten daher im Zweifel präventiv tätig werden und rechtzeitig korrekte Rechnungen beantragen.
Weitere Infos:
Besonders dreist ist die Regelung für Bayerntickets: Hier wurde bis Anfang des Jahres auf Antrag noch die korrekte USt ausgewiesen, jetzt aber plötzlich nicht mehr. Begründung: „Die auf dem Bayern-Ticket aufgedruckte Umsatzsteuer ist auf 7 % festgelegt. Eine höhere Umsatzsteuer gibt es hierzu nicht. Das Bayern-Ticket selbst gilt als Rechnung bzw. Nachweis. “
Auf welcher Rechtsgrundlage ändert die Bahn denn hier eigenmächtig die Steuersätze?? Das riecht aber schon nach schleichender USt-Hinterziehung…
Kann man da als Kunde irgendwas tun?
Die Finanzverwaltung gestattet dieses Vorgehen aus Vereinfachungsgründen. Rein dogmatisch ist das natürlich zweifelhaft, nicht zuletzt da man die Ländertickets tendenziell wohl eher für weitere Strecken nutzt. Man können versuchen zivilrechtlich einen Anspruch auf Rechnungserteilung geltend zu machen. Aber ob sich das – auch mit Blick auf das Prozessrisiko – lohnt?