Der BFH hatte mit drei Urteilen vom 14.6.2016 (IX R 25/14, IX R 15/15 und IX R 22/15) für einen Paukenschlag in Sachen „Anschaffungsnahe Herstellungskosten“ gesorgt. Er zählt auch reine Schönheitsreparaturen zu den „Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen“ i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG, so dass diese in die Prüfung der 15-Prozent-Grenze einzubeziehen sind.
Das heißt: Übersteigt die Gesamtsumme der innerhalb von drei Jahren angefallenen Renovierungskosten (inkl. Schönheitsreparaturen) 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes, kann der Aufwand nur nach den AfA-Regelungen abgeschrieben werden.
Weiter hat er entschieden, dass im Fall der Beseitigung eines größeren Schadens, der nach Anschaffung einer vermieteten Immobilie durch den Mieter (schuldhaft) verursacht worden ist, entsprechende Aufwendungen (doch) als Werbungskosten sofort abziehbar sein können. In diesen Fällen handele es sich nicht um anschaffungsnahe Herstellungskosten (Urteil vom 9.5.2017, IX R 6/16; vgl. Blog „Rudert der BFH in Sachen „Anschaffungsnaher Aufwand“ zurück?“).
Nun stellt sich die Frage, was eigentlich in den Fällen geschieht, in denen vor Ergehen bzw. Bekanntwerden des BFH-Urteils aus 2016 bereits Schönheitsreparaturen angefallen sind und diese als Werbungskosten voll abgezogen worden sind und erst in darauffolgenden Jahren die 15-Prozent-Grenze ausschließlich aufgrund der neuen BFH-Rechtsprechung überschritten wird.
Beispiel:
Anschaffungskosten Gebäude 2015: 100.000 Euro
Schönheitsreparaturen 2015: 5.000 Euro (voll abgezogen)
Kosten für Sanierung 2016: 5.000 Euro (zunächst voll abgezogen)
Kosten für Sanierung 2017: 5.100 Euro
Die Steuerbescheide 2015 und 2016 sind unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen.
Hier wäre die 15-Prozent-Grenze um 100 Euro überschritten. Das würde dazu führen, dass die Bescheide 2015 und 2016 geändert würden und die Kosten nur noch im Wege der AfA zu berücksichtigen wären. Dabei konnte der Steuerpflichtige in 2015 noch guten Gewissens davon ausgehen, dass die Aufwendungen für Schönheitsreparaturen voll abziehbar waren.
Eine rückwirkende Änderung der Bescheide würde meines Erachtens gegen den Vertrauensschutz verstoßen. Zumindest wäre sie aber aus politischen Gründen (Schaffung von Wohnraum; Benachteiligung einer Sanierung gegenüber einem Neubau) äußerst brisant. Letztlich würde sie zu einem großen Loch in den Taschen vieler „kleinerer“ Hauseigentümer führen, die gerade beim Erwerb von Altbauten auf jeden Cent angewiesen sind.
Zurzeit wird offenbar auf Bund-/Länderebene (noch immer) erörtert, ob aufgrund der unter Umständen nachteiligen BFH-Rechtsprechung eine Übergangsregelung vorzusehen ist. Es sollte daher gegen nachteilige Bescheide Einspruch eingelegt werden. Diese werden zunächst ruhen gelassen.
Weitere Informationen:
- BFH v. 14.06.2016 – IX R 25/14
- BFH v. 14.06.2016 – IX R 15/15
- BFH v. 14.06.2016 – IX R 22/15
- „Rudert der BFH in Sachen „Anschaffungsnaher Aufwand“ zurück?“ (NWB Experten-Blog)