VGH Mannheim kassiert nächtliche Corona-Ausgangsbeschränkungen

Mit Beschluss vom 5.2.2021 (1 S 321/21, bekanntgegeben am 8.2.2021) hat der VGH Mannheim die in Baden-Württemberg landesweit geltende nächtliche Ausgangsbeschränkung (von 20 Uhr bis 5 Uhr) mit Wirkung ab dem 11.2.2021 außer Vollzug gesetzt.

Ziehen jetzt andere Länder nach?

Hintergrund

Die Lockdown-Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder mit der Bundeskanzlerin (MPK) werden auf Länderebene im Wesentlichen durch Corona-Verordnungen nachdem dem Bundes-IfSG umgesetzt. Zuletzt hat die MPK am 19.1.2021 eine Verlängerung des bundesweiten Lockdowns bis einschließlich14.2.2021 beschlossen. Grundlage für (nächtliche) Ausgangssperren auf Länderebene sind die Regelungen in § 28a IfSG.

Sachverhalt und Entscheidung

In Baden-Württemberg hat die Staatsregierung in der Corona-Verordnung eine flächendeckende nächtliche Ausgangbeschränkung von 20 Uhr bis 5 Uhr geregelt (§ 1c Abs. 2 CoronaVO BW). Hiergegen wandte sich eine Bürgerin aus Tübingen mit einem Eilantrag (§ 47 VwGO) an den VGH Mannheim. Der VGH Mannheim hat dem Antrag am 5.2.2021 mit der Begründung stattgegeben, dass die gegenwärtige Regelung „voraussichtlich den gesetzlichen Voraussetzungen aus § 28a Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 IfSG zuletzt nicht mehr entsprochen“ habe: Nach § 28a Abs. 2 IfSG seien Ausgangsbeschränkungen nur möglich, „soweit auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 erheblich gefährdet wäre“. Sie kämen also „nur dann in Betracht, wenn der Verzicht auf Ausgangsbeschränkungen auch unter Berücksichtigung aller anderen ergriffenen Maßnahmen zu einer wesentlichen Verschlechterung des Infektionsgeschehens führe“. § 28a Abs. 3 S. 10 IfSG lasse zwar landesweit einheitliche Vorschriften zu, die dann für alle Stadt- und Landkreise in gleicher Weise gelten. Nachdem die landesweite 7-Tages-Inzidenz sich nach dem Stand vom 4.2.2021 in Baden-Württemberg auf 63,5 belief, hat der Verordnungsgeber nicht dargelegt, warum unverändert landesweit einheitliche Regelungen erforderlich seien.

Bewertung

Jedenfalls in Baden-Württemberg findet jetzt also die nächtliche Ausgangsbeschränkung in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag letztmalig Anwendung, ab Donnerstag können sich Bürger dort also auch nach 20 Uhr noch im öffentlichen Raum aufhalten ohne Sanktion, insbesondere ein Bußgeld fürchten zu müssen. Interessant ist, dass das Gericht maßgeblich auf die landesweit unterschiedlichen Inzidenzwerte, also ein differenziertes Infektionsgeschehen abgestellt und betont hat, dass deshalb eine flächendeckende strenge Regelung keine Berechtigung hat. Allerdings: Das Gericht weist auch darauf hin, dass in Stadt-/Landkreisen mit besonders hohen Inzidenzzahlen nächtliche Ausgangsbeschränkungen nach wie vor gezielt durch kommunale (Allgemein-)Verfügungen angeordnet werden können.

Nachdem auch in anderen Ländern, etwa in Bayern inhaltsgleiche Ausgangsbeschränkungen gelten, muss jetzt mit Spannung abgewartet werden, ob es auch in anderen Ländern Lockerungen gibt, bevor die Oberverwaltungsgerichte eingreifen. In der Vergangenheit hat dieser „Mechanismus“ funktioniert. So hat beispielsweise der VGH Mannheim coronabedingte Verkaufsflächenbegrenzungen für unwirksam erklärt, der Freistaat Bayern hat darauf die eigene InfektionsschutzmaßnahmenV umgehend geändert.

Warten wir also ab, ob es weitere Lockerungen selbst dann gibt, wenn sich die MPK am 10.2.2021 auf eine Verlängerung des am 14.2.2021 endenden bundesweiten Lockdown verständigt.

Quellen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg – Corona-Verordnung: Nächtliche Ausgangbeschränkungen ab Donnerstag außer Vollzug; Erfolgreicher Eilantrag gegen Corona-Verordnung (justiz-bw.de)

 

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