Vorsicht bei Strafanzeigen gegen den Arbeitgeber

Das BAG (Urteil vom 15.12.2016 – 2 AZR 42/16) hat sich mit der Frage einer verhaltensbedingten Kündigung gegen den Arbeitnehmer wegen Stellung eines Strafantrages gegen den Arbeitgeber befasst und dazu grundsätzliche Erläuterungen gegeben.

Hierbei hat es das Recht auf freie Meinungsäußerung auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Verhältnismäßigkeit des Arbeitnehmerverhaltens unter die Lupe genommen.

Der verkürzt dargestellte Sachverhalt lautet wie folgt: Eine Arbeitnehmerin hielt ihre Arbeiten für vom Arbeitgeber nicht ordnungsgemäß bewertet. Sie stellte daher Strafanzeige gegen Unbekannt. Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren ein. Die Arbeitnehmerin erhob dagegen Beschwerde an die Generalstaatsanwaltschaft. Im Ergebnis wurde das Verfahren eingestellt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis verhaltensbedingt.

Das BAG führt zunächst aus, dass eine verhaltensbedingte Kündigung dann rechtmäßig ist,

  • wenn der Arbeitnehmer gegen seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten verstößt,
  • er dies schuldhaft tut und
  • eine dauerhafte störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist.

Dabei sind über die Kündigungsfrist hinaus die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Hinblick auf die Zumutbarkeit für beide Seiten zu bewerten.

Eine Abmahnung als milderes Mittel scheidet aus, wenn schon vorher nicht zu erkennen ist, dass diese Abmahnung zu keiner Verhaltensänderung führt. In dem Bereich steht dem Arbeitgeber allerdings ein Beurteilungsspielraum zu, der nicht der gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

Im vorliegenden Fall handelt es sich gemäß dem BAG um eine vermeintliche Straftat, da das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. Zwar stellt die Einschaltung der Staatsanwaltschaft die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte dar, dies darf jedoch nicht leichtfertig und unangemessen erfolgen. Insbesondere muss der Arbeitnehmer kritisch hinterfragen, ob überhaupt Anhaltspunkte für einen Vorsatz oder eine böswillige Absicht des Arbeitgebers im Hinblick auf den betreffenden Straftatbestand vorliegt. Liegen solche Anhaltspunkte nicht vor, lässt dies den Rückschluss zu, dass der Arbeitnehmer den Vorsatz oder eine böswillige Absicht gerade nicht kritisch hinterfragt hat. Insbesondere muss sich der Arbeitnehmer fragen lassen, ob nicht eine innerbetriebliche Klärung vorzugswürdig gegenüber dem Strafantrag gewesen wäre.

Die verhaltensbedingte Kündigung hatte daher Bestand.

Fazit: Bevor ein Arbeitnehmer gegen einen Arbeitgeber eine Strafanzeige erstattet, muss er kritisch hinterfragen, ob Anhaltspunkte für ein strafbares vorsätzliches oder absichtliches Handeln des Arbeitgebers gegeben sind. Ansonsten hat er mit einer verhaltensbedingten Kündigung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes zu rechnen. Zudem gibt es bei einer verhaltensbedingten Kündigung keine Abfindung.

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