Der Bundesrat hat am 27.11.2020 der Verlängerung der Corona-Sonderregeln beim Kurzarbeitergeld zugestimmt, die Regelungen des BeschäftigungssicherungsG können damit zum 1.1.2021 in Kraft treten. Warum ist das zu begrüßen?
Hintergrund
Kurzarbeit ist ein sinnvolles Instrument, um in Krisensituationen Entlassungen zu vermeiden. Denn Arbeitskräfte, die in der Krise kurzzeitig nicht beschäftigt werden können, sind dringend benötigte Fachkräfte, die man nach der Krise in den Betrieben wieder benötigt. Seit März 2020 hat der Bundesgesetzgeber im Rahmen der Corona-Gesetzgebung auch die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld – die Grundlagen sind in § 95 SGB III geregelt – erleichtert und erweitert, ich habe mehrfach berichtet.
Was genau wurde jetzt beschlossen?
- Die vor einigen Monaten (Gesetz v. 13.3.2020, BGBl I S.493) beschlossene Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 70 bzw. 77 Prozent (für die Leistungssätze 3 bzw. 4) ab dem vierten Monat und auf 80 bzw. 87 Prozent ab dem siebten Monat für alle Beschäftigten, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis März 2021 entstanden ist, gilt bis Ende des nächsten Jahres, also bis 31.12.2021.
- Die bestehenden befristeten Hinzuverdienstregelungen werden insoweit verlängert, als das Entgelt aus einer geringfügig entlohnten Beschäftigung, die während der Kurzarbeit aufgenommen wurde, anrechnungsfrei bleibt.
- Die hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für berufliche Weiterbildung in Zeiten des Arbeitsausfalls nicht mehr daran geknüpft, dass die Qualifizierung mindestens 50 Prozent der Zeit des Arbeitsausfalls betragen muss. So soll ein noch stärkerer Anreiz zu Weiterbildung entstehen. Die Maßnahmen müssen allerdings bestimmte im Gesetz näher geregelte Anforderungen erfüllen.
- Die Verlängerung der Bezugsdauer und die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen hatte die Bundesregierung – ich hatte berichtet (s. Bezug von Kurzarbeitergeld wird verlängert und ausgebaut) bereits im Oktober im Verordnungswege geändert (Änderung der KurzarbeitergeldVO v. 21.10.2020, BGBl I S.2259).
Warum ist das zu begrüßen?
Die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit über die Entwicklung der Zahlen am deutschen Arbeitsmarkt für November 2020 belegen: Noch ist der Arbeitsmarkt trotz Corona robust – aber wie lange noch? Je länger der Lockdown (light) in Deutschland, um so mehr steigt das Risiko, dass den Unternehmen wirtschaftlich die Puste ausgeht und sie Personalanpassungsmaßnahmen ergreifen müssen: durch Entlassungen, um den Kostenapparat im Griff zu behalten. Diese Gefahr darf nicht unterschätzt werden, auch wenn sich Umfragen des Ifo-Instituts insgesamt nur rund 15 Prozent der deutschen Unternehmen durch die Corona-Krise in ihrer Existenz bedroht sehen. Allerdings: In der Reisebranche sehen sich inzwischen 86 Prozent der Unternehmen in ihrer Existenz bedroht, bei den Hotels sind es 76 Prozent und im Gaststättengewerbe 62 Prozent.
Um das damit verbundene Entlassungs-Risiko zu begrenzen, sind die coronabedingten Sonderregeln des Gesetzgebers bei der Einführung der Kurzarbeit das richtige Mittel. Denn ifo-Zahlen belegen: Der Anteil von Unternehmen mit Kurzarbeit ist von 24,8 Prozent im Oktober auf 28 Prozent im November 2020 gestiegen. Besonders bedrohlich ist der Anstieg bei Hotels (von 62,9 auf 91 Prozent), bei Reisebüros und Reiseveranstaltern (von 88 auf 91 Prozent) und im Gastgewerbe (von 53,4 auf 71,7 Prozent) – gerade die vom Teil-Lockdown besonders betroffenen Wirtschaftszweige müssen also massiv Kurzarbeit einsetzen, um Entlassungen zu vermeiden. Dieser Trend dürfte sich weiter fortsetzen, wenn – wie von Bund und Ländern am 2.12.2020 beschlossen – der Lockdown bis (zunächst) 10.1.2021 verlängert werden soll.
Die zum Jahresbeginn 2021 in Kraft tretenden Verlängerungsregeln bei der Kurzarbeit sind deshalb volkswirtschaftlich und im Interesse der betroffenen Betriebe zu begrüßen, weil die Entlassung von Personal, das bei Wiederbelebung der Wirtschaft nach Beruhigung des Infektionsgeschehens dringend gebraucht wird, sehr viel kostspieliger wäre. Fakt ist aber auch, dass die jetzigen Kurzarbeitsgeldregeln keine Lösung auf Dauer darstellen – schon deshalb nicht, weil die Kassen der Bundesagentur für Arbeit coronabedingt geplündert sind und deshalb aus dem Bundeshaushalt mit Steuermitteln subventioniert werden müssen.
Quellen
Bundesrat KOMPAKT, Meldung v. 27.11.2020