Vorsicht beim Prüferwechsel: Wann Anleger misstrauisch werden sollten

Warum wechselt ein Unternehmen seinen Wirtschaftsprüfer? Dafür kann es verschiedene Gründe geben. So besteht beispielsweise für bestimmte börsennotierte Unternehmen eine Rotationspflicht. Wechselt ein Unternehmen aber bereits nach kurzer Mandatsdauer den Abschlussprüfer, ist Vorsicht geboten. Dies gilt auch, wenn es immer länger dauert, bis der geprüfte Abschluss vorliegt.

Wieso Unternehmen die Prüfungsgesellschaft austauschen

Seit der Reform des FISG im Anschluss an den Zusammenbruch von Wirecard müssen alle Unternehmen von öffentlichem Interesse, unabhängig von ihrer Branche, alle zehn Jahre ihre Prüfungsgesellschaft wechseln. Die Möglichkeit, das Mandat auf maximal 20 Jahre zu verlängern, wurde abgeschafft, sofern es sich nicht um Banken, Versicherungen oder Finanzinstitute handelt. Ziel der externen Rotationspflicht ist die Wahrung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers.

Es gibt aber auch andere Gründe, warum Unternehmen den Abschlussprüfer wechseln. Ich hatte zum Beispiel schon öfter den Fall, dass das Unternehmen mit der Prüfungsgesellschaft nicht zufrieden war. Warum? Der Abschlussprüfer hatte den Abschluss erst wenige Stunden vor der geplanten Bilanzpressekonferenz testiert, obwohl das Unternehmen nach eigenen Angaben alle Unterlagen rechtzeitig zur Verfügung gestellt hatte. Und nach der Wirecard-Pleite wegen des fehlenden Testats sind Investoren bei verspäteten Abschlüssen eher vorsichtig. Ob dieser Effekt noch anhält? Das ist eine gute Frage. Ich könnte mir vorstellen, dass er sich im Laufe der Jahre wieder abschwächt. Man sollte sich aber fragen, aus welchen Gründen ein Unternehmen den Abschlussprüfer wechseln will.

Dies ist jedoch nicht der einzige Grund, warum Unternehmen den Abschlussprüfer früher als notwendig wechseln. Einige Unternehmen haben branchenspezifische Besonderheiten, für die sie eine Prüfungsgesellschaft mit Erfahrung suchen. Ist das Unternehmen der Ansicht, dass der Abschlussprüfer dies nicht widerspiegelt, sucht es sich vorzeitig einen anderen Prüfer. Wie sieht das der Prüfer? Das kann ich nicht beurteilen. Der Fall stammt zwar aus meiner beruflichen Tätigkeit, aber ich hatte nur die Einschätzung des Unternehmens. Und das machte einen soliden Eindruck, es wünschte sich einen Prüfer, der auch Hinweise auf Verbesserungspotenzial gibt.

Wann man stutzig werden sollte

Vor allem wenn der Prüfer mehrmals gewechselt wird oder der neue Prüfer nach einem Versagungsvermerk seines Vorgängers erneut ein Testat erteilt, sollte man genauer hinschauen. Denn dann stellt sich die Frage, ob der abgezogene Prüfer für das Unternehmen zu „streng“ war. Um einen Versagungsvermerk oder ein eingeschränktes Testat zu erteilen, benötigt der Abschlussprüfer auch entsprechende Anhaltspunkte. Ein Bauchgefühl reicht hier nicht aus. Ohnehin gibt es nicht immer Schwarz und Weiß, sondern unterschiedliche Meinungen. Auch unter Experten.

Im Falle eines Versagungsvermerks sehen Investoren die „Schuld“ auch häufiger beim Abschlussprüfer als beim Unternehmen. Das ist bedauerlich. Denn gerade das zeigt, wie wichtig die Abschlussprüfung ist. Was ist ein Führerschein wert, wenn er trotz grober Verkehrsverstöße in der Prüfung am Ende doch erteilt wird? Nicht viel. Man sollte die Gründe für die Ablehnung analysieren und dem Prüfer dankbar sein, anstatt zuerst an eine Klage zu denken.

Worauf ist bei einem Prüferwechsel in diesem Fall besonders zu achten? Zum Beispiel darauf, ob eine Big4-Gesellschaft durch eine kleinere Prüfungsgesellschaft ersetzt wurde. Dann sollte man sich fragen, wie wichtig das Mandat für die Prüfungsgesellschaft sein könnte. Denn dies führt zur Folgefrage: Wie kritisch ist ein Abschlussprüfer, wenn es sich um ein Mandat mit einem hohen Anteil am Gesamtumsatz handelt?

Interessant ist auch ein Blick darauf, wie lange es in den letzten Jahren gedauert hat, bis der testierte Abschluss vorlag. Mit der Pandemie und dem Krieg in der Ukraine gab es in den letzten Jahren zwei Beispiele, die auch ohne Zutun des Unternehmens oder des Abschlussprüfers zu einer Verzögerung der Abschlussprüfung geführt haben. Die vom Unternehmen angegebenen Gründe für die Verzögerung sollten jedoch kritisch hinterfragt werden.

Fazit

Häufige Wechsel des Abschlussprüfers können ein Warnsignal für mögliche Probleme in einem Unternehmen sein, insbesondere wenn sie nach einem negativen Prüferurteil erfolgen. Es ist wichtig, die Gründe für solche Wechsel genau zu hinterfragen, um die Integrität der Finanzberichte zu gewährleisten. In Zukunft sollte verstärkt darauf geachtet werden, ob neue Regelungen und Branchenentwicklungen diese Dynamik beeinflussen.

 

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