USt und die Stolperfallen bei der Abrechnung

Der graue Alltag verdeckt häufig die Fallen, die das formale UStG bereitet. Das zeigen immer wieder die anhängigen Verfahren. Die Entscheidung der Richter gleicht manchmal einer Wundertüte; jedenfalls ist ihnen der Druck des Alltages nicht bekannt. Allerdings sollten Mandant und Steuerberater sich auch häufiger konzentrierter Gedanken machen über das, was zu entscheiden ist. Letzten Endes ist immer der tatsächliche, rechtliche Vorgang die Ursache für das dann zwingende Ergebnis aus dem USt Recht.Das FG München hat mit Urteil vom 09.06.15 (14 K 608/13) einem Arzt die „abgerechnete USt“ als unberechtigt ausgewiesene USt „aufgebrummt“. Dabei wurde dem Arzt gleichzeitig Steuerhinterziehung vorgeworfen, so dass die Festsetzungsverjährung sich entsprechend verlängerte (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Was war geschehen?

Der Arzt gehört einer Gruppe von Ärzten an, die gemeinsam Erfindungen im medizinischen Bereich gegen Entgelt vermarkten. Die Verträge wurden allerdings mit jedem einzelnen Arzt abgeschlossen. Dieser erhielt von der Gesellschaft unmittelbar seinen Honoraranteil. Es wurde im Gutschriftsverfahren abgerechnet. Ein Widerspruch seitens des Arztes erfolgte nicht. Auch das FA folgte zuerst dieser Lösung, da der Kläger als Einzelunternehmer auftrat. Bei der Außenprüfung wurde der Sachverhalt ermittelt und dann begann das Chaos.

Das FG stellte klar, dass nicht der einzelne Arzt, sondern die Gemeinschaft der (Erfinder)Ärzte Unternehmer ist. Der einzelne Arzt ist nicht berechtigt, die USt auszuweisen, denn er ist nicht der leistende Unternehmer. Insoweit schuldet dieser die USt, weil er der falschen Gutschrift nicht widersprochen hat. Das FG sah darin auch eine Steuerhinterziehung, weil „es fernliegend sei, dass der Kläger und dessen Steuerberater nicht jedenfalls die Möglichkeit erkannten, der ausgewiesene Betrag könne dem FA zustehen“.

Revision ließ das FG nicht zu. Allerdings war die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich, so dass nunmehr in diesem Rechtsstreit eine Revision anhängig ist (V R 27/16). Man darf gespannt sein, wie dieser Rechtsstreit ausgeht.

Für die Praxis zeigt dieser Fall auf, wie wichtig eine Klärung der Sachverhalte ist. Gerade im Verbund mit zahlreichen Beteiligten, ist eine gemeinsame Klärung vonnöten. Insoweit muss die Abrechnungspraxis dieses Industrieunternehmens schon irritieren. Aber dies ist erst Recht kein Grund seitens des einzelnen Beraters und des Arztes dieser Abrechnung nicht zu widersprechen. § 14 Abs. 2 UStG) fordert diesen Widerruf.

Das Chaos der Abrechnung mit den fatalen Folgen geht ja weiter als der hier vorgetragene isolierte Klagefall. Die Bruchteilsgemeinschaft der Erfinder hat als Unternehmer die USt mit dem Regelsteuersatz zu bezahlen. Da für diese Leistung keine ordnungsgemäße Ab(Rechnung) erstellt wurde, hat der Leistungsempfänger keinen Vorsteuerabzug.

Leider wird der Beschluss zur Zulassung der Revision nicht begründet. Ich vermute, dass die Ermittlung der Festsetzungsverjährung seitens des BFH als Rechtsfehler beurteilt wird. Alles andere wird wohl bestätigt werden.

Für die Praxis heißt es: Aufpassen! Reden wir darüber! Bitte keine Mail, denn jeder Beteiligte muss den Hintergrund und die Probleme erst einmal erkennen lernen. Sonst wäre dieser Streitfall ja nicht passiert.

Weitere Infos:

 

Ein Kommentar zu “USt und die Stolperfallen bei der Abrechnung

  1. Hallo,
    um die Ausmaße dieses Falles verstehen zu können, müßte das Gericht zunächst weitere Sachverhaltsaufklärung betreiben:
    Inhalt Gesellschaftsvertrag, denn wie kommt das FG zu seiner Annahme, dass die Gemeinschaft der (Erfinder)Ärzte Unternehmer sei. Wenn dem so ist, wären die Zahlungen Vorauszahlungen auf den Gewinn!?
    Welcher Art sind die Erfindungen (wissenschaftliche Leistungen § 3a Abs. 3 Nr. 3a UStG, Patente § 3a Abs. 4 Nr. 1 UStG,

    Bezüglich einer Feststellung der Steuerhinterziehung Verweis auf BFH, Urteil v. 12.07.2016 – II R 42/14.

    Die Ärzte haben sich schon recht merkwürdig verhalten, dann ist die Frage warum?
    Waren sie zu eigenwillig oder schlecht beraten?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

77 − 67 =