Nun ist es amtlich: Die Nutzungsdauer von Computerhardware und -software wird per BMF-Schreiben auf ein Jahr festgelegt, so dass eine Sofortabschreibung ermöglicht wird. Das BMF hat sich also gegenüber den Ländern durchgesetzt (BMF-Schreiben vom 26.2.2021, IV C 3-S 2190/21/10002:0013).
Anders als im Entwurf des BMF-Schreibens ist die Sofortabschreibung, besser gesagt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr, keine „Muss-„, sondern eine „Kann-Vorschrift“. Wer will, darf also Computerhardware und -software auch weiterhin über drei Jahre abschreiben und muss den Restwert der in den Vorjahren angeschafften Geräte auch nicht in einer Summe im Jahre 2021 abschreiben. Immerhin.
In dem BMF-Schreiben sind die begünstigten Geräte sehr detailliert aufgelistet; bei der Software könnte es hingegen in dem einen oder anderen Fall Zweifelsfragen geben. Auch bleibt es natürlich dabei, dass Arbeitnehmer die berufliche Nutzung glaubhaft machen müssen, da ihnen der Werbungskostenabzug sonst zumindest anteilig gekürzt wird. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass die Finanzämter bei sofort abzuziehenden Anschaffungskosten von 1.500 Euro genauer hinschauen werden als bei einer AfA von 500 Euro pro Jahr.
Während sich Bund und Länder nun also geeinigt haben und aufgrund des Wahlrechts – trotz aller Bedenken an dem Zustandekommen des BMF-Schreibens – wohl niemand klagen wird, sind die Kommunen die Leidtragenden, denn ihnen entgehen im Jahr 2021 Gewerbesteuereinnahmen in Milliardenhöhe. Ich nehme an, dass die Stadtkämmerer noch nicht wirklich durchschaut haben, welches „Ei ihnen ins Nest gelegt worden“ ist.
Aber nehmen wir einfach einmal eine mittelgroße Stadt mit 100.000 Einwohnern. Angenommen, es werden in drei größeren Unternehmen insgesamt 1.000 Computer mit einem Anschaffungspreis von jeweils 1.500 Euro ausgetauscht, so haben wir eine sofortige Minderung des Gewinns von 1,5 Mio. Euro gegenüber einer Gewinnminderung per AfA von sonst 500.000 Euro. Bei einer „typischen“ Gewerbesteuerbelastung von 20 Prozent entgehen der betroffenen Gemeinde also 1 Mio. Euro x 20 % = 200.000 Euro Gewerbesteuereinnahmen. Das ist nicht wenig (oder habe ich falsch gerechnet?). Zugegebenermaßen ist der Effekt nur temporär (und ich weiß: Man müsste sich die Leasingfälle noch genauer anschauen), doch ausgerechnet in 2021 könnten die Kommunen das Geld gut gebrauchen.
Übrigens weist das BMF in seinem Schreiben einleitend darauf hin, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Computern seit 20 Jahren nicht mehr geprüft worden ist. Diese Aussage verwundert doch sehr, denn es gibt eine Studie des Umweltbundesamts, die unter anderem den Punkt „Nutzungsdauer von IT-Geräten auf Basis der Empfehlungen des IT-Rates im Betrachtungszeitraum 2014-2023“ enthält. Man darf davon ausgehen, dass dem BMF die Studie, die übrigens Nutzungsdauern von drei bis fünf Jahren vorsieht, bekannt ist. fachbroschure_computer_am_arbeitsplatz.pdf (umweltbundesamt.de)
Die Studie ist vom Umweltbundesamt in einem Forschungsvorhaben gemeinsam mit dem Öko-Institut Freiburg e.V. und der TU Berlin erstellt worden und berücksichtigt eigenen Angaben zufolge die Richtlinie zur Nutzungsdauer, Aussonderung und Verwertung von IT-Geräten und Software.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Verantwortlichen des BMF sind natürlich nicht zu beneiden, da sie einen politischen Willen „irgendwie“ umsetzen müssen. Aber ist es zur Durchsetzung des politischen Willens wirklich angebracht, AfA-Tabellen in den Wind zu schreiben und Forschungsergebnisse zu missachten? Heiligt der Zweck wirklich jedes Mittel? Ich bleibe dabei: Besser wäre eine gesetzliche Regelung gewesen.
Übrigens, nur am Rande: Wer sich künftig mit dem Finanzamt über Nutzungsdauern streitet, weiß, wie er seinen Einspruch zu formulieren hat: „Da die zugrunde zu legende Nutzungsdauer seit 20 Jahren nicht mehr geprüft worden ist, …“.
Weitere Informationen:
Lesen Sie hierzu auch die NWB Online-Nachricht: Einkommensteuer | Nutzungsdauer von Computern und Software