Vier gewinnt: Big4 gewinnen durch Abschlussprüfer-Rotation neue Mandate

Zu Beginn der 2000er Jahre häuften sich die großen Bilanzskandale. Aus Expertensicht muss dies eine sehr spannende Zeit gewesen sein. Enron, Parmalat, Flowtex und Co. und der Untergang von Artur Andersen. Aus Big5 wurden Big4. Leider war ich damals noch zu jung, um dies „live“ mitzuerleben.

In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich viel getan. Seit dem Enron-Skandal ist es nicht mehr zulässig, dass eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gleichzeitig prüfungsnahe Dienstleistungen erbringt und den Abschluss dann anschließend prüft. Dies war bei Enron der Fall gewesen: Beratung zur „kreativen“ Buchführung und anschließend die Bestätigung des Abschlusses. Sarbanes-Oxley-Act, Corporate Governance und Co. kamen seither dazu. Wie der aktuelle Fall um den Möbelkonzern Steinhoff jedoch zeigt, können derartige Vorschriften Bilanzfälschung nicht verhindern.
Die Wirtschaftsprüfer gerieten durch die Bilanzskandale und vor allem auch während der Finanzkrise zunehmend in die Kritik. Stichwort: Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer. Wie unabhängig ist ein Prüfer wirklich, wenn er von dem zu prüfenden Unternehmen bezahlt wird? Oder anders gesagt: Wie viele Prüfer braucht es, bis ein gefälschter Jahresabschluss testiert wird? Das ist etwas heftig. Aber manchmal sollte man sich das so vor Augen führen.

Die Lösung des Problems: Abschlussprüfer-Rotation, zumindest für Unternehmen des öffentlichen Interesses – also börsennotierte Unternehmen, Versicherungen und Banken. So kann nun ein Prüfer ein Unternehmen maximal 20 Jahre prüfen.

Gut für den Wettbewerb? Würde man denken. Doch die bisherigen Erfahrungen zeigen ein anderes Bild. Ein Ziel wurde erreicht: Mehr Konzerne wechseln seit der Reform den Wirtschaftsprüfer. Derzeit haben auch einige Unternehmen die Prüfungsmandate neu ausgeschrieben. Auch hier wird sich 2019 und 2020 einiges bewegen. Was sich aber auch gezeigt hat: Zu neuen Prüfern wurden bisher fast immer die Big4 gewählt. Vier gewinnt. Eine Strategie, die mir im Studium bei der ein oder anderen Klausur das Leben erleichtert hat. Doch bei der Rotationspflicht der Wirtschaftsprüfer ist dies sicherlich nicht im Sinne des Erfinders.

Die Rotationspflicht sollte zu mehr Wettbewerb führen. Droht eine verstärkte Marktkonzentration? Werden „kleinere“ Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verlieren? Es ist sicherlich zu früh, um ein abschließendes Urteil zu fällen. Die Auswirkungen der Rotation sollte noch eine Zeitlang betrachtet werden. Ansonsten droht ein vorschnelles Urteil. Wie bei einem neuen Produkt, das nach ersten Kundenrückmeldungen weiterentwickelt wird, sollte dies auch für die Pflichtrotation gehandhabt werden.

Lesen Sie hierzu auch:

  • Mehring, Andreas: Von Enron zur Rotation, Finance, Juli/August 2018, S. 66
  • Schmitt, Julia: Keiner für alle, Finance, Juli/August 2018, S. 60-65

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