Verpflegungspauschalen: Kürzung auch dann, wenn die zur Verfügung gestellte Mahlzeit gar nicht eingenommen wird

Werden vom Arbeitgeber Mahlzeiten zur Verfügung gestellt, so sind die in § 9 Abs. 4a EStG geregelten Verpflegungspauschalen gem. § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG zu kürzen. Für ein Frühstück um 20 Prozent und für ein Mittag- oder Abendessen um jeweils 40 Prozent.

Was aber ist zu tun, wenn der Arbeitnehmer die Mahlzeiten gar nicht einnimmt?

Hintergrund

Mit Urteil vom 07. Juli 2020 (VI R 16/18) hat der BFH entschieden, dass die Verpflegungspauschalen auch dann zu kürzen sind, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mahlzeiten zur Verfügung stellt, diese vom Arbeitnehmer aber nicht eingenommen werden.

Ein Soldat aus Baden-Württemberg war mehrfach für jeweils vier Wochen in einer Kaserne abseits der Familienwohnung stationiert. In der Kaserne wurde ihm täglich gegen eine Zuzahlung ein Frühstück (1,63 Euro), ein Mittagessen und ein Abendessen (zu je 3 Euro) zur Verfügung gestellt. Da der Soldat im Rahmen seiner doppelten Haushaltsführung regelmäßig nicht in der Kaserne schlief, nahm er nur das Mittagessen ein. Soweit er eine Mahlzeit der Kaserne nicht einnahm, erhielt er 150% des Sachbezugs als steuerpflichtiges Trennungsgeld. In seinen Steuererklärungen für das infrage stehende Jahr machte er Verpflegungsmehraufwendungen geltend, für volle Abwesenheitstage jeweils 24 Euro.

Für erhaltene Mahlzeiten seitens des Arbeitgebers werden diese Verpflegungsmehraufwendungen üblicherweise gekürzt: Für ein Frühstück um 20 Prozent sowie für ein Mittag- und Abendessen um jeweils 40 Prozent. Das Finanzamt war der Auffassung, dass eine Kürzung täglich für alle drei Mahlzeiten vorzunehmen ist, da der Soldat in seiner Kaserne täglich auch drei Mahlzeiten angeboten bekam. Dagegen wehrte sich der Soldat mit dem Hinweis, er habe kein Frühstück und Abendessen, sondern nur das Mittagessen täglich in der Kaserne eingenommen.

Das FG Baden-Württemberg (12.12.2017 – 5 K 432/17) folgte den Ausführungen des Finanzamts, lies jedoch die Revision zu.

BFH: Revision des Klägers unbegründet

Der BFH bestätigte nun die Auffassung des FG Baden-Württemberg: Obwohl der Soldat das Frühstück und das Abendessen tatsächlich nicht eingenommen hat, waren die Kürzungen rechtens. Die ihm dem Grunde nach zustehenden Verpflegungspauschalen waren nach § 9 Abs. 4a Sätze 8 und 12 EStG um insgesamt 100% (20 Prozent für das Frühstück, 40 Prozent für das Mittagessen, 40 Prozent für das Abendessen) auf 0 EUR zu kürzen.

In seiner Urteilsbegründung führt der BFH aus, dass das Zurverfügungstellen einer Mahlzeit durch den Arbeitgeber (i.S. von § 9 Abs. 4a Satz 8 EStG) nicht erfordere, dass der Arbeitnehmer die Mahlzeit auch tatsächlich einnimmt. Aus welchen Gründen sie nicht eingenommen wird, ist ebenfalls nicht entscheidend. Schon nach dem Wortsinn beinhalte das „zur Verfügung stellen“ einer Mahlzeit lediglich ihre Bereitstellung. Der Arbeitgeber müsse den Arbeitnehmer in die Lage versetzen, die angebotene bzw. bereitgestellte Mahlzeit anzunehmen. Ob der Arbeitnehmer die Mahlzeit tatsächlich auch annimmt (in Besitz nimmt), ist für die Frage, ob die Mahlzeit zur Verfügung gestellt wurde, ohne Bedeutung. Das Annehmen einer Mahlzeit durch den Arbeitnehmer ist nach der Wortbedeutung etwas anderes als das Zurverfügungstellen, Bereitstellen oder Abgeben derselben durch den Arbeitgeber.

Ebenso führt der BFH aus, dass diese Auslegung nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere durch den Gesetzeszweck bestätigt wird. Denn der Gesetzgeber beabsichtigte mit der gesetzlichen Neuregelung (ab 2014) der Verpflegungsmehraufwendungen in § 9 Abs. 4a EStG eine Vereinfachung gegenüber der früheren Rechtslage. Entscheidend sei auch nicht, dass der Soldat nicht verpflichtet war, an der Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen. Entscheidend sei allein, dass die Bundeswehr ihm die entsprechenden Mahlzeiten tatsächlich zur Verfügung gestellt hat.

Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Kürzungsvermeidung

Die engmaschige Auslegung des BFH am Gesetzeswortlaut entspricht der in der Literatur vorzufinden Auffassung. Ein Abzug ist demnach stets vorzunehmen, sobald Mahlzeiten zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere durch den Vereinfachungszweck der seit 2014 geltenden Neuregelungen ist der typisierende Abzug damit gerechtfertigt. Soweit die Einnahme von Mahlzeiten im Vorhinein durch den Arbeitnehmer bereits ausgeschlossen werden kann, ist darüber nachzudenken, ob mit dem Arbeitgeber eine (schriftliche) Vereinbarung darüber getroffen wird, dass keine Mahlzeiten zur Verfügung gestellt werden.

Weitere Informationen:
BFH, Urteil v. 07.07.2020 – VI R 16/18
FG Baden-Württemberg (12.12.2017 – 5 K 432/17)

Weitere Details zu diesem Urteil erfahren Sie in unserer NWB News: Einkommensteuer | Kürzung der Verpflegungspauschalen
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