Wie kürzlich dargestellt, soll die Nutzungsdauer von Computerhardware und -software per BMF-Schreiben auf ein Jahr festgelegt werden, so dass eine Sofortabschreibung ermöglicht wird oder gar erfolgen muss. Handelsblatt online berichtet allerdings soeben, dass sich einige Bundesländer querstellen. Die Kritik richtet sich zum einen gegen die Höhe des Entlastungsvolumens von angeblich über 11 Milliarden Euro, das ohne die Einschaltung von Bundestag und Bundesrat an die Steuerpflichtigen verteilt worden wäre.
Anders ausgedrückt: Die Länder hätten, obwohl die Steuerbegünstigung zulasten ihres Haushalts gegangen wäre, nicht mitreden dürfen. Zum anderen wird kritisiert, dass das BMF allgemeine Regeln der Buchführung missachten würde, wenn das angedachte BMF-Schreiben Wirklichkeit werden würde. Sprich: Ein PC hat nun einmal eine Nutzungsdauer von über einem Jahr; diese kann und darf nicht einfach herabgesetzt werden, weil es sich einige Ministerpräsidentinnen und -präsidenten so wünschen.
Ich möchte hier nicht als Miesepeter erscheinen, der hart arbeitenden Steuerzahlern ihre Steuervergünstigung nicht gönnt. Aber die Kritik der Länder war a) abzusehen und ist b) berechtigt. Der Zweck heiligt eben nicht jedes Mittel.
Man muss sich das einmal vorstellen: Wenn die Zahl von 11 Milliarden Euro Entlastung tatsächlich stimmt, dann hätte das BMF diese Entlastung ohne parlamentarische Zustimmung, sondern nur aufgrund des Willens der Exekutive beschlossen, namentlich der „Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 19. Januar 2021“. Und vor allem wären amtliche AfA-Tabellen, die seit Jahrzehnten mehr oder weniger gute Dienste leisten, mit einem Federstrich, weil es den Teilnehmern der Videoschaltkonferenz gerade so in den Sinn kam, ad absurdum geführt worden.
Natürlich ist aufgeschoben nicht aufgehoben. Das BMF ist angeblich über die Haltung der Länder aufgebracht und vielleicht wird das BMF die Kritik in den Wind schreiben und sein Schreiben endgültig veröffentlichen. Besser wäre es aber auf jeden Fall, die Sofortabschreibung gesetzlich zu verankern.
Übrigens, nur am Rande: Man kann das Grundgesetz mehrfach lesen – aber beim besten Willen findet man dort das Wort „Videoschaltkonferenz“ nicht. Sie ist und bleibt kein verfassungsmäßiges Organ, auch wenn sich offenbar einige gut damit arrangiert haben.
Weitere Informationen:
Steuerpolitik: Länder blockieren Scholz’ Milliarden-Steuersenkung (handelsblatt.com)
Herr Herold, sehr gut und richtig! Auch und insbesondere der letzte Absatz.
Kritik ist m.E. überzogen. Die „Videoschalte“ kann nix beschließen, weshalb hier auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. 11 Mrd. ist schon eine Ansage. Die Frage ist, ob die GWG-Regelung hier schon mit berücksichtigt wurde. Da habe ich so meine Zweifel. Ob die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines PCs heute noch bei drei Jahren liegt, halte ich für zweifelhaft. Bei Smartphones ist ein so lange Zeitraum jedenfalls unangemessen (siehe Trinks/Heine, Smartphones in der Einkommensteuer, NWB 33/2015, S. 2433, https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/545735/)