Im Rahmen meiner Seminare zu den GoBD stelle ich fest, dass die Finanzverwaltung ganz unterschiedlich mit dem Thema „Verfahrensdokumentationen“ umgeht. Die einen fordern immer an, die anderen in begründeten Fällen, wieder andere nie. Dann gibt es Betriebsprüfungsstellen, die zwar anfordern, bei Nichtvorlage aber keine weiteren Schritte einleiten. Und auch nett: Die Verfahrensdokumentationen werden zwar angefordert, wenn der Berater dann aber nachfragt, was man denn konkret haben möchte oder wofür man die Dokumentation benötigt, gibt es ein Achselzucken. So genau wisse man das halt auch nicht. Das hängt zum einen mit einer generellen Haltung der Betriebsprüfungsstellen zusammen (Bayern ist wohl moderater als Nordrhein-Westfalen), zum anderen aber auch mit dem Ausbildungsstand der Prüfer. Noch immer sind nicht alle Prüfer in Sachen „GoBD“ und schon gar nicht in Sachen „Verfahrensdokumentation“ geschult worden. Und: Wer prüft eigentlich umfassende Schnittstellenbeschreibungen, die mitunter (nur) in Englisch vorliegen? Und wer prüft SQL- oder XML-Codes?
Für die Steuerberater ist das unschlüssige Verhalten der Finanzverwaltung jedenfalls misslich. Es ist schon schwer genug, einem Mandanten das Erfordernis zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation glaubhaft zu vermitteln. Und schon gar nicht möchten die Mandanten 500, 1.000 oder 3.000 Euro Honorar zahlen. Wenn es nun endlich einmal gelungen ist, eine Verfahrensdokumentation zu „verkaufen“, ist es fast schon ärgerlich, wenn diese nicht angefordert wird. Der ordentliche Mandant ist sauer, dass er das Honorar unnötig ausgegeben hat. Und der unordentliche Mandant, der sich mit Händen und Füßen gegen die Erstellung der Verfahrensdokumentation geweht hat, sagt zu seinem Berater: „Siehste, alles nicht so schlimm. Habe ich Dir doch gleich gesagt. Du willst nur Geld verdienen.“
Das heißt: Wir als Berater tun uns sehr schwer, unsere Mandanten zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation zu bewegen. Solange die Finanzverwaltung diese aber nicht obligatorisch anfordert, wird uns das auch in Zukunft nur in wenigen Fällen gelingen.
Nun möchte ich meinen Blog-Beitrag aber nicht als Aufruf an die Finanzverwaltung verstanden wissen, ab sofort immer die Verfahrensdokumentationen anzufordern. Mir geht es vielmehr um Folgendes: Es darf nicht sein, dass die Finanzverwaltung ein BMF-Schreiben entwickelt, deren (strikte) Anwendung aber über mehr als drei Jahre vollkommen in das Belieben ihrer Beamten stellt. Also liebe Mitarbeiter der Finanzverwaltung: Fordert die Verfahrensdokumentationen an oder nicht – aber macht das einheitlich und nicht nach Gutdünken. Ich freue mich schon auf die ersten FG-Verfahren, bei denen es um Hinzuschätzungen wegen Formfehlern geht, der Berater aber mit Artikel 3 GG argumentiert.
Weitere Informationen:
Ich muss gestehen, bis vor einigen Woche das Wort „Verfahrendokumentation“ noch nie gehört zu haben.
Wenn das FA uns also aufgefordert hätte dies einzureichen, hätte ich auch nachfragen müssen, was sie genau haben möchten.
Ähnlich sieht meine Erfahrung bzgl. GOBD aus. Gerade bei kleineren Mandanten ist das FA noch NIE auf GOBD Fehler eingegangen (es interessiert keinen wie die Rechnungen geschrieben werden ähnliches)