EY verliert Prüfungsmandate. Als Prüfer des ehemaligen Zahlungsdienstleisters Wirecard keinesfalls verwunderlich, auch ohne Staatseingriffe und Reformen. Denn welcher Aufsichtsrat will der Hauptversammlung noch EY als Prüfer vorschlagen? Und mal ehrlich: Was hätte dieser davon? Nur Ärger mit den Aktionären. Und wenn durch die Rotationspflicht eine neue Prüfungsgesellschaft gesucht werden muss, gibt es immerhin noch zwei andere der Big4, denn diese haben immer noch die Marktmacht und prüfen einen Großteil der größten börsennotierten Unternehmen.
Die schwierige Suche nach einem Prüfer
Doch in manchen Fällen ist die Suche noch eingeschränkter, denn durch die strikte Trennung von Prüfung und Beratung kann es sein, dass ein Unternehmen eine der Big4 als Beratungsunternehmen mit großen Aufträgen versorgt. Diese Gesellschaft kann natürlich dann auch nicht als Abschlussprüfer angefragt werden. Abgesehen davon ist die Beratung auch lukrativer als die Prüfung – und weniger risikobehaftet. Und aus unternehmerischer Sicht absolut nachvollziehbar: Warum soll ich eine risikobehaftete Dienstleistung (Abschlussprüfung) mit einer geringeren Marge gegenüber einer weniger risikobehafteten Dienstleistung (Beratung) mit einer deutlich höheren Marge bevorzugen? Schließlich muss ich am Ende Gewinn erwirtschaften, um langfristig am Markt bestehen zu können.
Die Folgen einer schärferen Rotationspflicht
Was hat sich seit dem Wirecard-Skandal getan? Die Rotationspflicht wurde verschärft. Seither müssen alle Unternehmen von öffentlichem Interesse – unabhängig von der Branche – nach zehn Jahren den Abschlussprüfer wechseln. Davor gab es die Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung um zehn Jahre, wenn das Unternehmen weder eine Bank noch eine Versicherung war.
Wurde durch die strengere Rotationspflicht das Ziel erreicht? Keineswegs. Anstelle von mehr Vielfalt und Unabhängigkeit, hat sich die Marktkonzentration verschärft. Das war auch zu erwarten. Leider kam die Bundestagswahl im Herbst 2021 dazwischen: Die Reformen nach dem Wirecard-Skandal mussten im Sommer 2021 schnell durch den Bundestag gebracht werden. Die Zeit für umfangreichere Diskussionen fehlte. Und jetzt ist der Druck nicht mehr so hoch wie direkt nach dem Zusammenbruch Wirecards im Sommer 202, das sich etwas ändern muss.
Und nun?
Verschärfung der Haftung, strengere Rotationspflichten und keine Diskussion über die Frage einer Honorarordnung für Abschlussprüfer. Die Reform ist so noch nicht zu Ende. Ob eine Honorarordnung die Probleme lösen mag, steht auf einem anderen Stern. Doch sollte es zumindest Diskussionen darüber geben. Ansonsten wird sich die Marktkonzentration weiter verschärfen. Und vielleicht ist Adler dann nicht das einzige börsennotierte Unternehmen, dass bei der Suche nach einem Abschlussprüfer das Gericht um Hilfe bitten muss. Auch ohne ein Hoch-Risikomandant zu sein.
In seinem Beitrag im Handelsblatt schlägt Bert Fröndhoff als Lösung für mehr Vielfalt am Prüfermarkt Joint Audits bzw. Shared Audits vor. Dieses Thema hatte ich bereits vor zwei Jahren in einem Beitrag in der Zeitschrift WP Praxis diskutiert.