Vertane Chance – EU-Kommission verschiebt Reform der Abschlussprüfung

Die Causa Wirecard…. auch für die Abschlussprüfung gab es noch vor der Bundestagswahl im September 2021 die ersten Gesetzesreformen, die beschlossen wurden. Darin wurde unter anderem die Haftung verschärft und die Rotationspflicht für alle Unternehmen von öffentlichem Interesse nach zehn Jahren festgelegt. Auch auf EU-Ebene sollte es Reformen geben, denn Wirecard hat auch diese aufgeschreckt.

Doch wie so oft: Sobald das Interesse an einem Skandal gesunken ist, stehen die Reformvorschläge wieder auf dem Abstellgleis. Eine vertane Chance, wie ich finde.

EU-Kommission drückt auf die Pause-Taste

Wirecard war auch für die EU-Kommission eine Art Weckruf: Die Themen Marktkonzentration sowie die Qualität der Abschlussprüfung sind die relevanten Themenfelder. Doch dieser Weckruf hat offenbar nicht dazu geführt, dass weitere Reformen auf EU-Ebene diskutiert werden. So standen in Deutschland beispielsweise auch das Thema Joint bzw. Shared Audit auf der Agenda, um so der Marktmacht der Big4 entgegenzuwirken. Bisher wenig diskutiert wurde die Einführung von Mindest-Honoraren. Denn durch die Einführung der Rotationspflicht vor einiger Zeit gibt es hier einen Preiswettbewerb.

In einem Beitrag im Handelsblatt werden dringendere Themen als Gründe genannt. Verständlich, dass der Ukraine-Krieg und die Energiekrise dringender sind als eine Reform der Abschlussprüfung, doch sollte dies dennoch nicht so lange aufgeschoben werden, bis der nächste große Bilanzskandal die internationalen Kapitalmärkte erschüttert. Wirecard ist sicherlich ein ganz besonderer Fall und selten – aber kein Einzelfall. Durch solche Skandale entstehen große Verluste, auch auf Seiten der Staaten. Dieses Geld fehlt dann wiederum langfristig in der Staatskasse, auch für die Finanzierung von sozialen Themenfeldern.

Außerdem sind viele der Probleme der Abschlussprüfung schon lange bekannt – Lösungsvorschläge liegen auf dem Tisch. Sie müssen nur diskutiert werden, bevor Entscheidungen gefällt werden. Leider entsteht so der Eindruck, dass Versprechen nicht eingehalten werden. Nach dem Zusammenbruch Wirecards gab es das Versprechen, etwas zu ändern. Nur ist seither nicht viel passiert.

Stillstand auch in Deutschland

Und die Bundesregierung? Wartet auf die Vorschläge aus Brüssel. Und das heißt momentan eben, dass hier vorerst nichts passieren wird. Bedauerlich, denn so kann meines Erachtens seitens der Anleger das zerstörte Vertrauen in den deutschen Staat nicht wieder aufgebaut werden.

Abgesehen davon haben wir ohnehin eher zu wenige als zu viele Abschlussprüfer. Dies trifft ebenso auf Prüfungsgesellschaften zu. Daher ist der Handlungsbedarf meines Erachtens umso dringlicher. Denn wenn immer weniger kleinere Prüfungsgesellschaften ihre Leistungen am Markt anbieten, wird sich die Marktkonzentration immer weiter verschärfen.

Es sollte nicht erst dann gehandelt werden, wenn die Unternehmen keinen Abschlussprüfer mehr finden. Oder die wenigen Prüfer die Fristen nicht einhalten können, die der Staat den Unternehmen für die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse auferlegt hat.

Lesen Sie hierzu auch:
EU verschiebt nächste Reform der Wirtschaftsprüfer um Jahre (handelsblatt.com)

 

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