Wirtschaftsprüfer können nicht einfach so einen Versagungsvermerk erteilen. Dafür braucht es schon driftige Gründe. Diese sollte man sich genauer anschauen und besonders kritisch sein. Adler und Windeln.de haben im letzten Jahr kein Testat für ihren Abschluss 2021 erhalten. Warum, das schauen wir uns nun genauer an, denn dies könnte in diesem Jahr häufiger vorkommen.
Auszug Versagungsvermerke Adler und Windeln.de
KPMG hat das verweigerte Testat bei der Adler Real Estate AG wie folgt begründet:
„Im Verlauf unserer Prüfung ergaben sich Erkenntnisse, die auf das Vorliegen von Geschäftsvorfällen hindeuten, die möglicherweise als Geschäfte mit nahestehenden Personen und Unternehmen im Sinn des IAS 24 zu klassifizieren sind. Um diesbezüglich hinreichende Sicherheit zu erlangen, haben wir unsere Prüfungshandlungen ausgeweitet. Insbesondere beabsichtigten wir, einen ausgewählten E-Mailverkehr einzusehen. Die Gesellschaft hat uns jedoch keine vollumfängliche Einsicht in den von uns angeforderten E-Mailverkehr und in andere angeforderte Informationen gewährt. Daraus folgt, dass wir nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen können, ob weitere juristische oder natürliche Personen als nahestehende Personen oder Unternehmen zu klassifizieren sind, ob weitere Geschäfte mit Personen vorliegen, die als Geschäfte mit nahestehenden Personen oder Unternehmen zu klassifizieren sind und ob die Geschäfte vollständig und richtig erfasst worden sind. Folglich können wir auch nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen, ob alle Geschäftsvorfälle des Unternehmens vollständig sowie dem wirtschaftlichen Gehalt entsprechend angesetzt und bewertet worden sind.“
KPMG hat im letzten Jahr auch dem inzwischen insolventen Unternehmen windeln.de das Testat verweigert:
„Die Gesellschaft und damit der Konzern befinden sich einer angespannten Liquiditätssituation. Die gesetzlichen Vertreter haben den Konzernabschluss unter der Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufgestellt. Sie haben dieser Einschätzung eine Liquiditätsplanung zugrunde gelegt, die die Anfang Juli 2022 abgebrochene Kapitalerhöhung berücksichtigt. Eine aktualisierte Liquiditätsplanung ohne geplante Kapitalerhöhung, haben wir nicht erhalten. Wir waren daher mangels ausreichender geeigneter Prüfungsnachweise, insbesondere im Hinblick auf die künftige Möglichkeit der Durchführung einer Kapitalerhöhung, nicht in der Lage, Schlussfolgerungen über die Angemessenheit des von den gesetzlichen Vertretern angewandten Rechnungslegungsgrundsatzes der Fortführung der Unternehmenstätigkeit zu ziehen.“
Die Causa Adler
Bei einem Versagungsvermerk ist Vorsicht geboten. Was zeigen die beiden Praxisbeispiele? Im Falle von Adler wurden aufgrund von Erkenntnissen zu Geschäften mit nahestehenden Personen die Prüfungshandlungen ausgeweitet. Da den Prüfern nicht alle angeforderten E-Mails zur Verfügung gestellt wurden, sah sich KPMG nicht in der Lage, ein Prüfungsurteil abzugeben. Eine Ohrfeige für einen Konzern in dieser Größenordnung. Doch bei Adler gibt es so einige Probleme. Wie ich bereits vor kurzem berichtet habe, ist der Immobilien-Konzern immer noch verzweifelt auf der Suche nach einem Wirtschaftsprüfer für den Jahresabschluss 2022. Trotz der verlängerten Frist vom 30. April auf den 31. Dezember 2023 läuft die Zeit.
Das KPMG die gerichtliche Bestellung Mitte Januar abgelehnt hat, ist beim Blick in den Versagungsvermerk nicht verwunderlich, denn schließlich ist die Prüfungsgesellschaft auf die Mitwirkung des Mandanten angewiesen. Besonders kooperativ war Adler offenbar in der Vergangenheit nicht.
Was bedeutet das für den veröffentlichten Jahresabschluss? Die Glaubwürdigkeit ist insoweit fraglich, da er eben kein Testat erhalten hat. Und dies ist immer noch ein seltener Fall, über den in der Presse berichtet wird.
Die Causa Windeln.de
Der Versandhändler von Baby- und Kinderartikeln hat im Herbst 2022 Insolvenz angemeldet. Ein Blick in die Geschäftsberichte macht deutlich, dass es wirtschaftlich nicht gerade rund läuft. Die Produkte sind leicht austauschbar, Windeln.de fehlt das Alleinstellungsmerkmal.
Den letzten großen Rutsch zur Insolvenz war sicherlich auch die gescheiterte Kapitalerhöhung, den auch KPMG als Grund für die Versagung des Testats abgibt. Denn dadurch ändert sich die Liquiditätssituation erheblich, 2021 wurden ca. 10 Mio. € verbrannt. Sehr bedauerlich, dass ein Unternehmen in der Größenkategorie dem Abschlussprüfer keinen aktualisierten Liquiditätsplan übermittelt hat, denn durch die angespannte finanzielle Situation sollte doch der Fokus darauf schon seit einiger Zeit liegen.
Wie die Insolvenzanmeldung zeigt, hat sich in diesem Fall die Annahme der Unternehmensfortführung nicht bestätigt, denn diese geht davon aus, dass das Unternehmen weiter fortbesteht. Durch die Insolvenz ist dies zumindest mit ein paar Unsicherheiten behaftet, um es vorsichtig auszudrücken.
Künftig mehr Versagungsvermerke?
Kurz gesagt: Wenn es mehr Versagungsvermerke gibt, hat ein Bestätigungsvermerk eine andere Aussagekraft. Ganz abgesehen davon hat vielleicht auch der Causa Wirecard – neben der aktuellen konjunkturellen Lage, der Ukraine-Krieg und die Pandemie – zu einem härteren Urteil seitens der Prüfer geführt. Es zeigt sich auch, dass die Prüfer genau hinschauen und auf entsprechende Prüfungsnachweise drängen.
Es bleibt zu hoffen, dass der Druck nicht an die Prüfer, sondern die Unternehmen weitergegeben wird. Die Aktionäre sollten daher vielmehr den Unternehmen Druck machen, mit den Prüfern besser zusammenzuarbeiten. Denn mehr Druck auf die Prüfer ist sicherlich nicht vielführend. Schließlich sind diese darauf angewiesen, dass der Mandant die angeforderten Belege zur Verfügung stellt.
Ich bin gespannt, was die neue Prüfungssaison zeigen wird. Denn durch den Ukraine-Krieg sind einige Unternehmen in Schwierigkeiten geraten. Schließlich hatten wir bereits vor dem Ausbruch des Krieges zwei Jahre Pandemie. Und die Staatshilfen werden nicht dauerhaft so bleiben wie dies in der Vergangenheit teilweise der Fall war.