Zugegebenermaßen schlägt das Herz des Steuerrechtlers nicht gerade höher, wenn er sich mit der Frage befassen muss, ob ein Versorgungsfreibetrag zu gewähren ist oder nicht. Für die betroffenen Pensionäre kann die Antwort auf die Frage aber höchst interessant sein, vor allem, wenn es noch um Altfälle geht und der Versorgungsfreibetrag noch nicht so arg abgeschmolzen war wie heute. Im Jahre 2005 betrug der Freibetrag immerhin 3.000 Euro (plus Zuschlag von 900 Euro) und da lohnt sich doch der Blick auf ein aktuelles Urteil des BFH (Urteil vom 16.12.2020, VI R 29/18)
In der Entscheidung untersucht der BFH, wann eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG vorliegt und wann lediglich „andere Fälle mit Altersbezügen“ (Nr. 2 der Vorschrift) vorliegen. Die Unterscheidung kann wichtig sein, weil Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ohne Altersgrenze begünstigt sind, während die „anderen Fälle“ üblicherweise erst mit Erreichen einer Altersgrenze (63. Lebensjahr) vom Versorgungsfreibetrag profitieren.
Der BFH hat wie folgt entschieden: Eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer nach einer Ruhelohnordnung, Satzung, Dienstordnung oder einem (Tarif-)Vertrag von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eine lebenslängliche Alters- oder Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage seines Arbeitsentgelts und der Dauer seiner Dienstzeit gewährt wird. Die zugesagte Versorgung muss nach Voraussetzung, Art und Umfang ungeachtet gewisser Abweichungen einer beamtenrechtlichen Versorgung in wesentlichen Grundzügen gleichstehen. Die Begünstigung von Versorgungsbezügen setzt nicht voraus, dass auch das vorangegangene Dienstverhältnis beamtenrechtlichen Grundsätzen entsprach.
Im Urteilsfall gewährte eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, meines Wissens war es eine Ersatzkrankenkasse, ihrem ehemaligen Mitarbeiter ein lebenslängliches Gesamtruhegeld auf (tarif-)vertraglicher Grundlage für den Fall des Alters. Es errechnete sich wie die Beamtenversorgung nach den ruhegehaltsfähigen Beschäftigungsjahren und nach den zuletzt gezahlten Bezügen. Eigene Beitragsleistungen hatte der Mitarbeiter nicht zu erbringen.
Der Versorgungsfreibetrag war nach Auffassung der BFH-Richter zu gewähren, obwohl der Arbeitnehmer bei Versorgungsbeginn erst 60 Jahre alt war. Selbst der Umstand, dass der Kläger während seiner aktiven Beschäftigung bei der Krankenkasse in einem außertariflichen Arbeitsverhältnis stand, stünde dem nicht entgegen.
Das Urteil ist für tausende Pensionäre höchst erfreulich.